Text: Inga Dora Schwarzer     Foto: Adobe Stock/ Gabriele Arndt

Ein Reiz von außen – und schon ist die Konzentration dahin. Dabei stellt sie doch die Basis für eine erfolgreiche Kommunikation zwischen Mensch und Pferd dar. Wie Sie die Aufmerksamkeit im Training auf sich richten und warum eine permanente Wachsamkeit in der Natur des Pferdes liegt, erklärt Pferdeverhaltensexpertin Marie Heger

„Wer dabei über die jeweilige Konzentrationsspanne seines Pferdes hinweg arbeitet, der nimmt „Fehler“ bzw. Missverständnisse des Pferdes in Kauf. Ein faires Training bedeutet aber, das Positive zu bestärken und nicht auf einen Fehler zu warten, den man dann straft“, mahnt Heger. Ihr Augenmerk sollten Reiter deshalb ebenso auf Übersprungshandlungen legen, die eine Überforderung signalisieren (u. a. Gähnen, Scharren, Kopfschlagen, Schütteln oder Flehmen). „Werden diese Anzeichen ignoriert, kann es zu einer Manifestierung dieser Verhaltensweisen kommen, aus der dann eine Stereotypie entsteht, die in ihrer Struktur und ihrem Ablauf unumkehrbar ist“, warnt die Expertin.

Staffeln Sie Ihr Training und beginnen Sie in kurzen Sequenzen, mehr Konzentration zu fordern, und legen Sie viele kleine Pausen zu logischen Zeitpunkten ein (siehe Mein Pferd-Titelstory „Perfekte Pause“, Ausgabe 12/2020). „Eine Pause kann dabei ganz unterschiedlich aussehen: Für manche Pferde ist das bloße Nichtstun optimal, für andere das Schrittreiten, ohne neue Signale zu setzen. Eine gute Pause ist auf jeden Fall immer informations- und reizarm“, erläutert Heger. Die Verhaltens-
therapeutin rät zu einem Selbstversuch: Lassen Sie sich von jemandem sagen, wohin Sie sich bewegen sollen. Der Vorgebende sagt: rechts, links, geradeaus, seitwärts und rückwärts. Alle Kommandos erfolgen in einem Abstand von zwei Sekunden. Wie lange können Sie den Anweisungen folgen, bis Sie einen Fehler machen? Wann wünschen Sie sich eine Pause? 
Nicht zu vergessen sind das pferdegerechte Umfeld und die Haltung, die beim Thema Aufmerksamkeit eine Rolle spielen. Das belegt ein weiterer Test von Vivian Gabor. Unter zwölf Pferden, die sie untersuchte, absolvierten die Tiere aus Gruppenhaltung im Laufstall einen Lerntest schneller als Pferde, die in reizarmen, isolierten Boxen mit Einschränkung ihres Bewegungsraumes lebten. Gabors Resümee: In den Boxen träfen zu wenig Umweltreize auf das Pferd, wodurch es zu einer Reizverarmung käme und somit die Reizschwelle heruntergesetzt würde. Die Folgen? Die Tiere würden durch das erhöhte Stresslevel weniger gut lernen und könnten sich weniger gut konzentrieren.

Für Wohlbefinden sorgen


Ebenso können Stress in der Herde, Verlust eines Pferdefreundes, Temperaturwechsel oder Frieren und damit verbundene überschüssige Energie oder erhöhter Bewegungsdrang und Schmerzen, Krankheiten oder Mangelerscheinungen (Blutbild empfehlenswert) ursächlich für Konzentrationsprobleme sein, listet Heger auf. Stuten würden darüber hinaus von ihrem hormonellen Zyklus beeinflusst, sensible Pferde von Artgenossen, deren Stress sich unter dem Sattel auf sie überträgt. Befinden sich die Vierbeiner hingegen in einem positiven psychischen und physischen Zustand, sind sie besser „bei der Sache“. „Es kann einfach tausend Gründe haben. Ist der Grund nicht ersichtlich und das Verhalten länger andauernd, sollte man Ursachenforschung betreiben. Grundsätzlich muss jede plötzlich auftretende Verhaltensänderung ernst genommen und genau beobachtet werden, damit rechtzeitig gehandelt werden kann“, gibt die Pferdeverhaltenstrainerin abschließend zu bedenken.

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