Text: Lara Wassermann    Foto: Holger Schupp

Die „Profis“ hinter der Bande: Sie wissen alles besser, nerven die Reiter in der Halle oder auf dem Platz und machen es selbst selten besser. Was treibt sie zu so einem Verhalten? Scheint es nur so, oder ist die Reiter-Szene besonders von Lästereien und Besserwisserei betroffen?

Besserwisser unter sich

Es gibt anscheinend kein Problem, welches die Stallgemeinschaft nicht aus der Welt schaffen könnte. Schließlich hat man nicht umsonst alle Profis um sich geschart … oder? Kaum tritt ein Problem auf, gibt es auch schon 20 verschiedene Ansätze zur Lösung und auch 20 verschiedene Gründe, warum es überhaupt entstanden ist. Ohne die Besserwisser-Stallexperten wäre man mutmaßlich schon nach ein paar Wochen am eigenen Pferd gescheitert, und womöglich hätten weder Pferd noch Reiter es überlebt. „Das Pferd ist zu dick“, „Die Trense ist für das Pferd total unbequem“ und einer meiner Lieblinge: „Gamaschen braucht man gar nicht, sie stören das Pferd nur.“ Interessant, dass sich so gut wie jeder für einen Experten hält. Nur selten jedoch bringen die Besserwisser Intelligenz und wirklich ein großes Wissen im Fachgebiet mit. Wenn einem von jemandem unter die Arme gegriffen wird, der wirklich helfen kann, so ist das natürlich positiv. Besserwisserei beginnt erst in dem Moment, in dem der vermeintliche Wissensvorsprung falsch eingesetzt wird. Für Besserwisserei gibt es zwei mögliche Auslöser. Der eine ist ein geringes Selbstwertgefühl. Durch das Verbessern und Entdecken von Fehlern bei anderen erhält der Besserwisser ein besseres Bild von sich selbst. Da andere schlechter dargestellt werden, wird man selbst sicherer. Das zweite potenzielle Motiv, warum ein Besserwisser ein Besserwisser ist, ist Narzissmus. Durch das Zurschaustellen des großen Wissens wird dem eigenen Ego geschmeichelt.

Reitsportbegriff-Tourette“


Meine Boxennachbarin erzählte kürzlich von einem Phänomen, das mir auch sehr bekannt vorkam: das von ihr so genannte „Reitsportbegriff-Tourette“. Von diesem Zwangsverhalten scheinen immer mehr Reiter betroffen. Sie erzählte mir, dass, während sie auf dem Platz ritt, einige extrem schlaue Einstaller am Rand standen und in regelmäßigen Abständen Reitsportbegriffe zu ihrer „Hilfe“ auf den Platz riefen. Es schien, als könnten sie einfach nicht anders, und die Besserwisserei würde einfach nur so aus ihnen heraussprudeln: „Volte“, „Parade“, „Mehr auf die Hinterhand“. Ungefragt und häufig auch alles andere als hilfreich strömen die vermeintlich guten Tipps nur so aus den Mündern der Experten, als gäben sie eine Reitstunde. Doch wie geht man nun am besten mit dem Besserwisser um? Ignorieren Sie den Besserwisser-Angriff! Denn gelingt es ihm nicht, sich aufzuspielen, so vergeht ihm schnell die Lust daran. Auch ein Ansprechen des nervigen Verhaltens kann helfen, dass Sie in Zukunft Ruhe vor dem Verhalten haben. Auch ein ironischer Kommentar wie „Vielen Dank für die kluge Einschätzung“ ist manchmal hilfreich. Der Besserwisser fühlt sich dann nicht ernst genommen und überdenkt sein Verhalten vielleicht beim nächsten Mal.

Lästereien und Besserwissereien können einem auf Dauer wirklich den Spaß an der eigentlichen Lieblingsbeschäftigung vermiesen, jedoch kann man auch lernen, damit umzugehen und ein anderes Verhältnis dazu entwickeln. Denken Sie immer daran, dass Sie am Stall sind, um zu reiten, und nicht, um anderen zu gefallen. Wenn Sie das verinnerlichen und mit sich selbst im Reinen sind, dann können Sie sich bald wieder auf das Wesentliche konzentrieren: den Spaß mit Ihrem Pferd.

… den kompletten Artikel finden Sie in der Ausgabe 10/2020.