Text: Inga Dora Schwarzer           Foto: Daniel Elke

Seitengänge tragen maßgeblich zur Gymnastizierung des Pferdes bei. Sie helfen aber auch dem Reiter, seine Hilfengebung zu verfeinern. Wie der Einstieg gelingt und worauf Fortgeschrittene achten sollten, erklärt Pferdewirtschaftsmeister Johannes Beck-Broichsitter.

Ursprünglich galten Seitengänge als Kampfübung, um das Pferd geschickter auf dem Schlachtfeld eines Krieges manövrieren zu können. Heute bezeichnen wir damit Dressurlektionen, bei denen das Pferd gestellt und gebogen ist und auf drei bzw. vier Hufschlaglinien in einer ständigen Vorwärts-Seitwärts-Bewegung in Versammlung geht. „Wir unterscheiden zwischen Schulterherein, Travers, Renvers und Traversalen. Letztere werden durch ihren Abstellungswinkel und verschiedene Kombinationsmöglichkeiten noch einmal unterteilt“, erklärt Ausbilder und Pferdewirtschaftsmeister Johannes Beck-Broichsitter. Ferner zählt das Konterschulterherein dazu, die Konterlektion des Schulterherein.

Ein Ranking der Seitengänge ist schwierig aufzuzeigen. „Generell gilt, dass die Vorhand des Pferdes leichter zu bewegen ist als die Hinterhand. Das heißt, Schulterherein und Konterschulterherein sind für den Einstieg meist besser geeignet, auch, weil das Pferd entgegen der Bewegungsrichtung gestellt und gebogen ist. Hier wird ein geringerer Anspruch an die Balance des Tieres und die Hilfengebung des Reiters gestellt. Schwieriger umzusetzen sind in der Regel Travers, Renvers und Traversalen“, so der Experte.

Vorzüge für Reiter und Pferd

Für das Erarbeiten der Dressurlektionen sprechen viele Gründe: Sie dienen der Geraderichtung des Pferdes, kräftigen die Muskulatur, verbessern die Beugefähigkeit und Tragkraft der Hinterhand, erhöhen das Gleichgewicht und damit die Schulterfreiheit, machen das Pferd beweglicher, durchlässiger und aufmerksamer auf die reiterlichen Hilfen, fördern die geistige Sammlung und verlängern die Konzentration – und das bis ins hohe Pferdealter. Ebenso profitiert der Reiter von ihnen: Er lernt seine Zügel- und Schenkelhilfen dosierter einzusetzen, vertieft den Einsatz seiner Gewichtshilfen, schult seine diagonale Hilfengebung sowie die korrekte Einrahmung des Pferdes und verbessert sein Körpergefühl.

Um sich an die Seitengänge heranzutasten, empfiehlt sich unter anderem die Arbeit an der Hand. Für die ersten Schritte eignen sich das Halten und Folgen an verschiedenen Bahnpunkten. Zirkel und Volten dienen zur Abfrage der vermehrten Biegung. „Zeigt sich das Pferd sicher im Hereinholen auf dem Zirkel in Richtung geschlossener Seite, werde ich das bereits Erreichte einfach auf die lange Seite mitnehmen und so Schultervor oder sogar Schulterherein auf der Geraden entwickeln können. Übergänge Halt-Schritt können im Schultervor für ein besseres Untersetzen des inneren Hinterbeins genutzt werden“, rät Beck-Broichsitter. Damit das Vorwärts nicht verloren geht, sollte der Trab immer wieder kurz miteinbezogen werden.

Wichtig: Unterschätzen Sie eine solche Trainingseinheit am Boden nicht, denn das Erlernen der Seitengänge erfordert ein hohes Maß an Konzentration und Kraft. Lassen Sie Ihr Pferd daher öfter dehnen und regelmäßig Pausen machen. Bereits im 17. Jahrhundert sagte Antoine de Pluvinel, Reitlehrer Ludwigs XIII., über die Arbeit an der Hand: „Sie mache den Geist nachsinnig und dem Kopf mehr Arbeit als dem Körper“, so der Ausbilder.

… den kompletten Artikel finden Sie in der Ausgabe 8/2020.