Text: Nicole Audrit        Foto: Sarah Lorenz

Die Wanderschuhe sind geschnürt, das Pony mitsamt Packsattel und Gepäck beladen – es kann losgehen. Wundervolle Wege führen durch Wälder, über Wiesen und durch kleine Dörfer. Unterwegs halten ­immer wieder Menschen kurz an und bestaunen diese ganz besondere Wandergruppe: Sarah Lorenz mit ihrem Mann Timo und dem kleinen Sohn David, Hund Sturmi und Mini-Shetlandpony Egon. ­Sarah Lorenz wandert bereits seit vier Jahren mit Pony Egon durch Deutschland. Menschen mit Hunden trifft man häufig, ein Pony ist auf den Wanderwegen hingegen eine Seltenheit. Dabei eignet sich nahezu jedes kontrolliert führbare Pferd oder Pony für gemeinsame Wanderungen. Vorausgesetzt es bestehen keine gesundheitlichen Einschränkungen, die längere Strecken ausschließen.

Für gesunde Tiere ist eine Wanderung eine schöne Abwechslung im Alltag. Für unreitbare Pferde sowie Mensch-Pferd-Paare mit einem ungünstigen Größenverhältnis – beispielsweise Erwachsene mit einem ­kleinen Pony – könnte das Wandern ein ganz neues Naturerlebnis bieten.

Der erste Schritt ist entscheidend

Jeder noch so lange Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Genauso verhält es sich bei ­jeder neuen Aktivität mit dem Pferd: Springreiten lernt man nur, indem man mit Stangen- und Cavaletti-Arbeit ­anfängt und sich stetig steigert. Eine Wanderung mit dem Pferd lässt sich auch nicht über Nacht realisieren: Der erste Schritt ist ein ­Spaziergang in Stall­nähe, bei dem eine ­halbe Stunde völlig ausreicht. Anschließend wird die Streckenlänge und der Anspruch langsam ­gesteigert, bis es kein kleiner ­Spaziergang, sondern eine schöne Wanderung ist. „­Häufig muss eher der Mensch an seiner Kondition arbeiten. Pferde mit einer durchschnittlichen Fitness haben meist keinerlei Probleme, eine kleine oder auch größere Wanderung zu absolvieren. Nach einigen kleinen Wanderungen steht nach einer ­Weile auch einer Tages- oder Mehrtageswanderung nichts mehr im Weg“, ­erzählt Sarah Lorenz mit einem Schmunzeln. ­Besonders Wanderneulinge unterschätzen häufig, wie anstrengend längere Touren sind – und mit Muskelkater und Schmerzen in den Füßen bereitet Wandern ­keine Freude. Daher ­empfiehlt Sarah Lorenz, nicht direkt eine anspruchsvolle fünftägige Wanderung berg­auf und bergab zu planen, sondern zunächst die nähere Umgebung zu erkunden.

Erlebnisse verbinden

Schmale Pfade, Kletterpassagen bei schwierigen Bodenverhältnissen, vorbeifahrende Lastwagen und Begegnungen mit unterschiedlichsten Tieren – auf einer Wanderung erlebt man die verschiedensten Dinge. Gemeinsame Erlebnisse beim Überwältigen von „Gespenstern“ und Bewältigen von brenzligen Momenten vertiefen die Beziehung zwischen Mensch und Pferd. Das Pferd merkt, dass es sich auf „seinen“ Menschen verlassen kann, und auch der Mensch vertraut seinem Pferd. „Das schönste Gefühl auf den Wanderungen ist für mich zu merken, dass Egon mir überall hin bedingungslos folgt – todesmutig über eine Hängebrücke stapft oder sich in einer Pause zum Dösen neben mich legt. Das Vertrauen des Pferdes zu spüren ist wohl das schönste Gefühl eines jeden Pferdebesitzers“, erzählt Sarah Lorenz. Außerdem ist Wandern nicht nur ein schönes Hobby für das Mensch-Pferd-Paar, vielmehr kann gemeinsam mit dem Partner, den Freunden und dem Hund wunderschöne Zeit ­verbracht werden.

Trittsicher und unerschrocken

In freier Wildbahn legen Pferde während der Nahrungsaufnahme zwischen 15 und 35 Kilometer täglich im Schritt zurück. Da eine Wanderung ebenfalls hauptsächlich im Schritt stattfindet, ähnelt diese der natürlichen und artgerechten Bewegung des Pferdes sehr. Dennoch sollte man sich bei der Planung der Tagesetappe nicht zu viele ­Kilometer vornehmen, schließlich soll es eine entspannte Wanderung mit netten Pausen für eine Stärkung und auch für das ein oder andere Foto werden. Sarah, die Bloggerin von „verwandert“, plant Routen mit etwa 15 Kilometer Länge: „Dies ist eine angenehme Streckenlänge, nicht zu wenig und nicht zu anspruchsvoll. Außerdem bleibt noch ausreichend Zeit für Pausen. Und auch wenn man mal die Orientierung verliert und so einen Umweg macht, ist dies zeitlich noch unproblematisch, ohne dass man die Unterkunft erst mitten in der Nacht bei Dunkelheit erreicht. Kleinere Verzögerungen sollten immer mit eingeplant werden, da ansonsten Stress vorprogrammiert ist.“

Unsere Expertin: Sarah Lorenz wandert seit einigen Jahren mit ihrem Mann Timo, Hund Sturmi und Mini-Shetlandpony Egon durch Deutschland und einige Nachbarländer. In ihrem Wanderblog erzählt sie von spannenden Erlebnissen auf ihren Reisen, gibt Tipps und inspiriert ihre Leser, eigene Abenteuer in Angriff zu nehmen. www.verwandert.de

… viele weitere Tipps rund ums Wandern mit dem Pferd finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 2/18.