Einen guten und passenden Sattel zu finden gleicht der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Da jeder Mensch und jedes Pferd unterschiedlich sind, ist es wichtig, den richtigen Satteltyp zu finden. Was einen guten Sattel auszeichnet, welche Satteltypen es gibt und wie Sie und Ihr Pferd das richtige Zwischenstück finden, erklärt Ihnen unser Experte Sattlermeister Fabian Greinert
Text: Jessica Classen; Foto: Christiane Slawik

Verschiedene Pferde, verschiedene Reitweisen, verschiedene Sättel. Weshalb kann es nicht einen einzigen Sattel geben, mit dem wir Reiter all das machen können, was wir gerne möchten, und der gleichzeitig auch noch auf jedes Pferd passt? Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Dabei ist es eigentlich gar nicht so schwierig: Wir Reiter sollten nämlich zunächst einmal wissen, was wir überhaupt wollen. Sei es das Reiten in den Wäldern und Wiesen, entweder rund um den Stall oder mehrere Tage außerhalb unterwegs, das Arbeiten im Dressurviereck oder das Fliegen über die Hindernisse – unsere Pferde geben für uns ihr Bestes. Allerdings ist es wichtig, dass wir für die jeweilige Disziplin auch den richtigen Sattel haben; denn auf Dauer wäre beispielsweise das Springen im Westernsattel sehr gesundheitsschädlich für den Rücken unserer Pferde, so Sattlermeister Fabian Greinert aus Kempen (Nordrhein-Westfalen). „Jedes Pferd ist anders und deswegen sollte man nie nach Schema F arbeiten, sondern Pferd und Reiter immer gleichermaßen beurteilen, um den passenden Sattel für jedes Paar zu finden.“ Und er ergänzt: „Generell ist der Sattel rassenunabhängig; in erster Linie ist er das Zwischenstück zwischen Reiter und Pferd. Auf die Rückenlänge, Wirbelsäule und den Widerrist des Pferdes muss jederzeit geachtet werden, nicht nur bei bestimmten Rassen. Man muss sich immer erst das Pferd anschauen, dann mit dem richtigen Sattel arbeiten und nicht von vorneherein sagen: Für diese Rasse kommt nur dieser eine Sattel infrage.“ Welche Funktion hat ein Sattel? Die wichtigste Aufgabe des Sattels ist es, den Pferderücken vor dem Reitergewicht zu schonen. „Die Funktion des Sattels sollte aus Sicht des Pferdes darin bestehen, dass eine optimale Kammerweiteneinstellung gegeben ist, um dem Pferd vorne keinen unangenehmen Druck zu geben“, so Fabian Greinert. „Der Kammerkanal sollte genügend breit sein, um die Wirbelsäule frei zu halten, und natürlich dürfen die Wollkissen nicht fehlen. Sie können auf- und abgepolstert werden, sobald sich die Rückenlinien des Pferdes verändern.“ Ein guter Sattel sollte aber nicht nur zum Pferd, sondern auch zum Reiter passen. Damit beide, Pferd und Reiter, Spaß am Reiten haben und vor allem auch gesund bleiben, sollte der Sattel einmal im Jahr kontrolliert werden, weiß Fabian Greinert. „Die Funktion eines Sattels für den Reiter besteht darin, dass er gut ausbalanciert wird, feine Hilfen geben und frei mit dem Becken arbeiten kann. Voraussetzung hierfür sind die passende Sitzfläche, gut platzierte Pauschen und ein guter Schwerpunkt.“

