Text: Aline Müller             Foto: imago images/ Frank Sorge

Im Notfall ist nicht nur Zeit ein entscheidender Faktor, sondern auch das richtige Verhalten, bis der Tierarzt eintrifft beziehungsweise das Pferd in eine Klinik gebracht wird. So lernen Sie, Notfallsituationen zu erkennen, einzuschätzen und Erste Hilfe zu leisten

Diese Notfälle und passenden Erste- Hilfe- Maßnahmen sollten Sie unbedingt kennen:

1. Notfall: Verletzungen

Wunden und Verletzungen sind keine Seltenheit bei Pferden. Während sich oberflächliche Wunden meist selbst regenerieren, sollte bei größeren offenen Wunden, Bisswunden, aber auch bei Weideverletzungen mit kleiner Wundöffnung und großer Wundtasche sowie bei Gelenksbeteiligung in jedem Fall der Tierarzt gerufen werden. Bis dieser eintrifft, können Sie je nach Art der Verletzung unterschiedliche Maßnahmen ergreifen:

Bis der Tierarzt kommt:

• Bleiben Sie möglichst ruhig.

• Nehmen Sie Verletzungen in der Nähe eines Gelenkes oder am Auge immer ernst.

• Stark blutenden Wunden: Legen Sie einen Druckverband an. Durch Druck auf die blutende Stelle kann eine Blutstillung erfolgen beziehungsweise der Blutverlust reduziert werden.

• Offene Verletzungen, die eventuell genäht werden müssen: Benutzen Sie keine Salben oder Sprays, um die Wunde nicht zu verschließen oder zu verfärben. Legen Sie gegebenenfalls einen kleinen Verband an.

• Entzündungen durch oberflächliche Verletzungen: Selbst bei kleinen, oberflächlichen Wunden kann es zu einer bakteriellen Infektion kommen. Wenn Sie Symptome wie Fieber, Schmerzen, Schwellungen, Verschlechterung des Allgemeinzustandes und/oder Lahmheit beobachten, rufen Sie den Tierarzt und behandeln Sie die Wunde nicht mehr selbst. Messen Sie Fieber und notieren Sie die Werte.

• Oberflächliche Wunden: Hier können Sie die Wunde mit Desinfektionsmitteln oder Betaisadonalösung desinfizieren. Anschließend kann zum Beispiel Betaisadona oder Zinksalbe aufgetragen werden. Oberflächliche Wunden können, solange keine bakterielle Infektion auftritt, meist auch ohne Hilfe des Tierarztes behandelt werden.

2. Notfall: Kolik

Kolik ist ein Sammelbegriff für jede Art von Bauchschmerzen des Pferdes. Dabei ist die Darmkolik die häufigste Kolikform. Nicht jede Kolik äußert sich sofort durch deutliche Symptome wie Scharren, Wälzen oder Schwitzen. Fällt Ihnen auf, dass Ihr Pferd zu ungewöhnlichen Zeiten liegt, nicht aufstehen möchte, keinen Appetit hat oder sein Allgemeinzustand schlecht ist? Auch dann sollten Sie an eine Kolik denken und den Tierarzt rufen.

Bis der Tierarzt kommt:

• Bewegen Sie das Pferd langsam im Schritt, zum Beispiel indem Sie es in der Reithalle führen.

• Es darf sich kurz wälzen und hinlegen, motivieren Sie es jedoch bald wieder zum Aufstehen und Bewegen.

• Dabei dürfen Sie weder sich selbst noch Ihr Pferd in Gefahr bringen. Wälzt es sich heftig oder weigert es sich aufzustehen, dann geht Ihre Sicherheit vor.

• Geben Sie Ihrem Pferd kein Futter und kein Wasser.

• Wenn möglich, messen Sie die PAT-Werte (Puls, Atmung, Temperatur) und notieren Sie die Werte.

• Beobachten Sie den Kot- und Harnabsatz.

• Bei einer schweren Kolik sollten Sie umgehend in einer Tierklinik anrufen und einen Transport organisieren. Hier kann jede Minute entscheidend sein. Bedenken Sie, dass Sie gegebenenfalls selbst nicht in der Lage sind zu fahren.

Weitere Informationen finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.