Text: Nicole Audrit     Foto: www.slawik.com

Der Kappzaum ist ein ­tolles Werkzeug, um an der ­Stellung und Biegung zu arbeiten und das Pferd zu gymnastizieren. Auf dem Markt gibt es eine ­ Vielzahl unterschied­licher Kappzäume – wir zeigen die verschiedenen ­Einsatzbereiche.

Der Kappzaum hat in vielen ­Ländern eine lange Tradition als Ausrüstungsgegenstand: Es gibt die spanische Serreta, das französische Caveçon oder den schweren Kappzaum, der häufig hierzulande eingesetzt wird. Generell kann der Kappzaum vielseitig zur Ausbildung und Gymnastizierung des Pferdes eingesetzt werden: Sowohl bei der Arbeit an der Longe, der Hand oder am langen Zügel als auch bei der Jungpferdeausbildung leistet er gute Dienste. „Der Kappzaum wirkt im Gegensatz zu einem Gebiss auf den Oberkiefer des Pferdes. An diesem sind die Hauptmuskeln des Halses über die Genickverbindung laufend angeheftet“, erklärt Kirsten Jung, Ausbilderin und Autorin des Buches „Rückentraining mit dem Kappzaum“. „Der Longenführer nutzt den Reflex des Pferdes aus, bei korrekter Genickstellung die innere Hüfte nach innen zu nehmen und dadurch mit dem inneren Hinterbein vermehrt unter den Schwerpunkt zu treten. So kann der Longenführer bei geschickter Einwirkung die gesamte äußere Muskelkette des Pferdes dehnen und damit lösen.“ Durch diesen Zusammenhang wird deutlich, warum der Kappzaum eine enorme Wirkung auf den gesamten Körper des Pferdes hat und somit als Hilfsmittel eingesetzt werden kann, um aus einem steifen Pferd ein losgelassenes zu machen, den Rücken zu aktivieren und ein Pferd langfristig gesund trainieren zu können. Aufgrund der punktuellen Wirkung des Kappzaums auf Oberkiefer und Genick kann der Longenführung durch feine Einwirkung an der Stellung und Biegung arbeiten.

Exkurs: zuchtspezifische Anforderungen

Das heutige Pferd unterscheidet sich in ­seinem Exterieur und somit den Anforderungen an das Training von früheren ­Pferden. „Die ­modernen Pferde sind nicht nur gangstärker und meist geschmeidiger geworden, auch hat sich leider die Abwärtshaltung bzw. Vorderlastigkeit gegenüber früher deutlich verstärkt. Als Kind habe ich gelernt, dass ein Gepard aufgrund der Beweglichkeit seiner Wirbel­säule dem Pferd in Sachen Geschwindigkeit weit überlegen ist, weil dieses eine steife ­Wirbelsäule hat und deshalb mit den Beinen nicht so weit ausgreifen kann. Inzwischen schwingt bei vielen Pferden der Rücken ebenfalls enorm – leider genauso weit nach unten wie nach oben. Da sich durch das Anzüchten vermehrter Schubkraft auch die Statik verschlechtert hat, haben die Pferde eine ­massive Abwärts­haltung bekommen“, gibt Kirsten Jung einen Einblick in die neuen Trainingsherausforderungen aufgrund der gezüchteten Hypermobilität der modernen Pferde. Dadurch liegt das Hauptaugenmerk des Trainings – auch bei der Arbeit am Kappzaum – nicht mehr nur auf der Losgelassenheit, sondern vielmehr auf der Stabilität des Pferdes. Ist das Pferd nicht stabilisiert genug, können nicht nur Erkrankungen des Bewegungsapparates, sondern auch des Stoffwechsels und der Atemwege die Folge sein. „Viele dieser Probleme haben ihre Ursache in nichts anderem als in der Körperhaltung, die aufgrund der Statik ungünstig ist und durch die Belastung durch das Reitergewicht heute schon bei ganz jungen Pferden zu riesigen Problemen führt“, erklärt die Expertin. In früheren ­Generationen der Pferde befanden sich Knie und ­Ellbogen auf gleicher Höhe, und die Abwärtshaltung der Wirbelsäule war nur sehr gering – somit konnten diese Pferde problemlos am Kappzaum die Grundlagen erlernen. „Bei den modernen Pferden steht das Knie in normaler Haltung deutlich höher als der Ellbogen. Zudem zeigen schon die Dornfortsätze hinter dem Widerrist sichtbar abwärts, und die Linie der Wirbelsäule selbst noch viel deutlicher. Daher muss ein solches Pferd aufgrund seiner Anatomie anders gearbeitet werden: Zunächst muss die Körperhaltung verbessert werden, bevor es an die Grundlagen in der Ausbildung zum Reitpferd geht“, so Kirsten Jung.

…den gesamten Artikel – inklusive toller Tipps zur Passform und einer Übersicht zu vielen Modellen – finden Sie in der aktuellen Ausgabe.