Insgesamt 27 Jahre lang ritt sie Dressur und war aus dem Viereck eigentlich nicht mehr wegzudenken. Bis sie vor einem Jahr durch ihren Freund das Westernreiten – vor allem Pleasure – für sich entdeckte. Nun wünscht sich Mein Pferd- Leserin Yvonne Kirchhofer nichts sehnlicher als das komplette Gegenteil: die rasante Disziplin Cutting
Text: Jessica Classen; Fotos: Daniel Elke

Der Bodennebel verdichtet sich langsam, als wir über einen lang gestreckten Feldweg fahren. Ob wir hier richtig sind? „Dort vorne scheint ein Haus zu sein“, sagt Yvonne Kirchhofer, die Wunschpferd-Kandidatin, die ich morgens früh auf dem Weg zum Schürmann Training Stable abgeholt habe. Sie wünschte sich, einmal ein Cutting-Pferd reiten und an einer echten Kuh arbeiten zu dürfen. Und das hat sie nun davon – weit und breit Felder, Bodennebel, aber kein Stall. Beim Näherkommen an das „Haus“ sind wir dann doch sehr erstaunt: Vor uns steht nämlich kein Stall im herkömmlichen Sinn, sondern eine große Anlage, die an eine Ranch in Texas erinnert. „Wow, genau so hatte ich es mir erhofft“, sagt Yvonne strahlend. „Das ist ja richtig schön hier. Da fühle ich mich gleich wie im Wilden Westen. Passend zum Westernreiten.“
Haus Boulig, wie die Anlage vor uns heißt, liegt einsam auf einer Ebene zwischen Weiler und Wichterich und wird von einem kleinen Wäldchen eingefasst. Hier schlagen Reiterherzen höher, denn man hat einfach alles, und es bleiben keine Wünsche offen: ein wunderschönes Gelände direkt vor der Tür, große, weitläufige Weiden für die Pferde, große Boxen und Außenställe, einen Reitplatz, eine Halle, einen Trailparcours und einen gemütlichen Saloon. Zudem kann man an Reitunterricht und Kursen teilnehmen und auch Beritt bekommen. Was will man mehr?

 

bildschirmfoto-2016-11-16-um-14-19-12Ein Quarter-Wallach stellt sich vor

Auf dem Hof stehen Alexandra und Theo Schürmann schon bereit und erwarten uns: Sie haben ihre beiden Pferde in der Halle gerade ein wenig aufgewärmt, damit sie Yvonne beim Cutten helfen können. „Normalerweise hat man vier Helfer“, erklärt Alexandra. „Der Cutter hat immer zwei Herdholder und zwei Turnbacks mit dabei.“ Die Herdholder hüten die Herde. Die Turnbacks helfen dem Cutter, das Rind möglichst mittig im Arbeitsbereich zu halten, solange der Cutter es arbeiten möchte. Der Cutter kann „quitten“, das heißt seine Arbeit beenden, wenn das Rind steht oder sich von ihm abwendet. Dann kann er ein neues Rind aus der Herde „cutten“ (aussortieren). Heute wird es aber von jedem nur einen geben. „Sie muss sich ja auch erst einmal einfinden, das Pferd kennenlernen, die Bewegungen verinnerlichen, wird dann auch noch ins kalte Wasser geworfen und muss mit echten Rindern arbeiten“, so Alexandra weiter. Aber so hat Yvonne es sich ja gewünscht, und genau so soll es sein. Ihr Wunsch ist uns Befehl, und so darf die Kandidatin sich den Quarter-Wallach Linus aus seinem Offenstall holen. „Eigentlich heißt er Nu Bar Olena“, erzählt Alexandra, mit der wir zum Paddock gehen. „Aber weil er beim Entspannen immer die Unterlippe hängen lässt, haben wir ihn kurzerhand in Linus umbenannt.“ Der elfjährige Wallach schaut Yvonne neugierig am Tor entgegen und lässt sich sofort von ihr das Halfter anziehen und mitnehmen. Beim Putzen darf er sie dann ausgiebig beschnuppern. „Er muss ja auch wissen, worauf er sich einlässt“, sagt sie lachend. „Immerhin muss er mich sicher durch die Rinder bringen, nicht ich ihn.“
Bevor es für Yvonne und Linus aber an die Arbeit am Rind geht, wird sie erst einmal die verschiedenen Basisübungen lernen und an der Cutting-Maschine arbeiten, damit sie ihre und seine Bewegungen verinnerlichen kann. „So, jetzt noch ein bisschen Maniküre beziehungsweise Pediküre, und dann kann es losgehen“, sagt Yvonne nach dem Putzen und hebt Linus’ rechten Vorderhuf an.

 

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… wie die Trainingsstunde für die Wunschpferd-Kandidatin verlief und welche Herausforderungen sie alle meisterte, können Sie in unserer aktuellen Ausgabe von Mein Pferd (12/2016) lesen, die seit dem 15. November am Kiosk erhältlich ist!