Text: Inga Dora Schwarzer             Foto: www.Slawik.com

Vom äußeren Schein lassen sich Pferde nicht täuschen, auch nicht von schmeichelnden Worten. Sie prüfen ihr Gegenüber mit einem Röntgenblick. Wie sie das Unbewusste und Nonverbale im Menschen sichtbar machen, erklärt Coaching-Expertin Alexandra Lohr

Bin ich wirklich so? Oder wer bin ich eigentlich? Wo liegen meine Stärken? Wie wirke ich überhaupt auf andere? Wie kann ich mutiger werden? Wie lerne ich durchzuhalten, wenn es schwieriger wird? Mit solchen und anderen Fragen kommen Menschen auf Alexandra Lohr aus dem baden-württembergischen Weingarten zu und suchen ihren Rat. Sie bietet deutschland- und europaweit u. a. erlebnisorientierte systemische Coachings mit Pferden an.

Aber nicht sie gibt ihren Klienten eine Rückmeldung, sondern die Tiere. Ihre Aufgabe ist es lediglich, einen vertrauensvollen Rahmen zu schaffen in dem sich Mensch und Pferd auf Augenhöhe begegnen können und die Pferde den notwendigen Raum bekommen, ein echtes Feedback zu vermitteln.

Die Arbeit mit dem Wesen Pferd im Coaching gelingt, weil die menschliche Gemeinschaft und die Struktur in einer Pferdeherde Gemeinsamkeiten aufweisen. „Sie leben, ähnlich wie wir, in einem Herdenverband. Dieser funktioniert bei uns und den Pferden nur über eine verlässliche Struktur, soziale Kompetenzen der Mitglieder und eine klare Kommunikation“, erklärt die Expertin.

Keine Täuschung möglich

Die Vierbeiner haben den Zweibeinern aber etwas voraus. „Sie reagieren von Natur aus immer ehrlich, direkt und unmittelbar. Sie lügen nie. Ihre zumeist nonverbale Kommunikation über die Körpersprache lässt keine Täuschung zu“, sagt Lohr.

Andersherum lassen sie sich auch nicht belügen und schon gar nicht manipulieren, denn sie spüren in Sekundenschnelle feinste Unstimmigkeiten auf. „Sie hören nicht auf das gesprochene Wort, es sei denn sie sind darauf konditioniert, sondern achten auf unsere Wirkung, auf unsere innere Haltung, die sich im Außen ausdrückt. Sie haben die Fähigkeit das Unbewusste, das in uns schlummert, und unseren nonverbalen Ausdruck sichtbar zu machen. Denn sie nehmen nicht wahr, was wir versuchen nach außen hin darzustellen, sondern das, was wir wirklich sind“, weiß sie. Daher konfrontieren sie die Menschen mit ihrem wahren Ich und dessen Wirkung auf andere. „Die Pferde halten ihnen einen Spiegel vor, indem sie sich selbst reflektieren können“, meint Lohr.

Im näheren Umgang mit den Tieren wird außerdem jeder bewusst oder unbewusst ausgesendete Impuls sofort zurückgesendet. Die Konsequenzen einer Handlung werden so buchstäblich am eigenen Körper erfahren. „Der Mensch lernt dadurch eingefahrene Verhaltensmuster und Strukturen, in denen er sich bewegt, besser kennen und findet dadurch mehr Bewusstheit zu sich selbst“, sagt die Expertin.

Aus dem Unterbewusstsein

Wie der Mensch die tierische Reaktion auf sein Tun einstuft, obliege aber einzig und allein ihm. Er habe im Coaching stets die Deutungshoheit. Hier zeige sich oft, dass wir alle verschiedene Wirklichkeiten hätten. Man könne eben nur das im Außen sehen, was auf der inneren Landkarte markiert sei, erklärt der Coaching-Profi.

Mehr Informationen zum Thema „Selbstreflexion“ finden Sie in der August- Ausgabe der Mein Pferd.