Text: Aline Müller      Foto: www.Slawik.com

Ayurveda für Tiere ist in Europa noch relativ unbekannt. Doch dieses ganzheitliche Medizinsystem mit Wurzeln in Indien wird auch bei uns im Westen immer beliebter. Dabei folgt es einem individuellen Ansatz und kann ohne Nebenwirkungen große Heilerfolge erzielen

Pepper und Pearl könnten unterschiedlicher nicht sein: Während Pearl ein sehr graziles, feines Exterieur hat und schnell an Gewicht verliert, ist Pepper ein echtes Kraftpaket. Die Westfalen-Stuten, die Geschwister sind, unterscheiden sich auch auf psychischer Ebene: Pepper ist mutig, unerschrocken, jedoch manchmal hitzig oder dominant. Sie muss sich regelmäßig auspowern und nimmt auf der Weide gerne die Alpha-Position ein. Im Umgang braucht Pepper eine Vertrauensperson, die klar kommuniziert und Grenzen setzt. Pearl hingegen ist geräuschempfindlich und schreckhaft. Zwar ist sie gleichzeitig neugierig und verspielt, doch ihr Verhalten kann von einer Sekunde zur nächsten wechseln. Die Stute nimmt Spannungen des Menschen stark wahr und reagiert nervös auf Veränderungen.

Zwei ganz unterschiedliche Leben

Unter dem Sattel ist Pepper kein einfaches Pferd. Bekommt sie jedoch eine klare Aufgabe, dann zeigt sie sich motiviert und arbeitswillig. In der Vielseitigkeit hat sie bereits einige Schleifen gesammelt. Besonders im Gelände zahlt sich Peppers Mut aus. Pearl fand erst in zweiter Hand ein passendes Zuhause. Zunächst stand auch sie in einem Turnierstall. Dort verstärkten sich ihre Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit. Seit drei Jahren hat sie eine sehr liebevolle, ruhige Besitzerin gefunden. Zwei Pferde der gleichen Rasse, mit gleichem Genpool, können sich nicht nur in Bezug auf die körperlichen Merkmale, sondern auch hinsichtlich des Charakters und der Psyche deutlich unterscheiden. Wer sein Tier lange gesunderhalten und Krankheiten vorbeugen möchte, sollte wissen, dass jedes Lebewesen individuelle Eigenschaften, Bedürfnisse aber auch Neigungen zu bestimmten Erkrankungen aufweist. Obwohl bei bestimmten Rassen einzelne Merkmale oder Beschwerden gehäuft auf, jedoch ist eben nicht jedes Kaltblut nervenstark und ruhig oder jeder Araber hitzig und sensibel. Sie haben Pearl und Pepper etwas besser kennengelernt.

Traditionsmedizin

Ayurveda ist vor allem in der humanen Heilkunde bekannt geworden und für Tiere in ganz Europa noch ein relativ neues Gebiet. Jedoch blickt Ayurveda auf eine lange Tradition zurück und ist dabei mehr als nur ein ganzheitliches Medizinsystem des alten Indiens – es ist eine Lebens- und Heilkunde für alle Lebewesen. „Ayur“ heißt übersetzt das Leben und „Veda“ das Wissen. Ayurveda ist also das Wissen vom Leben, beziehungsweise die Lehre von einem gesunden, langen und glücklichen Leben in Harmonie mit dem inneren Gleichgewicht. Shalihotra gilt als erster vedischer Tierarzt. Wahrscheinlich verfasste er um circa 2350 v. Chr. seine Texte über die Verwendung medizinischer Pflanzen und heilender Pulver bei Tieren. In Indien hatten damals vor allem landwirtschaftliche Nutztiere und Elefanten einen hohen Stellenwert. Die Bevölkerung war abhängig von ihrer Gesundheit. Das ayurvedische Wissen wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Dabei lernten die Dorfheiler viel von den Tieren, denn diese suchten bei bestimmten Beschwerden instinktiv nach gesundheitszuträglichen Pflanzen und Kräutern. Die Menschen folgten den Tieren und nahmen deren Botschaften auf. Zu dieser Zeit konnten sich Tiere frei bewegen, und es gab eine große Artenvielfalt, sodass sie selbst für Gesundheit und innere Balance sorgen konnten. „Der Urinstinkt der Tiere hat dem Ayurveda gelehrt, was auch uns Menschen guttut und was nicht“, erklärt die Ayurveda-Medizinerin Theresa Rosenberg.

den gesamten Artikel finden Sie in unserer aktuellen Ausgabe.