Interview: Nora Dickmann      Foto: imago images/ Frank Sorge

Morbus Cushing, benannt nach seinem Entdecker, ist eine Krankheit, der ein hoher Gehalt von körpereigenem oder zugeführtem Kortison zugrunde liegt. Dieses Hormon hat auf viele Vorgänge im Körper einen Einfluss, unter anderem auf das Immunsystem und den Stoffwechsel. Dr. Christiane Stehle, Tierärztin rund um den Bodensee, erklärt, was bei der Erkrankung zu tun ist.

Was genau ist Cushing, und wie macht es sich bemerkbar?

Bei Cushing, oder aktueller „Pars intermedia Dysfunktion der Hyophyse“ (PPID) handelt es sich um eine Fehlfunktion der Hirnanhangsdrüse. Das auffälligste Symptom vieler betroffener Pferde ist die Veränderung des Haarkleides. Die Pferde sind langhaarig bis hin zu lockigem Fell. Die auffallend langen Haare werden im Fellwechsel nicht oder sehr verzögert abgeworfen. Zu Beginn können auch nur lange Haare am Unterkiefer und an den Beinen auffallen. Eine Hufrehe kann sich als das schwerwiegendste Symptom vieler Pferde mit Equinem Cushing-Syndrom (ECS) zeigen. Die äußerst schmerzhafte und häufig auch immer wiederkehrende Hufrehe kann zur völligen Unbrauchbarkeit oder sogar zum Tod des Pferdes führen. Daneben ruft das ECS viele eher unspezifische klinische Anzeichen hervor. So können vermehrte Schweißbildung, viel Durst und übermäßiges Wasserlassen auftreten. Bei Stuten kann es darüber hinaus auch zu Störungen der Rosse oder zur Milchproduktion kommen. Häufig wird bei betroffenen Pferden eine ungewöhnliche Müdigkeit beobachtet. Muskelabbau, Abmagerung, Fettpolster an ungewöhnlichen Stellen, verzögerte Wundheilung und eine höhere Anfälligkeit für infektiöse Erkrankungen oder Hufgeschwüre sind ebenfalls häufige Folgen des ECS.

Wie stellt der Tierarzt die Diagnose?

Die Diagnose kann mittels Bluttest gestellt werden, dazu wird das AdrenoCorticoTrope-Hormon (ACTH) bestimmt. Dieses Hormon regelt im Körper die Rückkopplung des Kortisonspiegels. Der ACTH-Wert gilt als aussagekräftiger Indikator für die Diagnose des Equinen Cushing-Syndroms. Diese Untersuchung hat den Vorteil, dass sie ganzjährig durchgeführt werden kann und während der saisonalen Erhöhung von August bis Oktober besonders sensitiv ist.

Wie sieht die Therapie aus?

Die Erkrankung ist unheilbar, aber behandelbar. Eine lebenslange tägliche Behandlung ist erforderlich. Der Wirkstoff Pergolid wirkt ähnlich wie Dopamin, das den an ECS erkrankten Pferden fehlt, und sorgt dafür, dass die Überproduktion des ACTH gar nicht erst entsteht. Eine regelmäßige Verlaufskontrolle zur Ermittlung der optimalen Dosis ist wichtig. Im Normalfall kann innerhalb von sechs bis zwölf Wochen ein sehr deutliches Ansprechen auf die Therapie beobachtet werden. Zusätzlich sollte auf eine kohlenhydratarme Ernährung und viel Bewegung geachtet werden.

Gibt es Pferde, die besonders anfällig sind für diese Krankheit?

Cushing ist die häufigste Endokrinopathie bei Ponys und Großpferden ab einem Alter von circa zwölf Jahren. Heutzutage sehen wir durch das häufig starke Übergewicht der Pferde und zunehmenden Bewegungsmangel immer mehr Fälle des Equinen Cushing-Syndroms.

Lässt sich Cushing vorbeugen?

Nur bedingt, durch eine kohlenhydratreduzierte Ernährung und ausreichende Bewegung kann man die auslösenden Faktoren reduzieren. Mindestens jährliche Kontrollen der entsprechenden Blutwerte im Rahmen der allgemeinen Gesundheitsvorsorge sind anzuraten. Insbesondere bei älteren Pferden und solchen, die Risikofaktoren aufweisen.

Welche Folgen hat die Krankheit?

Durch den zu hohen Kortisongehalt im Blut können differenzierte und in einigen Fällen sogar lebensbedrohliche Störungen im Organismus entstehen. Abmagerung, Muskelabbau verzögerte Wundheilung oder eine höhere Anfälligkeit für infektiöse Erkrankungen können die Folgen sein.