Text: Alex Madl       Foto: Marcus Sonntag

Alex Madl ist Pferdetrainer, der durch die Warmblut-Zucht seines Vaters geprägt wurde. Einige Pferde brachten ihn an seine Grenzen, weshalb er nach neuen Wegen der Pferdeausbildung suchte. Ein „roter Faden“ aus Wissen, Ethik und Motivation ist es, der ihm bei der Ausbildung von Problempferden hilft.

Mit dem Blick zurück meine ich nicht nur das offensichtliche Entstehen eines Problems mit all seinen schleichenden oder plötzlich auftretenden Ereignissen. Ich meine nicht das Bereuen einer vermeintlichen Fehlentscheidung, Selbstvorwürfen oder die Suche nach Schuldigen. Was ich meine, ist ein klarer, puristischer Blick zurück, mit dem Willen zu lernen und zu forschen – verbunden mit der Liebe zu Tier und Mensch. Nur wenn es gelingt, Geschehnisse und Vergangenes zu betrachten, ohne sich oder andere zu verurteilen, lässt sich Verhalten korrekt bewerten und ein guter Lösungsweg finden. Im Folgenden möchte ich einen Einblick geben, welche Erkenntnisse und Werte ich in meiner Arbeit mit Korrekturpferden gewonnen habe – und wie sie mein Training bis heute beeinflussen.

Gesundheit

In den vergangenen 20 Jahren durfte ich mit mehr als 1.500 Pferden arbeiten. Das gab mir die Möglichkeit, diverse Verhaltensauffälligkeiten kennenzulernen und zu korrigieren. Zusammenhänge, die mit auftretendem Verhalten bestehen, zu erkennen, ist in meiner Arbeit unerlässlich, weshalb mögliche Ursachen, wie beispielsweise Erlebtes, aktuelle Umstände, die verwendete Ausrüstung und die Gesundheit des Pferdes für mich immer von hoher Relevanz sind. Auf den letzten Punkt, die Gesundheit, möchte ich gern noch genauer eingehen.

Vorab sei gesagt, dass man, wenn man hinsieht, manchen Pferden bereits ganz offensichtlich ihren Unmut oder Schmerz ansieht. Es gibt hervorragende Leute, die von Zahnbehandlungen, über Hufbearbeitung, Anpassung von Equipment bis hin zur Osteopathie helfen können. Dies ist immer die erste Maßnahme, wenn ich das Gefühl habe, dass bei einem dieser Punkte Handlungsbedarf besteht.

Auf zwei gesundheitliche Ursachen möchte ich aber doch etwas genauer eingehen, da diese bei meiner Arbeit mit am häufigsten zu Missverständnissen und Fehleinschätzungen durch den Menschen geführt haben. Zum einen ist das die Krankheit PSSM Typ 1 und Typ 2. Zu häufig wird diese Erkrankung nur mit Quarter Horses in Verbindung gebracht, dabei kann dieser Gendefekt aber in allen Rassen zu einem oft unvorhersehbaren Verhalten führen. Auffällig war bisher die Häufigkeit, mit der dieser auch bei Kaltblütern, ebenso wie bei Haflingern, Warmblütern und vielen anderen Rassen aufgetreten ist. Selbst bei Arabern konnten wir den Gendefekt bereits feststellen. Die Symptome waren oft ähnlich: hoher Muskeltonus, schnelles Schwitzen, Nervosität, Probleme beim Schmied oder Kreuzverschlag. Es ist sehr leicht, mit einer angepassten Haltungsform, Fütterung und einem kontinuierlichen Training ohne Trainingsspitzen solche Pferde zu zuverlässigen Freizeitpartnern auszubilden. Wichtig ist jedoch, in Erwägung zu ziehen, dass solch eine Krankheit hinter den beschriebenen Symptomen stecken kann.

Eine zweite, häufig auftretende Ursache für auffälliges Verhalten sind Eierstockzysten bei Stuten. Eine atypische Rosse, ein schnelles Auslösen der Rosse, aber auch eine Überempfindlichkeit auf das Reiterbein sind Hinweise dafür. Jeder gute Tierarzt kann dies feststellen und einen Therapieplan erstellen. Schon oft wurde daraufhin aus einer vermeintlich zickigen und unverstandenen Stute ein ruhiges, zufriedenes Pferd.

Gebisslos Reiten

Ein weiterer Aspekt, der in meiner Arbeit mit Pferden über die Zeit immer wichtiger wurde, ist die Ausbildung ohne Gebiss. Meiner Erfahrung nach verfälscht der Druck des Gebisses auf die Zunge die Wahrnehmung der Pferde. Durch die nach hinten geschobene Zunge spannt das Pferd den Unterhalsmuskel an – ein Muskel, der nachweislich für die Produktion von Stress zuständig ist. Ein Teufelskreis kann so in Gang gesetzt werden. Seit Jahren reite ich daher mit Bosal und schule Pferde und Reiter darin.

…den kompletten Artikel finden Sie in der Juli-Ausgabe.