Interview: Nicole Audrit            Foto: imago/Sebastian Wells

Polo ist eine Mannschaftssportart mit Pferden, die sowohl den Tieren als auch den Spielern einiges abverlangt. Die erfolgreichsten Spieler stammen aus Argentinien – beispielsweise Adolfo Cambiaso. Auch in England ist der Sport weit verbreitet und fand auch Einzug ins Königshaus. In Deutschland hingegen ist Polo noch eine Randsportart. Oliver Winter, Präsident des Deutschen Polo Verbands e.V. (www.dpv-poloverband.de), erklärt, was es mit dem rasanten Sport auf sich hat.

 

Wie läuft ein Polospiel ab?

Polo ist der einzige Mannschaftssport auf Pferden und wird auf einem 274 x 182 Meter großen Feld gespielt. Ziel ist es, mit dem sogenannten Stick – dies ist traditionell ein Bambusschläger mit einer Schlagfläche aus Hartholz – einen Ball im Teamplay in eines der beiden Tore zu schlagen. Die Tore sind 7,30 Meter breit und nach oben nicht begrenzt. Alle Spieler dürfen sich am Kampf um den Ball beteiligen, es geht also um Taktik und Geschwindigkeit. Gewonnen hat das Team, das nach vier Chukkern, dies sind die Spielabschnitte, vergleichbar mit den Halbzeiten beim Fußball, die meisten Tore erzielt hat. Jedes Chukker dauert 7,5 Minuten, danach werden die Pferde gewechselt – kein Pferd darf zwei Chukker hintereinander laufen. Alle Spieler tragen Helm, Stiefel, Polo Whites – also weiße Reithosen –, ein Polohemd und Protektoren. Die Pferde werden zum Schutz an allen Beinen bandagiert, und für das Spiel wird der Schweif eingeflochten.

Die wichtigste Regel ist die Beachtung der Balllinie („Line of the Ball“): Um Unfälle zu vermeiden, darf kein Spieler die gedachte Linie zwischen dem schlagenden Spieler und dem Ball kreuzen. Um Verletzungen auszuschließen, wird ein Spielzug vom berittenen Schiedsrichter unterbrochen, noch bevor etwaige Fouls passieren – dies ist im Sport wohl einmalig und dient zuallererst dem Schutz der Pferde.

Welche Eigenschaften muss ein Polopferd haben?

Für den Polosport sind aufgeweckte und charakterlich ausgeglichene Pferde ideal. Die heutigen Poloponies sind kompakte und robuste Pferde, sprint- und nervenstark, ausdauernd und mit großer Spielfreude. Sie entstammen Argentinischen Criollos und Englischen Vollblütern. Eine lange und gewissenhafte Ausbildung der Pferde ist wesentlich für die Gesundheit und Qualität der Tiere: Erst mit fünf Jahren sind Poloponies fertig ausgebildet, sie sammeln in den folgenden Jahren Turniererfahrung und entwickeln sich in ihrer Leistungsfähigkeit weiter. Erst im Alter von etwa neun Jahren entfalten sie ihr volles Potenzial und sind dann ideale Begleiter im Polo und in der Freizeit – in vielen Fällen für mindestens weitere zehn Jahre. Mit Geduld und Einsatz lassen sich aber auch andere Reitpferde umtrainieren: Das Poloreiten ist in erster Linie ein Training im vertrauten Umgang zwischen Reiter und Pferd.

Welche Kenntnisse muss ein Polospieler mitbringen?

Manche Aktive beschreiben Polo gerne als „Schach auf Pferden“, da die Spieler stets die Übersicht behalten müssen und sich die Spielrichtung auf dem Feld schnell ändern kann. Spaß am Teamplay ist eine unbedingte Voraussetzung, die Verantwortung gegenüber den Pferden selbstverständlich. Die Regeln lassen sich schnell erlernen, für die Umsetzung wird fortlaufend trainiert. Polo wird im Halfseat geritten: Dabei sitzt der Spieler nicht im Sattel, sondern steht fast immer in den Steigbügeln, die Knie werden zur Stabilisierung eng an den Sattel angelegt. Dies ist besonders beim Schlag wichtig, um eine maximale Wendigkeit und den idealen Hebel zu erlangen. Zudem kann nur so der Schläger so geführt werden, dass er bei der Schlagbewegung nicht das eigene Pferd oder andere Pferde trifft. Da der Halfseat recht anstrengend für die gesamte Rumpf- und Beinmuskulatur ist, ist eine körperliche Fitness der Spieler von Vorteil.

Wie ist ein Team beim Polo aufgebaut?

Ein Team besteht aus vier Spielern und mindestens acht, in höheren Spielklassen auch bis zu 20 Pferden. Frauen und Männer spielen gemeinsam, und es gibt keine Altersklassen. Für die Zusammenstellung eines Teams zählt das individuelle Handicap, vergleichbar mit dem beim Golf. Dieses Handicap wird bei jedem Spieler jährlich entsprechend der Leistung festgelegt, es beginnt bei –2 und geht bis +10. Die Summe der Handicaps der Teammitglieder bestimmt die Spielklasse: Low, Medium oder High Goal. In einem Team gibt es vier Positionen: Nummer 1 und 2 gestalten den Angriff, Nummer 3 ist der Spielmacher, und Nummer 4 sichert die Verteidigung. Zum Team gehören außerdem noch die Pferdepfleger, die sogenannten Grooms, die sich vor, während und nach dem Spiel um die Pferde kümmern.

Wie viele aktive Spieler gibt es in Deutschland?

Polo wird in Deutschland heute von über 400 Aktiven im Verein gespielt. In den mehr als 30 Polo Clubs, die im Deutschen Polo Verband e.V. (DPV) organisiert und in ganz Deutschland verteilt sind, gibt es vielfältige Kursangebote und regelmäßige Schnupperkurse.