Text: Nicole Audrit | Foto: Daniel Elke

Die Vision von Pat und Linda Parelli ist es, die Welt zu einem besseren Ort für Menschen und Pferde zu machen. Die entwickelten sieben Spiele sind ein Hilfsmittel, um die Kommunikation zu verbessern und zu verfeinern.

Häufig werden die Seven Games nach Parelli von Kritikern als Spielerei abgetan, dabei tragen sie in Wirklichkeit zur Verbesserung der Beziehung zwischen Zwei- und Vierbeiner sowie der Steigerung der Leistungsbereitschaft des Pferdes bei. Unabhängig von der Reitweise, der Rasse oder dem Alter des Pferdes können die Spiele eingesetzt werden, um die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd zu verbessern. „Parellis Philosophie ist es, einen Dialog mit dem Pferd zu führen und keine Befehle in Monologform zu erteilen“, erklärt Elena Bader, 3*-Parelli-Instruktorin mit eigener Anlage im Westerwald. „Das Pferd soll etwas freiwillig tun, weil es den Sinn dahinter verstanden hat, und nicht, weil es dazu gezwungen wird.“ Bei einem Dialog dürfen beide Parteien sprechen und Vorschläge und Ideen einbringen – genau das ist das Ziel der Parelli-Spiele: Ein aktives, mitdenkendes Pferd, das sich entspannt und vertrauensvoll auf den Menschen als Herdenführer verlässt.

Die Pferdesprache als Schlüssel

Für Pferde ist die Kommunikation mittels nonverbaler Zeichen – also Körpersprache – das Natürlichste der Welt. Es liegt in der Verantwortung des Menschen, diese Sprache zu erlernen, um mit dem Vierbeiner kommunizieren zu können. Die Spiele leiten sich von der natürlichen Kommunikation der Pferde untereinander ab. Wenn Sie Pferde innerhalb ihres natürlichen Lebensraum in der Herde beobachten, werden Sie schnell die kleinen Zeichen und Signale in der Kommunikation untereinander bemerken. So gibt es verschiedene Phasen des Drucks, beispielsweise wenn ein ranghohes ein rangniedrigeres Tier– mithilfe des Driving Games – wegschickt: Zunächst werden die Ohren angelegt, dann bewegt sich der Kopf in die Richtung des rangniedrigeren Pferdes, bevor gebissen und schließlich getreten wird. Die nächsthöhere Stufe des Drucks wird nur bei fehlender Reaktion des Gegenübers eingesetzt. Anhand dieser Phasen werden auch die vier Phasen in der Hilfengebung bei Parelli abgeleitet: wenig, etwas mehr, deutlich mehr und viel Druck. „Zunächst versucht der Mensch, das Pferd lediglich mit Energie beziehungsweise einer Berührung der Haare zu bewegen. Im nächsten Schritt wird die Haut, dann werden die Muskeln und letztendlich die Knochen berührt. Dies ist alles natürlich sinnbildlich gemeint – schließlich wird niemals tatsächlich der Knochen berührt –, und soll nur die Stärke des auszuübenden Drucks verdeutlichen“, so Livia Glaser, eine der jüngsten 1*-Parelli-Instruktorinnen. Der tatsächlich benötigte Druck ist individuell vom Pferd abhängig – bei sehr unsicheren Pferden reicht häufig schon eine verstärkte Körperspannung des Menschen als zweite Stufe.

 

Friendly Game (Freundlichkeitsspiel)

„Beim Friendly Game vermittelt der Mensch dem Pferd, dass es vor nichts Angst haben muss. Das Pferd soll Vertrauen in den Menschen, die Umgebung und schlussendlich sich selbst gewinnen“, erklärt die Ausbilderin Elena Bader. Einer der ersten Schritte bei diesem Spiel ist, dass sich das Pferd überall berühren lässt – sowohl mit der Hand, als auch mit dem Stick als Verlängerung des Arms. „Es ist elementar, dass der Mensch eine entspannte Körperhaltung einnimmt. Dadurch signalisiert er dem Pferd, dass es nichts zu befürchten hat und dass keine Aktivität vonseiten des Pferdes gefordert wird“, so Elena Bader. Außerdem ist das Timing für den Erfolg entscheidend: Das Pferd wird generell für richtiges Verhalten – in diesem Fall die Entspannung und das ruhige Stehen – belohnt. Diese Belohnung geschieht, indem der Mensch mit seiner Aktivität – sei es Streicheln, Ballwerfen oder Ähnlichem – aufhört. Dies ist das Prinzip von Annäherung und Rückzug. Es ist wichtig, so lange mit der Aktivität fortzufahren, bis das Pferd wirklich entspannt steht. „Ansonsten wird das unerwünschte Verhalten und möglicherweise die Angst des Pferdes verstärkt. Außerdem muss der Mensch sehr genau darauf achten, ob das Pferd nur ruhig steht und möglicherweise in eine Art Schockstarre verfallen oder ob es wirklich entspannt ist. Tatsächliche Entspannung erkennt man an verschiedenen kleinen Signalen, wie dem Ohrenspiel, dem Kauen oder der Schweifhaltung“, erklärt die Expertin. Durch das Friendly Game kann man das Pferd mit vielen unterschiedlichen Gegenständen und Situationen bekannt machen: von der Plane über die Vorbereitung für medizinische Behandlungen – beispielsweise durch die Berührung im Ohr – bis zum Anreiten von Jungpferden. Die Übungen müssen dabei schrittweise aufgebaut und der Schwierigkeitsgrad gesteigert werden, so Livia Glaser: „Wenn ein Pferd das Entspannen erst mal gelernt hat, kann man innerhalb kürzester Zeit neue Gegenstände ins Training integrie­ren. Generell gilt: Je mehr Gegenstände und Situationen das Pferd durch das Friendly Game kennen gelernt hat, desto unproblematischer sind neue, unbekannte Dinge.“ Die Häufigkeit der Wiederholungen hängt dabei entscheidend von der Persönlichkeit des Pferdes ab: Bei sehr verspielten Pferden muss man darauf achten, viel Abwechslung in das Training zu bringen, ansonsten langweilen sich diese Kandidaten sehr schnell. Bei einem ängstlichen Pferd muss man gegebenenfalls mehr Wiederholungen machen, um die gewünschte Sicherheit zu erreichen. Allerdings zeigt das Friendly Game insbesondere bei ängstlichen Pferden einen großen Effekt, da diese dadurch Selbstsicherheit und Mut gewinnen. „Auch bei der Ausbildung von jungen Pferden ist das Friendly Game hilfreich: So werden dem Pferd in diesem spielerischen Rahmen das Equipment und der Mensch im Sattel nahegebracht“, so Elena Bader.

…den kompletten Artikel mit allen sieben Spielen finden Sie in der Mai-Ausgabe. Eine Liste verschiedener Instruktoren finden Sie hier.