Text: Aline Müller       Foto: www.Slawik.com

Nach dem Erfolg der Trakehner bei den Olympischen Spielen in Berlin im Jahr 1936 setzt der Kriegswinter dem Traum im Herbst 1944 ein jähes Ende. Nur wenige Pferde können gerettet werden, und vor ihnen liegt der härteste Marsch, den je eine Pferderasse bewältigen musste

Ein großer Park mit Wäldchen, Teiche und Backsteinhäuser, die eine nüchtern-elegante Atmosphäre schaffen – Trakehnen war eines der fünf Hauptgestüte Preußens und der Glanz des deutschen Ostens. Es bestand von 1731 bis 1944 und lag in Ostpreußen, genauer im Kreis Stallupönen. Dabei grenzte das Hauptgestüt Trakehnen nordwestlich an das Dorf Trakehnen. Heute gehört die Anlage zu Russland. Das Haus des Landstallmeisters dient als Schule und in vielen Bereichen hat die Natur Wiesen, Weiden und Äcker zurückerobert. Dabei haben die Trakehner Pferde sowie das staatliche Gestüt das Bild Ostpreußen geprägt und waren gleichzeitig ein großes Kapital. Doch nach mehr als 200 Jahren wurde das Idyll zerstört. Blicken wir zurück.

Vom Arbeitspferd zu Olympia

1932 vollendet der Berliner Bildhauer Reinhold Kübart das überlebensgroße Standbild von Tempelhüter, dem zu dieser Zeit berühmtesten Deckhengst der ostpreußischen Pferdezucht. Fortan steht sein bronzenes Abbild als Wahrzeichen auf dem Gestüt Trakehnen. Lange hat es in Ostpreußen, wie anderorts auch, hauptsächlich Arbeitspferde für die Landwirtschaft gegeben. Oder aber kräftige Streitrösser, die in die Schlacht zogen. Preußens König Friedrich Wilhelm I. entscheidet sich im Jahr 1732, die Pferdezucht besser zu organisieren. Dazu gründet er das staatliche Stutamt „Trakehnen“. Die Rasse wird schließlich im 19. Jahrhundert konsequent veredelt: Im Dienste der Zucht dürfen nur noch wenige Stuten und Hengste eingesetzt werden. Hinzu kommt das Blut von Arabern und Englischen Vollblütern. Tempelhüter war einer der Nachkommen eines in England erworbenen Zuchthengstes, der damals 20.000 Goldmark kostete. Zuchthengste müssen seit 1926 sozusagen die Schulbank drücken. Leistungsfähigkeit, Temperament und Charakter werden durch eine Hengstprüfungsanstalt getestet. Dann erst dürfen sie die besten Stuten des Gestütes decken. Nach einem Jahr Training müssen die jungen Pferde zudem eine Abschlussprüfung ablegen. In Ostpreußen wächst eine weltweit einmalige Pferderasse heran, und vor dem Zweiten Weltkrieg werden Trakehner als die erfolgreichsten Sport- und Jagdpferde gehandelt. Schließlich wird ihr Talent bei den Olympischen Spielen 1936 in Berlin belohnt: Es regnet Medaillen in Gold und Silber.

Einmarsch der Roten Armee

Der Zweite Weltkrieg setzt dem Traum ein schreckliches Ende: Es ist der Herbst des Jahres 1944. Die Rote Armee rückt immer näher. Drei Jahre zuvor ließ Hitler seine Soldaten im Unternehmen „Barbarossa“ in die Sowjetunion einmarschieren. Nun stehen sowjetische Truppen an der Grenze zum „Deutschen Reich“. Am 21. Oktober nimmt die Rote Armee auch den Ort Trakehnen in Ostpreußen ein. Schon jetzt sitzen viele ostpreußische Familien auf gepackten Koffern oder sind längst aufgebrochen. Der Geschützdonner rückt immer näher und kündigt den russischen Vormarsch an. Doch bis die Pferde in Sicherheit gebracht werden, vergeht wertvolle Zeit. Zum einen hatten die Nationalsozialisten zuvor eine Evakuierung der kostbaren Tiere verboten. Zum anderen zögert Ostpreußens Gauleiter Erich Koch, da er auf Hitlers Linie fährt. Er glaubt daran, dass alle bleiben und bis zum letzten Mann kämpfen müssen. Der offizielle Befehl zur Räumung kommt erst in der Nacht zum 17. Oktober. In letzter Minute wird zumindest ein Teil der wertvollsten Tiere zusammengetrieben. Nur drei Stunden später stehen sie bei minus 20 Grad zur Flucht bereit. In einer Massenflucht, auf sogenannten Trecks, verlassen zwei Millionen Menschen und Tausende Pferde Haus und Hof gen Westen. Vor ihnen liegt eine unglaublich harte Reise, die viele nicht überleben.

Mehr Informationen über diese Pferderasse finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.