Tölten: Die Bauchmuskeln als Gaspedal Außerdem hätte sie sich gut darauf einlassen können, dass das Tempo anders reguliert wird. „Anders als bei anderen Reitweisen arbeitet man nicht so stark über den Schenkel“, fügt Marion hinzu. „Stattdessen muss man, wenn man zügiger reiten will, tiefer einsitzen und die Bauchmuskeln anspannen.“ Mühelos könnten die töltenden Isländer dann ein anderes Pferd im Galopp jagen, meint sie stolz. Nicole wünscht sich derweil, das Erlebnis bei schönem Wetter noch einmal zu wiederholen. „Klar, man blendet den Regen fast aus,“ meint sie. „Aber ich möchte auf alle Fälle sporadisch immer mal wieder tölten!“ Die Gelegenheit soll sich in nur sieben Tagen bereits wieder bieten. Marion hat Mitleid mit Nicole und bietet ihr spontan an, nach Oostkapelle zu kommen. „Nimm dir Urlaub und besuch uns“, schlägt sie vor. „Dann reiten wir beide auf unseren Isländern am Strand.“

Reiten am MeerGesagt, getan: Eine Woche später sitzt Nicole auf der 17-jährigen Rappstute Gala und reitet gemeinsam mit Marion – auf der 8-jährigen Fünfgängerin Kedja – und zwei weiteren Isländer-Freunden aus Merzenich über den Grüngürtel „De Manteling“, der in Oostkapelle den Ortskern und die Küste durch ein Waldgebiet mit vielen Spazier-, Fahrrad- und Reitwegen trennt. Ihr Weg führt sie vorbei an Naturschutzgebieten, Dünen und Wildpferden, die hier regelmäßig grasen. Der Wind rauscht, die Sonne scheint, und ein paar Wolkenformationen machen die Postkartenidylle komplett. Reiten in Oostkapelle: Fast wie ein Ausflug nach Island Am Hauptstrand, direkt neben dem Strandcafé „De Piraat“, biegt die Karawane nach rechts ab. Hier wird der Strand immer breiter, die Pferde können den Platz aufgrund des tiefstehenden Wassers bis ins Meer hinein ausschöpfen und bis zum Bauch – und den Stiefeln des Reiters – hineingehen. Hier können die vier Isländer ohne räumliche Begrenzungen ihrem Tölt freien Lauf lassen. Schnell wie der Wind flitzen sie am Strand entlang und hinterlassen lediglich Hufabdrücke im Sand. Die Möwen stieben auseinander, und vereinzelt bleiben Spaziergänger stehen, um sich das Spektakel anzusehen. Nach wenigen Minuten sieht man nur noch schwarze Punkte am Horizont, die immer kleiner werden. Wir warten, bis das Wasser näher kommt, und nach einiger Zeit tauchen die vier Punkte tatsächlich wieder auf. Diesmal galoppiert Nicole mit wehenden Haaren über die Sandbänke und durch die Brandung, Wunschpferd Isländerdass das Wasser nach allen Seiten spritzt. Sie watet mit Gala noch seeleruhig durchs Wasser, dass sie selber durchnässt ist, merkt sie noch gar nicht. „Wahnsinn, einfach genial!“, ruft sie mit vor Aufregung geröteten Wangen. „Dieses Gefühl, am Meer entlangzureiten, so dass einem der Wind ins Gesicht weht, ist neu und unbeschreiblich. Felder kennt man, aber das hier ist etwas ganz Besonderes.“ Schweren Herzens bringt sie Gala gemeinsam mit Marion nach zwei unvergesslichen Stunden, die wie im Fluge vergangen sind, zurück in ihr Feriendomizil: einen Privatstall mit großem Weidegebiet, der zum hiesigen Reiterhof „Manege Duno“ gehört. Im Anschluss daran muss sie die vielen Eindrücke erst mal verarbeiten und sitzt – selig lächelnd – auf der sonnigen Terrasse des „De Piraat“. „Jetzt habe ich innerhalb einer Woche zweimal eine Premiere erlebt“, resümiert sie. „Letzte Woche durfte ich das erste Mal tölten, wovon ich schon so lange geträumt habe, und heute das hier!“ Das Land Island und seine Pferde haben sie schon immer fasziniert. „Man hat immer so viel Gutes über diese Rasse gehört – klein mit großem Herz!“ Ein Gerücht, das sich für sie in wirklich jeder Hinsicht bestätigt hat. „Svala und Gala sind unglaublich ruhig und lieb“, schwärmt sie. „Allerdings habe ich mich auf Gala diese Woche noch ein ganzes Stück sicherer gefühlt.“

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