Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt        Foto: imago images/ Galoppfoto

Der Spezialist für Pferde-recht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt auch in 
dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund 
ums Thema Pferd


Kranke Pferde, Problempferde oder schlecht ausgebildete Pferde sorgen nicht nur bei dem Käufer für Frustration. Auch für den Verkäufer kann der Verkauf von einem mangelhaften Pferd zu großem Ärger führen, sodass dem Pferdeverkauf nicht selten ein teurer Rechtsstreit folgt.

Die „Sache“ Pferd: Rein rechtlich gesehen, werden Pferde nach den zivilrechtlichen Grundsätzen behandelt. Pferde sind zwar vor dem Gesetz keine Sachen, aber deren Rechtsgrundsätze werden auch auf Pferde angewendet.
Dabei stellt sich immer wieder die Frage, ab wann ein Pferd als mangelhaft gilt und welche Rechte und Pflichten dem Käufer und Verkäufer des Pferdes zustehen. 
Zudem ist für die Frage der Haftung oder auch bei bestehendem Haftungsausschluss relevant, ob der Pferdekauf zwischen Privatpersonen oder zwischen einem Unternehmer und einer Privatperson (Verbraucher) abgewickelt wurde und ob die Erkrankung nicht schon beim Kauf vom Verkäufer erwähnt oder sogar als negative Beschaffenheit im Vertrag aufgenommen wurde.

Ein Pferd ist frei von Sachmängeln, wenn es sich für die gewöhnliche Verwendung (als z. B. Reitpferd, Sportpferd) eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art und Güte üblich ist.

Dabei muss festgelegt werden, ob sich das Pferd für die gewöhnliche Verwendung eignet, ob das Pferd eine Beschaffenheit aufweist, die bei vergleichbaren Pferden zu erwarten ist, und ob der Käufer daraufhin diese Beschaffenheit bei dem Pferd erwarten durfte.
Eignet sich das Pferd nicht für die gewöhnliche Verwendung, die bei einem vergleichbaren Pferd zu erwarten wäre, so ist das Pferd mit einem Sachmangel behaftet.
Ob das Pferd schlussendlich mangelhaft ist, beurteilt sich nach den Umständen des Einzelfalles. So ergibt sich, dass nicht jede Abweichung des Pferdes vom Idealzustand auch einen Sachmangel begründet, sofern diese Abweichung den Verwendungszweck nicht beeinträchtigt. 
Ob das Pferd tatsächlich für den Verwendungszweck geeignet ist oder nicht, kann nur im Einzelfall in Abhängigkeit mit dem aufgetretenen Mangel beurteilt werden. 
Liegt kein Sachmangel vor, handelt es sich lediglich um eine gesundheitliche Abweichung von der Idealnorm und muss vom Käufer grundsätzlich hingenommen werden. 
Folglich führt nicht jeder klinische Befund zu einer Mangelhaftigkeit des Pferdes.
Da die Beantwortung dieser Frage in der Praxis nicht immer leicht ist, muss vor Gericht regelmäßig ein Sachverständiger zurate gezogen werden.

Begründet jeder klinische Befund einen Sachmangel nach § 434 BGB? 


Aber auch ein verkauftes Pferd „darf“ krank sein, und nicht für jede Erkrankung des Pferdes muss der Verkäufer einstehen.

Hat ein Tierarzt bei dem Pferd eine Erkrankung festgestellt, fragt man sich, ob der Verkäufer für die Erkrankung einzustehen hat. Ob jede klinische Diagnose einer Erkrankung eines Pferdes auch einen Sachmangel nach § 434 BGB begründet, ist in der Praxis häufig ein Streitpunkt. 
Ob ein medizinischer Befund bei einem Pferd auch einen Sachmangel darstellt, beurteilt sich meist danach, ob das Pferd durch die Krankheit Rittigkeitsprobleme aufweist oder sogar ganz unreitbar wird. Folglich muss es sich um einen erheblichen klinischen Befund handeln, der das Pferd in seiner Verwendung nicht nur unerheblich einschränkt.
Aus diesem Grund begründet nicht jeder klinische Befund automatisch auch einen Sachmangel. Somit stellt nicht jede Erkrankung eines verkauften Pferdes ein Mangel des Pferdes dar, für den der Verkäufer einzutreten hat.

Verkauftes Pferd darf krank sein



Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass jede Krankheit eines Pferdes einen Sachmangel darstellen kann. Doch vergangene Gerichtsentscheidungen zeigen, dass nicht jede Krankheit ein mangelhaftes Pferd hervorbringt.

Verkauftes Pferd hat Kissing Spines: Mangel – Ja oder Nein?


Kissing Spines wurde beispielsweise bei einem Dressurpferd als Mangel vor dem LG München bejaht, bei einem zwölfjährigen Springpferd stellte es laut LG Hannover keinen Mangel dar, bei einem siebenjährigen Freizeitpferd nach Ansicht des LG Augsburg schon.
Der BGH begründete in seiner Entscheidung vom 27.05.2020 (VIII ZR 315/18), dass ein bloßer Kissing-Spines-Befund kein krankhafter Zustand sei und somit noch keinen Mangel begründet.

Verkauftes Pferd hat Sommerekzem: Mangel – Ja!


Das Sommerekzem wurde vom OLG Hamm als Sachmangel angesehen, da das Gericht auf die Erheblichkeit des Sachmangels abstellte. Folglich kann von einem Mangel ausgegangen werden, wenn sich der Zustand in überschaubarer Zeit nicht heilen oder beseitigen lässt. 
Zudem ist von Bedeutung, inwieweit das Pferd durch den Befund eingeschränkt wird.

Verkauftes Pferd hat Arthrose: Mangel – Jein



Kann ein Pferd trotz Arthrose oder Kissing Spines problemlos auf dem Turnier geritten und sportlich belastet werden, kann ein Sachmangel möglicherweise verneint werden, wenn es sich lediglich für die gewöhnliche Verwendung eignen soll.

Verkauftes Pferd hat Atemprobleme: Mangel – Jein


Atemprobleme bei Pferden können je nach Schweregrad einen Sachmangel darstellen.
Da die Beurteilung der Befunde nicht immer einfach ist, enden Gewährleistungsstreitigkeiten häufig vor Gericht, wo ein Sachverständiger klären muss, ob der Gesundheitszustand des Pferdes rechtserheblich ist. 
Auf den Käufer hat dies jedoch keine Auswirkungen, da dieser nur darlegen muss, welche Symptome vorliegen. Eine gesundheitliche Diagnose muss der Sachverständige vornehmen.
Kann das Pferd nur bedingt geritten werden und wurde vertraglich vereinbart, dass das Pferd hohen sportlichen Anforderungen genügen muss, so würde eine dauerhafte Atemwegserkrankung einen Sachmangel begründen.

Tipp von Anwalt für Pferderecht Ackenheil: 



Ob eine festgestellte Erkrankung bei einem verkauften Pferd einen Sachmangel begründet, muss immer anhand des Einzelfalles geprüft werden. Pferdeverkäufer sollten jedoch um spätere mögliche Schadensersatzforderungen abzuwenden, auf Erkrankungen hinweisen und diese bestenfalls in den Kaufvertrag mitaufnehmen.

Ihr Anwalt für Pferderecht

Rechtsanwalt Ackenheil

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

www.tierrecht-anwalt.de

www.pferdeanwalt-pferderecht.de

www.pferderechtler.de