Die verschiedensten Sättel

Bei der großen Auswahl an verschiedenen Sätteln fühlen sich die meisten überfordert und wissen gar nicht, welchen Sattel sie überhaupt nehmen sollen. Western-, Wanderreit- oder englische Sättel sind mittlerweile die bevorzugten Reitunterlagen. Während englische und Wandersättel meist mit einem gegurteten Sattelbaum oder mit Kunststoffbäumen ausgestattet sind, hat der Westernsattel oft einen Holzsattelbaum und keine Wollkissen, sondern wird deshalb extra mit Sattelunterlagen ausgestattet, die etwas dicker gearbeitet sind. Möchten Reiter lieber stunden- oder gar tagelang mit ihrem Pferd unterwegs sein, bevorzugen sie einen Wanderreitsattel. Dieser ähnelt vom Sattelbaum her dem englischen Sattel und unterscheidet sich von diesem durch die Taschen und Schnallen. „Damit auch der Reiter während dieser langen Ritte bequem sitzt, sind die Sättel mit einem weicheren Sitz ausgestattet“, erklärt der Sattlermeister. „Diese Sättel haben zudem meist Packringe im hinteren Bereich, um dort das Gepäck zu befestigen. Außerdem haben sie andere Zuschnitte für Satteltaschen und Sattelkissen als Western- oder englische Sättel.“ Ihr einziger Nachteil bestehe darin, dass sie oft nicht wirklich für den optimalen Dressur- oder Springsitz ausgelegt sind. Ein Hindernis im Gelände kann mit ihnen aber trotzdem prima überwunden werden. Wenn Reiter disziplinenübergreifend arbeiten möchten, sollten sie zu einem englischen Sattel, genauer dem Vielseitigkeitssattel greifen. Mit diesem können sie sowohl Dressur- und Springreiten als auch Gelände- und Tagesritte unternehmen. „Englische Sättel sind sowohl vom Sattelbaum als auch vom Sattelkissen her oft gut zu ändern. Man kann der Rückenlinie des Pferdes immer folgen – solange der Sattelbaum sitzt – und die Sättel den neuen Gegebenheiten anpassen. Somit kann eine gute Druckverteilung erreicht und dem Pferd kein Schmerz zugefügt werden. Zudem ist das Gewicht im Vergleich zu Western- oder Wandersätteln wesentlich geringer“, so Fabian Greinert. Einige Reiter brauchen für ihre Zwecke sogar extra angefertigte Sättel. Besonders die Trick-, Renn- oder Poloreiterei verlangen nach einem eigenen Sattel, der zu  nächst auf den Reiter und erst anschließend auf das Pferd angepasst wird. Bei Trickreitersätteln kommt es sogar auf die Schule des Reiters an: Amerikanische Sättel ähneln Westernsätteln, während die französischen und ursprünglich ukrainischen Trickreitersättel nur aus einem Bock mit Griffen, einem Sattelkissen und drei Bauchgurten bestehen. Außerdem haben sie noch weitere Riemen und Haltegriffe, je nachdem, wie der Reiter es möchte. Ebenso werden auch Renn- und Polosättel nach den entsprechenden Wünschen des Reiters angefertigt, weil sie ihm und dem Pferd viel Bewegungsfreiheit geben müssen.

Der richtige Satteltyp

Um wirklich alles zu beachten, was ein Sattel können muss, damit er dem Pferd weder Schaden noch Schmerzen zufügt, könnte es schnell teuer werden. Viele greifen dann auf Gebrauchtsättel zurück. Viele Experten warnen jedoch vor gebrauchten Sätteln, weil der Reiter dabei nicht erkennen kann, ob sie umgebaut wurden, ob dieser Umbau fachgerecht durchgeführt wurde oder ob sogar der Sattelbaum möglicherweise gebrochen ist. Fabian Greinert bevorzugt als Sattlermeister ebenfalls neue Sättel: „Im Grunde sind gebrauchte Sättel keine schlechten Sättel und oftmals eben für den Geldbeutel des Reiters deutlich angenehmer. Allerdings weiß ich als Sattler nie, wie diese geändert wurden und kann somit eine Anpassung oder Änderung auf längere Zeit gesehen nicht garantieren. Deshalb arbeite ich nur mit neuen Sätteln, um dem Reiter, aber vor allem auch dem Pferd einen mitwachsenden Sattel geben zu können.“ Dadurch kann der Pferderücken sich gesund entwickeln und nimmt keinen Schaden. „Es muss ja kein Maßsattel für 5.000 Euro sein“, sagt er. „Es muss aber ein Sattel sein, der für Pferd und Reiter passend ist und trotzdem qualitativ hochwertig. Diese gibt es auch schon ab circa 2.500 bis 3.000 Euro oder sogar noch weniger.“ Klar hört sich das erst einmal nach viel Geld an, aber rechnet man das auf die Jahre hoch, in denen der Sattel gebraucht wird, ist es sogar im Monat wesentlich günstiger als die Rechnungen des Tierarztes. Denn passt der Sattel nicht, muss dieser unweigerlich kommen. Im schlimmsten Fall ist ein Pferd dann sogar unreitbar. Deshalb sollten Sie, um den richtigen Satteltyp für sich und Ihr Pferd zu finden, immer mit einem Experten zusammenarbeiten. Wichtig ist dabei, dass der Sattler den Rücken des Pferdes korrekt ausmisst und diese Daten beim Sattelbau richtig umsetzt. Denn letztendlich muss einfach alles passen – die richtige Reitweise und ein gut aufgelegter Sattel. „Ein schlecht sitzender Sattel setzt den Reiter falsch hin und verursacht durch die falsche Sitzposition Druckstellen beim Pferd“, so Fabian Greinert. „Meiner Meinung nach muss beides passen: Wenn der Sattel zwar passt, aber der Reiter schlecht reitet oder falsch sitzt, kann dies für das Pferd ebenfalls unangenehm werden.“ Jeder hat andere Meinungen, Erfahrungen oder Einstellungen zu Sätteln, Sattelarten oder Sattelspecials. Eins sollte aber bei allen Reitern gleich sein: Das Wohl und die Gesundheit des Pferdes müssen an erster Stelle stehen und erst dann dürfen unsere eigenen Bedürfnisse kommen.