Text: Aline Müller       Foto: www.Slawik.com

Wenn im Frühling die ersten Gräser sprießen, rückt die Weidezeit immer näher. Nicht alle Ställe bieten eine 24-Stunden-Weidehaltung an und diese ist auch nicht für jeden Vierbeiner das optimale Konzept.

Die meisten Pferde, die nicht ganzjährig auf der Weide stehen, können es kaum erwarten, endlich wieder auf grünen Wiesen zu grasen. Bevor der Weidespaß richtig losgeht, sollten unsere Vierbeiner allerdings erst angeweidet werden. Außerdem müssen die Grünflächen pferdefit gemacht werden.

1.Weidepflege vorab

Eine Weide ist kein Gartenrasen. Zwar ist regelmäßiges Mähen wichtig, wenn der Rasen zu wachsen beginnt, damit sich eine dichte Grasnarbe bildet. Allerdings sollte die Weide, bevor die Pferde ins grüne Paradies können, nicht gemäht werden. Das würde einen Schutzmechanismus auslösen: Energie wird eingespeichert, und es bilden sich Fruktane im Gras. Genau das soll aber vermieden werden. Vor dem Anweiden ist es wichtig, dass der Boden ausreichend eingesät und gedüngt wurde. So kann gut neues Gras nachwach-sen. Die Pferde dürfen natürlich nicht direkt nach dem Düngen auf die Weide, sondernerst mindestens drei bis vier Wochen später. Die Winterpause sollte auch dazu genutzt werden, die Weide auf mögliche Giftpflanzen abzusuchen und für Sicherheit zu sorgen. Das heißt, alle Zäune zu überprüfen. Diese müssen stabil sein und dürfen keine Verletzungsgefahr für die Pferde darstellen. Ebenso muss der Generator beziehungsweise das Weidezaungerät funktionieren.

  1. Der richtige Zeitpunkt

Die Natur bestimmt von Jahr zu Jahr den Start und das Ende der Weidesaison. So war es im vergangenen Jahr beispielsweise noch bis in den November hinein sehr warm und trocken – die Pferde konnten die Weidezeit voll auskosten. Im Frühjahr kommen die meisten Vierbeiner im März oder April das erste Mal raus auf die Grünflächen. Das Gras sollte etwa ein bis zwei Handbreit hoch sein, damit es den Verbiss gut vertragen kann. Das ältere Gras ist zwar nährstoffärmer, aber rohfaserreicher. Hat das Pferd einen besonders empfindlichen Magen, sollte auch das Wetter beim Anweiden beachtet werden. Bei besonders warmem Wetter bildet sich viel Fruktan im Gras. Ebenso reagiert das Grün auf Trockenheit und Frost mit dem Einspeichern von Energie sowie mit der Bildung von Fruktan. Auch wenn es für Menschen eher ungemütlich erscheint, ist es für empfindliche Pferde durchaus sinnvoll, sie an einem eher regnerischen, trüben, aber dennoch frühlingshaft warmen Tag zum ersten Mal auf die Weide zu lassen.

  1. Zu welcher Tageszeit?

Auch die Tageszeit spielt beim Anweiden eine nicht zu vernachlässigende Rolle. Der Zuckergehalt im jungen Gras ist zum Beispiel frühmorgens am höchsten. Daher sollte in den frühen Morgenstunden besser auf das Anweiden verzichtet werden. Im Gegensatz dazu bietet ein nächtlicher Weidegang beim Anweiden durchaus Vorteile, denn Pflanzen können im Dunkeln aufgrund des fehlenden Lichts keine Photosynthese mehr betreiben. Vielmehr verbrauchen sie dann die am Tag gewonnene Energie. Ungeeignet für die Gewöhnung an das frische Grün sind allerdings frostige Nächte aufgrund des hohen Fruktangehalts im Gras am frühen Morgen. Pferde mit Hufrehe oder einem empfindlichen Stoffwechsel sollten an solchen Tagen daher erst am Nachmittag auf die Weide. Natürlich reicht es nicht aus, das Pferd nur einmal an einem entsprechend passenden Tag an die Weide zu gewöhnen. Es lohnt sich, den Wetterbericht im Auge zu behalten und so einen geeigneten Zeitraum zu finden.

  1. Immer mit der Ruhe!

Wenn das grüne Gras lockt, würden Pferde am liebsten direkt den ganzen Tag auf der Weide verbringen. Doch Anweiden ist wichtig, auch wenn das nicht jeder Stall- oder Pferdebesitzer so genau nimmt und auch hierzu unterschiedliche Meinungen kursieren. Generell ist es aus- reichend, das Pferd zu Beginn des Anweidens nur 15 Minuten pro Tag (an der Hand) grasen zu lassen. Von Tag zu Tag können Sie die Zeitspanne um etwa zehn bis fünfzehn Minuten verlängern. Bei empfindlichen Pferden kann es sinnvoll sein, langsamer vorzugehen. Die Darmflora braucht Zeit, sich an das neue Futterangebot zu gewöhnen. Eine langsame Umstellung beugt Problemen vor. Nach einer Anweidephase von vier Wochen können Pferde zwei bis vier Stunden raus. In der Regel heißt es dann ab der fünften Woche: Weidespaß den ganzen Tag. Besonders langsam und vorsichtig an die Weidezeit gewöhnt werden sollten Pferde mit Stoffwechselproblemen, wie Rehe, EMS oder Cushing. Das gilt auch für abgefressene Koppeln. Anweiden muss nicht immer im Frühjahr stattfinden. Stand das Pferd zum Beispiel bis zum Sommer in einem Stall ohne Weide- gang und zieht es dann in ein neues Zuhause, heißt es auch hier: langsam umgewöhnen.

  1. Nicht mit leerem Magen

Grünes, frisches Gras schmeckt einfach zu gut. Viele Pferde neigen gerade zu Beginn der Weidesaison dazu, sich möglichst schnell den Bauch vollzuschlagen. Daher kann es sinnvoll sein, das Pferd nicht mit leerem Magen grasen zu lassen. Es sollte vor dem Weidegang ausreichend Raufutter zur Verfügung haben. Das beugt unter anderem auch Magen-Darm- Beschwerden wie Kotwasser vor. Pferde sind zwar große, starke Tiere, dennoch ist ihr Magen empfindlich. Eine Futterumstellung birgt stets Risiken. Um dem Vierbeiner das Anweiden zu erleichtern, sollte ihm anfangs ausreichend Raufutter zugefüttert werden. Vermeiden Sie Heulage, da diese den Säure- Basen-Haushalt in der Umstellungszeit stören kann. Kommen Pferde nur stundenweise auf die Weide, ist Raufutter in Form von Heu sowieso Grundlage des Futterplans.

Mehr Informationen finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.