Gute Erfahrungen

Der Weg zurück 

Es läuft einfach nicht. In letzter Zeit steige ich selten mit einem guten Gefühl vom Pferd. Irgendwie fühlen sich die Ritte nicht harmonisch an, sondern eher wie ein kleiner Kampf. Und obwohl ich mir dessen bewusst bin, verfalle ich doch immer wieder in dieselbe Rolle. Sowohl der Braune als auch ich wirken für mein Gefühl nach einer Unterrichtseinheit weder wirklich locker noch zufrieden. Als ich an diesem Morgen darüber nachdenke, was ich nun anders machen soll, wo das Problem liegen könnte und wen ich in meinem Umfeld noch um Hilfe bitten kann, fühle ich mich hilflos. Es ist diese Verzweiflung, nicht weiterzuwissen, trotz allem Ehrgeiz, den wir Menschen in uns haben, wenn es um das Reiten geht.

Meine Gedanken wanderten zurück in meine Kindheit und Jugend, als Pferde und der Kontakt zu ihnen für mich noch etwas ganz Anderes bedeuteten als heute, wo sich vieles um Verantwortung, Erledigungen, Planung und bewusste Erfolge dreht. Damals waren Pferde einfach nur Tiere, die mich jeden Tag faszinierten und deren Wesen ich, so gut ich konnte, zu durchdringen versuchte. Jede Minute meines Lebens wollte ich mit ihnen verbringen, und der Gedanke, dass es etwas Schöneres geben sollte, war mir unbegreiflich.

Ich verlebte meine Freizeit auf einem Hof, wo perfektes Reiten keine Rolle spielte. Stattdessen ritten wir alle Ponys ohne Sättel und meisterten mit ihnen im Gelände jedes Hindernis. Wir machten uns, wenn überhaupt, darüber Gedanken, was wir besser machen könnten, damit wir von unserem Partner Pferd besser verstanden würden. Ich hatte nie Angst vor einem Pferd, sondern war immer interessiert an seiner Geschichte und seinem Wesen. Und wenn ich auf ihm saß, seine Körperwärme und sein Fell spürte und wir für diese kurze Zeit eine Einheit wurden, fühlte ich Dankbarkeit und Verbundenheit. In all diesen Jahren war ich nie hilflos, und ich brauchte keine Ratschläge von Außenstehenden. Ich selbst wusste, was richtig ist, denn meine innere Verbindung zu den Pferden brachte mir stets die Antwort, die ich suchte.

Statt auf alle anderen zu hören, hörte ich an diesem erwähnten Tag wieder nur auf mich. Heute zog ich keine Stiefel an, sondern ließ einfach meine Turnschuhe an, nahm keinen Sattel, sondern ein Reitpad. Ich atmete entspannt und verhielt mich einfach so, wie ich es früher bei den Jungpferden getan hatte. Erst ein bisschen Bodenarbeit, dann von der Aufstiegshilfe aufs Pferd. Ein paar Mal lehnte ich mich nur auf den Wallach, weil er das Gefühl ohne Sattel nicht gut kennt. Dann schwang ich mich behutsam auf ihn und lobte ihn, als seien wir beide heute das erste Mal gemeinsam unterwegs. Ich vertraute ihm einfach, obwohl ich weiß, dass er sehr umweltorientiert ist und man schnell in Sitznot kommen kann. Ich ignorierte dieses etwas unsichere Gefühl, das ich sonst so oft habe, und ritt einfach, wie ich es früher tat: ohne Sattel, mit kaum merkbaren Zügelhilfen und so, wie ich es fühlte, ohne dass mir jemand sagte, was das Beste wäre, ohne Zwang und diese antrainierte Perfektion.

Ich glaube, der Weg zurück zu dem, was uns alle verbindet, nämlich die Liebe zu diesen großartigen Tieren und die Verbindung, die sie uns erlauben zu ihnen aufzubauen, ist der Schlüssel für einen respektvolleren Umgang.

Lara Wassermann

Leitende Redakteurin Mein Pferd

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