Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt       Foto: imago images/ Galoppfoto

Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt Andreas Ackenheil, gibt 
auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd

Wenn Pferde im Stall einen glucksenden Ton von sich geben, handelt es sich um das sogenannte „Koppen“, welches zu den häufigsten Verhaltensstörungen bei Pferden zählt. Wenn nun das gekaufte Pferd sich als ein Kopper herausstellt, was bedeutet dies für den Pferdekäufer? Berechtigt die Diagnose „Koppen“ den Käufer zum Rücktritt? Wird die Verhaltensstörung „Koppen“ eines gekauften Pferdes als Mangel beim Pferdekauf angesehen? Wann spricht man von einem koppenden Pferd?

Wie sieht es aus, wenn Pferde koppen?


Man spricht von einem Kopper, wenn das Pferd mittels Anspannung der Unterhalsmuskulatur den Schlundkopf öffnet, Luft in seine Speiseröhre zieht und diese schluckt. Dabei entsteht ein sogenannter Kopperton, der sich ähnlich anhört wie ein Rülpsen bei Menschen. Das Pferd öffnet quasi bewusst den Eingang zur Speiseröhre und lässt Luft einströmen.

Meist vollziehen die Pferde diese Handlung, indem sie die oberen Zähne auf eine Kante setzen oder einen anderen Gegenstand mit den Zähnen umfassen. Das machen sie, weil es so leichter ist, die Muskeln im Hals anzuspannen, sodass der Kehlkopf sich bewegen kann und der Weg zur Speiseröhre frei wird. Diese Art des Koppens nennt man Aufsatzkoppen.

Gesundheitliche Folgen des 
Koppens


Es gibt auch Pferde, die keine Aufsatzhilfe zum Koppen benötigen. Durch ein Schlenkern mit dem Kopf spannen diese die Muskeln an und ziehen und schlucken die Luft ein. Dieses Verhalten des Pferdes nennt man „Freikoppen“. Als Folge dieses falschen Verhaltensmusters zeigt sich beim Aufsetzkopper ein sogenanntes Koppergebiss. Das ist ein Gebiss, bei dem die Zähne bis auf Stummel abgeschliffen sind. Teilweise kann man auch vermehrte Koliken, Abmagerung und Leistungsabfall des Pferdes beobachten. Das Koppen muss jedoch nicht zwingend mit weiteren gesundheitlichen Risiken einhergehen.

Koppen ist keine Erkrankung


Zunächst ist festzustellen, dass das Koppen an sich keine Pferdekrankheit ist. Es ist eine Verhaltensstörung des Pferdes, die mitunter bei sehr vielen Pferden meist bis zum sechsten Lebensjahr auftreten kann.

Aber warum koppen Pferde?


Durch das Koppen werden beim Pferd sogenannte Endorphine (Glückshormone) freigesetzt, und bei einem koppenden Pferd senkt sich die Herzfrequenz. Meist koppen Pferde, um Stress oder Langeweile abzubauen. Auch wird ein Zusammenhang zwischen der Neigung des Koppens und bestimmten Krankheiten wie zum Beispiel einem Magengeschwür beobachtet. Pferde mit Magengeschwüren koppen deutlich häufiger als solche ohne. Eine „eintönige“ Pferdehaltung mit wenig Sozialkontakt kann ebenso zum Koppen beim Pferd führen. Teilweise wird auch vermutet, dass die Genetik bei der Entwicklung dieser Verhaltensstörung eine Rolle spielt. Eine genaue Ursache für das Koppen ist allerdings noch nicht gefunden worden.

Medizinische Behandlung eines Koppers


Durch die regelmäßige Verabreichung von Antagonisten wie Serotonin kann versucht werden, das Koppen bei einem Pferd abzustellen, das Absetzen der Medikamente führt jedoch in der Regel zu einem Rückfall. Das Pferd kann sein Leben lang therapiert werden. Auch eine operative Behandlung ist denkbar.
 Die Anwendung eines Kopperriemens ist aus tierschutzrechtlicher Sicht indes sehr umstritten.

Koppen als Sachmangel beim Pferdekauf


Zeigt ein Pferd eine Verhaltensstörung wie das Koppen, mindert dies auch seinen Wert.

