Text: Aline Müller         Foto: Trio Bildarchiv/ Lisa Päffgen

Es gibt genug Umstände, die das Leben schwer machen – jetzt ist es Zeit für mehr Leichtigkeit. Im Sattel schenkt sie uns ein völlig neues Reitgefühl. Und das Beste daran: Schon der Weg dorthin verändert Reiter und Pferd, stärkt die Bindung und fördert die Harmonie

Schwungvoll trabt eine Reiterin mit ihrer Fuchsstute durch das Viereck. Beide sind gerade erst in einen neuen Stall gezogen. Die Frau scheint einfach nur gelassen im Sattel zu sitzen und zu lächeln, während ihre Stute zufrieden kaut und sensibel, aber dabei äußerst willig auf die Hilfen reagiert. Ob Seitengänge oder ein paar Tritte verlängern an der langen Seite – das Paar strahlt nur so vor Leichtigkeit. Immer wieder legen sie kurze Pausen ein, in denen die Stute entspannt am hingegebenen Zügel weitergeht. Am Rand des Reitplatzes sammeln sich nach und nach neugierige Zuschauerinnen. Während ein junges Mädchen wie gebannt auf die Reite- rin schaut und das Lächeln in ihrem Gesicht nicht zu übersehen ist, fallen bei den anderen Sätze wie: „Die haben einfach einen guten Tag“ oder „Das Pferd ist bestimmt in Be- ritt, und sie muss es einfach nur nachreiten“. Oberflächlich betrachtet zeigen diese Aussagen, dass ein gewisser Neid vorzuherrschen scheint. Doch was steckt dahinter?

Sehnsucht nach Harmonie

Leichtigkeit beim Reiten und generell ein harmonisches Miteinander zwischen Reiter und Pferd sind zwar für viele Reiter ein Ziel, jedoch kommt nicht selten immer wieder das Gefühl auf, genau an diesem Ziel zu scheitern. Hinter dem Verdacht des Neids kann sich also auch die Sehnsucht verstecken, mehr Leichtigkeit mit dem eigenen Pferd zu erleben. Nun ist das aber so eine Sache mit den Zielen: Während es vergleichsweise leicht erscheint, einen Plan zu erstellen, um unserem Pferd eine bestimmte Lektion bei- zubringen, und wir diesen Schritt für Schritt umsetzen können, ist so etwas wie Leichtigkeit ein weniger greifbarer Begriff. Wie eine Traversale geritten wird, welche Hilfen dazu nötig sind und was bei möglicherweise auftretenden Fehlern zu tun ist, steht in zahlreichen Lehrbüchern geschrieben. Damit ist das Grundgerüst gegeben. Was aber nicht vergessen werden darf: Die Umsetzung hängt in großem Maße von den Fähigkeiten und Fertigkeiten des Reiters ab. Wenn ein Pferd mit großem Kraftaufwand irgendwie durchs Viereck geschoben wird, sieht das Ganze nicht nur unharmonisch aus, sondern die Traversale verfehlt auch ihre gymnastizierende Wirkung. Gleiches gilt, wenn das Pferd einfach noch nicht so weit ist, um bestimmte Lektionen zu lernen oder zu zeigen. Leichtigkeit wird unter diesen Umständen nicht zu finden beziehungsweise zu erreichen sein.

Wenn das Außen täuscht

Nicht nur das Einfühlungsvermögen, sondern auch die Balance des Reiters spielen eine entscheidende Rolle, wenn es um die Leichtigkeit geht. Er muss in der Lage sein, völlig ausbalanciert und zügelunabhängig zu sitzen, um seine Hilfen mit Leichtigkeit geben zu können. Die Grundausbildung des Reiters kommt häufig viel zu kurz. Es wird eher der Blick auf das Pferd gerichtet als auf die Person auf dessen Rücken. Wie bewegt sich das Pferd? Geht es am Zügel oder nicht? Geht es fleißig nach vorne? Diese Fragen zeigen, wie viel Wert auf die äußere Form des Pferdes gelegt wird. In Bezug auf den Reiter gelten ähnliche Kriterien: Sitzt der Reiter gerade? Schaut er nach vorne und gibt er die richtigen Hilfen? Hier ein Gedankenexperiment: Schließen Sie die Augen. Atmen Sie ruhig und gleichmäßig. Stellen Sie sich vor, Sie bereiten sich auf eine Prüfung vor. Sie sitzen auf Ihrem Pferd, in korrekter Haltung, und Sie wissen, welche Hilfen Sie wann zu geben haben. Reiten Sie einen Teil einer Aufgabe in Gedanken durch. Nun hören Sie plötzlich auf zu atmen und halten den Atem an, sodass Sie die Spannung in Ihrem Bauch spüren können (das stellen Sie sich nicht nur vor, sondern machen es wirklich). Reiten Sie mit angehaltenem Atem noch einmal einen Teil einer Aufgabe gedanklich durch. Die Augen sind weiterhin geschlossen. Bemerken Sie den Unterschied?

Den gesamten Artikel finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.