Text: Aline Müller            Foto: KOSMOS Verlag/ Horst Streitferdt

Ingrid Klimke hat viel Erfahrung in der Grundausbildung junger Pferde. Dabei wird das Pferd stets ruhig und systematisch auf seine Aufgaben als Reitpferd vorbereitet

Das erste Aufsitzen und das Anreiten sind besondere Momente, die jedoch auch 
besondere Erfahrung und Geschicklichkeit erfordern

Unabhängig davon, wie gelassen und kooperativ ein Pferd bereits ist, muss es zunächst lernen, das Gewicht des Reiters zu tragen. Dazu wird nahezu die gesamte Muskulatur beansprucht. Hinzu kommt, dass sich der junge Vierbeiner erschrecken kann, wenn plötzlich ein großer Schatten über seinem Rücken auftaucht und es eine ungewohnte Last spürt. Beim untrainierten Pferd ist die Muskulatur häufig von Natur aus noch nicht stark genug. „Steifheiten im Hals und Rücken, Vorwärtsdrängen, Auflegen auf den Zügel, Stolpern und andere Störungen in Gang und Haltung haben unter anderem darin ihre Ursache“, erläutert Ingrid Klimke und fügt hinzu: „Aus diesem Grund dürfen wir uns für das erste Anreiten kein großes Ziel setzen. Wir sollten mit der Gewöhnung an das Auf- und Absitzen und an das Reitergewicht zufrieden sein.“

Das Auf- und Absitzen wird normalerweise auf dem gesattelten Pferd in der Reitbahn geübt. „Am Tag des Anreitens wird das junge Pferd zunächst auf beiden Händen und danach noch einmal vermehrt auf der linken Hand longiert, damit es schon etwas müde ist, wenn der Reiter in den Sattel gehoben wird“, beschreibt Ingrid Klimke das Procedere. Das Pferd bleibt in voller Longierausrüstung, und der Helfer hält die Longe. Ein zweiter Helfer hebt den Reiter behutsam am linken Unterschenkel an, sodass sich dieser zunächst im Stand über den Sattel legen kann. In dieser ruhigen Stellung verharrt der Reiter, und der Helfer lobt das Pferd. Durch mehrmaliges Wiederholen gewöhnt sich das Pferd erstmalig an Reitergewicht im Rücken.

Im nächsten Schritt hebt der Reiter vorsichtig sein rechtes Bein über den Pferderücken und setzt sich in den Sattel. „Der Oberkörper ist leicht vorgebeugt“, sagt die Expertin.

„Die wenigsten Schwierigkeiten entstehen meiner Erfahrung nach, wenn das Pferd gleich angeführt wird.“ Der Helfer führt das Pferd auf die Zirkellinie. Sollte es sich verkrampfen, hält er an und führt es nach dem Loben erneut an. Dies muss gegebenenfalls mehrere Male wiederholt werden. „Für die meisten Pferde ist die Gewöhnung an das Reitergewicht im Schritt am ersten Tag völlig ausreichend“, betont Ingrid Klimke. Nach den gleichen Vorbereitungen am nächsten Tag könne auch an der Longe getrabt werden. Das Pferd wird bei diesen kurzen Reprisen noch von einem Helfer geführt. Das weitere Vorgehen wird ebenso behutsam aufgebaut. Dabei gibt das Pferd das Tempo vor. Zeit ist in der Pferdeausbildung ein hohes Gut, und eine gute Grundausbildung zahlt sich in jedem Fall später aus.

Weitere Tipps von Ausbilderin Ingrid Klimke erhalten Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.