2007 entschied ein Oberlandesgericht, dass bei einem koppenden Pferd eine Wertminderung von bis zu 50 Prozent anzusetzen ist (2 U 148/06).
Die eingeschränkten Verwendungsmöglichkeiten des Pferdes stellen dann einen sogenannten Sachmangel nach § 434 I BGB dar. Wurde das Pferd als gesund und reitbar gekauft und kann nun die Diagnose „Koppen“ beim Übergabezeitpunkt festgestellt werden, weicht die Ist-Beschaffenheit des Pferdes von der vertraglich vereinbarten Soll-Beschaffenheit ab.
Grundsätzlich kann der Käufer eines mangelhaften Pferdes vom Vertrag zurücktreten oder den Kaufpreis zurück- und Schadenersatz verlangen.

Koppen und weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen


Das Landgericht Münster hatte im Jahre 2006 über ein koppendes Pferd zu entscheiden. Sehr wohl erkannte das Gericht das Koppen als einen Mangel an, jedoch war das Gericht nicht davon überzeugt, dass dieser Mangel schon bei der Übergabe des Pferdes vorlag. Das Pferd zeigte in dem gerichtlich angeforderten Gutachten keinerlei Anzeichen eines „Koppens“ (4 O 198/05).

Eine weitere Meinung vertritt die Ansicht, dass erst ein Mangel vorliegen würde, nachdem weitere gesundheitliche Probleme durch das Koppen, wie Koliken oder Abmagerung des Pferdes, aufgetreten sind. So lehnte das Landgericht in Bückeburg bei einem koppenden Pferd den Mangel ab, da in diesem Fall die Leistungsfähigkeit des Pferdes nicht gemindert sei.

Koppen als Verhaltensstörung 


Der Bundesgerichtshof entschied, dass es sich beim „Koppen“ um einen Mangel im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB handelt, da die Mangelfreiheit eines Pferdes im Rahmen des § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 
BGB nicht nur auf die Tauglichkeit als Reitpferd abstellt, sondern auch auf die übliche Beschaffenheit. Selbst wenn noch keine gesundheitlichen Probleme wie Koliken etc. bei einem koppenden Pferd aufgetreten sind, so zeigt sich im Koppen doch eine psychische Labilität des Pferdes, welcher mit aufwendigen, mitunter verhaltenstherapeutischen Maßnahmen entgegengetreten werden muss. Zudem müssen Pferde, die diese Eigenart zeigen, besonders gefordert werden. Auch erfordert es eine besondere Aufklärungsarbeit des Pferdebesitzers im Umfeld des Pferdes, da teilweise vermutet wird, das Koppen könnte auf andere Pferde im Stall ansteckend wirken.

Daher ist die übliche Beschaffenheit des Pferdes auch beim Koppen ohne weitere gesundheitliche Probleme zu verneinen. Schon aus diesem Grunde ist ein Mangel nach § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB beim „Koppen“ eines Pferdes anzunehmen.

Keine Fristsetzung zur Nachbesserung beim koppenden Pferd 


Eine Fristsetzung des Pferdekäufers eines Koppers zur Nacherfüllung gemäß § 323 BGB ist nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichtes in Hamm auch entbehrlich, wenn festgestellt wurde, dass das Pferd bereits bei Übergabe koppte und nach Ansicht des Oberlandesgerichtes eine Heilung des Koppens nicht zu erwarten ist.

Tipp vom Anwalt für Pferderecht Ackenheil:



Bei Problemen mit dem neu angeschafften Pferd empfiehlt es sich zunächst, Kontakt mit dem Verkäufer aufzunehmen und ihn hierüber zu informieren. Da der Käufer bei einem Rücktritt vom Pferdekaufvertrag so gestellt werden muss wie vor dem Pferdekauf, können auch Aufwendungen, die in Verbindung mit dem Pferd und dessen Mangel getätigt wurden, vom Pferdeverkäufer oftmals zurückverlangt werden.

Aber Achtung: Ein Wechsel zwischen Rücktritt und Minderung ist nicht möglich. Hat man sich daher zum Rücktritt entschieden und möchte man das Pferd zurückgeben, ist diese Entscheidung bindend. Der Käufer kann sich nach der Erklärung des Rücktritts nicht mehr beim Verkäufer melden und ihm mitteilen, er habe es sich nochmals überlegt und möchte lieber eine Kaufpreisminderung erhalten. Man muss sich daher die Entscheidung für einen Rücktritt gut überlegen.
Welche Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Pferdekauf erstattungsfähig sind, muss im Einzelfall ermittelt werden.

Ihr Anwalt für Pferderecht

Rechtsanwalt Andreas Ackenheil

Unser Experte: Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferde- recht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Onlineportalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

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