Text: Lara Wassermann | Foto: Daniel Elke

Schon lange ist die letzte Auto­bahnabfahrt genommen, und die Landstraßen werden ­immer bunter – dank der vielen Wälder, durch die man fährt, gesäumt von Laubbäumen und Nadelwäldern, die die Landschaft wie eine rot-orange Welt erstrahlen lassen. Das Örtchen Oberorke am idyllischen Edersee ist klein und überschaubar und wirkt nicht gerade, als sei hier etwas Außergewöhnliches versteckt. Weit gefehlt, denn zwischen den Wäldern des UNESCO-Naturerbes befindet sich das einzige Finnpferdegestüt Deutschlands. Nur ein weiteres Gestüt gibt es, abgesehen von denen in Finnland, auf der ganzen Welt. Diese den meisten Reitern ­unbekannte Rasse sieht auf den ersten Blick aus wie ein zu groß gewordener Haflinger. Mit gutmütigen Augen und ruhi­gem Temperament grasen die Pferde auf den riesigen Weideflächen rund um das Gestüt Freund. Mit ihren rund 1,60 Metern sind die Füchse dem Ponymaß jedoch weit entwachsen. Melanie Eckel ist die Leiterin des Gestüts und arbeitet schon ihr ganzes Leben lang mit den seltenen Pferden. Ihr Großvater hat vor mehr als 30 Jahren die Zucht mit nur einem Hengst und fünf Stuten gegründet. „Er mochte diese Pferde, weil sie so unheimlich ausgeglichen und freundlich sind. Er fand, dass sie für unse­ren damaligen Reiterhof deshalb super passen würden. So könnten auch Gäste auf ihnen reiten“, erzählt die junge Leiterin. Von ­Größe und Charakter her eignen sich die Kaltblüter sowohl für Erwachsene als auch für Kinder, und sie können auch von Anfän­gern geritten werden. „Die Gang­arten sind sehr weich zu sitzen, und die geringe Schwebephase tut ihr Übriges.“

Vom Aussterben bedroht

Die Finnpferde sind sehr selten, was in dem Umstand begründet liegt, dass durch die Mechanisierung in der Landwirtschaft schlichtweg kein Bedarf mehr an den zugkräftigen ­Tieren vorhanden war. „Vor etwa 60 Jahren gab es noch um die 400.000 der finnischen Pferde, doch heutzutage gibt es weltweit nur noch etwa 20.000 Finnpferde“, erklärt Melanie Eckel. Diese Kaltblüter sind deutlich blutgeprägter als übliche Kaltblutrassen. Trotzdem sind sie weiterhin sehr massig vom Exterieur, haben ein ausgeglichenes Tempe­rament, sind gelehrig, nervenstark, fleißig und sehr auf „ihre“ Menschen bezogen. „Unser Deckhengst zum Beispiel ist völlig tiefenentspannt, wenn er mit mir zusammen ist. Bei anderen Menschen, die er nicht gut kennt, ist er da ganz anders, und man merkt schnell, dass man es mit einem echten Deckhengst zutun hat“. Obwohl das zumeist fuchsfarbene Finnpferd ideal für Aus- und Wanderritte ist, gibt es auch dressur- oder springbegabte Vertreter, die man zumindest in Finnland auch auf einem Turnier findet. Auch für die Kutsche eignen sich Finnpferde hervorragend, da sie eine große Zugkraft besitzen.

Vier Typen

Laut dem finnischen Landwirtschaftsministerium gibt es vier Zuchtlinien, die Pferde unterscheiden sich im Aussehen und im Temperament. Da sind die eher gelassenen, stabilen Arbeitspferde (Työhevonen) sowie die Kleinpferde mit einem Stockmaß im Ponybereich (Pienhevonen). Außerdem die Reitpferde, die den uns bekannten schweren Warmblütern sehr ­ähneln (Ratsuhevonen). Der vierte Typ der Finnpferde ist der des Rennpferdes, das sehr langbeinig und deutlich temperamentvoller und sportlicher ist (Juoksija). Die etwas mehr als 20 Pferde von Mela­nie Eckel sind eine Mischung: „Die meis­ten unserer Pferde sind eher der schwerere Typ, was auch daran liegt, dass unser Hengst, mit dem wir züchten, sehr schwer ist. Jedoch haben wir auch immer wieder sportliche, schmale Pferde dazwischen, die sich auch manchmal in der Farbgebung ­etwas unterscheiden.“ Die seit über 110 Jahren im Stammbuch eingetragenen Finnpferde sind ideal für die robuste Offenstallhaltung geeignet: „­Unsere Pferde haben auch im Winter keine Decken an. Sie sind robust, fast nie krank und leben fast das ganze Jahr über mit ihren Fohlen draußen. Im Sommer sind sie aufgrund der vermehrten Belas­tung durch Ausritte beschlagen, im Winter gehen sie als Barhufer“, erzählt Eckel.

…den gesamten Artikel – inklusive eines Rasseportraits – finden Sie in der aktuellen Mein Pferd-Ausgabe.