Text: Kerstin Niemann       Foto: Jacques Toffi

Reitlehrer haben ein großes Repertoire an Sprüchen, um dem Reiter klar zu machen: Das kannst du besser! Doch sind Korrekturen wie „Kopf hoch, Hacken tief!“ wirklich hilfreich? Was steckt hinter diesen Kommandos, und wie gelingt es dem Reiter, seinen Sitz zu verbessern?

Richtige Worte wählen

Unzählige Faktoren spielen eine Rolle, damit der Reiter korrekt sitzt – auch die Korrekturen des Reitlehrers. Doch welche Worte wählt er – und warum?

Was ist richtig, was ist falsch?

„Der richtige Sitz ist die Grundlage jeder reiterlichen Einwirkung“ heißt es in den Richtlinien für Reiten und Fahren. Zweifellos sind die Begriffe Sitz und Einwirkung untrennbar miteinander verbunden, aber eines steht ebenfalls fest: Egal ob der Reiter „richtig“ oder „falsch“ sitzt – eine (Ein-)Wirkung hat dies auf jeden Fall auf das Pferd! Denn nicht nur der korrekte Sitz, sondern auch der nicht korrekte Sitz beeinflussen das Pferd. Sitzt der Reiter geschmeidig und geht auf die Pferdebewegung ein, fällt es dem Pferd leicht, sich ebenso geschmeidig unter dem Reiter zu bewegen. Sitzt der Reiter dagegen verkrampft und bewegt sich unrhythmisch, so kann man dies auch dem Pferd ansehen – es läuft eventuell auf der Vorhand, schwingt nicht über den Rücken oder geht nicht durchs Genick.

Sprüche klopfen?

Ist es der leichtere Weg, Sprüche zu klop- fen, einfach „Kopf hoch, Hacken tief“ zu rufen, weil das sowieso irgendwie immer stimmt? Sind diese alten Reitlehrer-Sprüche überhaupt hilfreich, können sie den Reiter verbessern? Oder sollte man, um schnellere und vielleicht sogar bessere Erfolge zu erzielen, seine Wortwahl verändern? Wir erläutern auf den folgenden Seiten, warum es in der Tat wichtig und richtig ist, beim Reiten eine bestimmte Form, zum Beispiel den tiefen oder federnden Absatz, im Hinterkopf zu haben: Weil damit bestimmte Funktionen erfüllt werden, die wichtig sind, damit sich das Reiten zu einem erfolgreichen und harmonischen Unternehmen entwickelt!

Wortwahl bezieht sich oft auf die Form

Unzählige Bücher beschreiben akribisch, wie der Reiter sitzen sollte. Es werden Linien gezogen von der Schulter über die Hüfte zum Absatz (siehe Bild rechts oben). Der Eindruck entsteht, der Reiter müsse nur seinen Körper in eine Art Schablone pressen, dann klappt das schon mit dem olympiareifen Auftritt. „Wie gemalt“ soll der Reiter sitzen … Trotzdem sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass kurze, knackige Kommandos wie „Kopf hoch, Hacken tief“ auch zu Missverständnissen führen können. Wichtig ist: Man muss verstehen, was dahinter steckt!

Wie wichtig ist die Funktion?

Die Wissenschaft weiß schon lange, dass in jeder Sportart die Priorität nicht auf dem Idealbild, sondern auf der idealen Ausführung einer Bewegung liegt. „Jeder Reiter ist anders und dies muss noch stärker berücksichtigt werden“, bestätigt Dr. Julia Schmidt. „Im täglichen Unterricht wird zu wenig Rücksicht auf die Individualität der Reiter gelegt. Alter, Körperbau, Körperhaltung, Kondition, individuelle Beweglichkeit und viele weitere Faktoren spielen eine Rolle bei der Auswahl der zielführenden Korrektur!“ Der Sportwissenschaftler Eckart Meyners prägte den Leitsatz „Funktion vor Form“ und fordert andere Formulierungen im Reitunterricht. Salopp gesagt steht er auf dem Standpunkt, dass formelle Forderungen wie „Absatz tief“ sogar teilweise außer Kraft gesetzt werden können, solange das Ergebnis stimmt, also die Funktion er- füllt wird (z. B. dass das Pferd versammelt galoppiert). Meyners entwickelte für Berufsausbilder ein Konzept, das abweicht von den althergebrachten Sitzkorrekturen und hinführt zu einem individuellen, funktional geprägten Ausbildungsweg.

Den gesamten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.