Text: Inga Dora Schwarzer     Foto: www.Slawik.com

Wer hat an der Uhr gedreht? Ist es wirklich schon so spät? Das wird sich so mancher Reiter fragen, wenn er sich gerade wieder im Zeitstress befindet. Pferde kennen dieses Problem nicht. „Sie sind deshalb die besten Lehrer für ein effizienteres Zeitmanagement“, sagt unsere Expertin Renate Zach. Sie erklärt, was wir Menschen von unseren vierbeinigen Partnern lernen können

Oft beschweren sich Reiter und Pferdebesitzer darüber, dass sie wenig Zeit haben. Ja, es stimmt: Reiten ist ein zeitintensives Hobby. Plant man eine Stunde Training auf dem Reitplatz ein, bleibt es nicht bei diesen 60 Minuten. Das Pferd muss vorher von der Koppel geholt, geputzt, gesattelt und getrenst werden. So werden aus einer Stunde schnell zwei. Bei einem langen Ausritt geht oft sogar ein halber Tag ins Land. Tierarzt- und Hufschmiedbesuche sowie das Säubern des Reitzubehörs gehören ebenfalls auf die Zeitrechnung. Nicht verwunderlich, dass der Spruch „Früher hatte ich Zeit (und Geld), jetzt habe ich ein Pferd“ allgegenwärtig ist. Doch wie viel Zeit wir wirklich haben, liegt an uns selbst.

„In unserer Gesellschaft ist der Druck sehr stark, immer mehr tun zu müssen und immer mehr Leistung zu bringen. Dadurch entsteht das Gefühl, zu wenig Zeit zu haben. Viele Leute definieren sich sogar über die Zeit. Je weniger Zeit sie haben, desto wichtiger sind sie. Hat man viel Zeit, wird das als negativ angesehen“, sagt Renate Zach, Psychologin, Pädagogin sowie Lebens- und Sozialberaterin aus Burgstall (Österreich). Seit zehn Jahren bietet die gebürtige Wienerin Coachings mit ihren acht Pferden und drei Eseln an, darunter auch ein Seminar zum Thema Zeitmanagement.

Sie rät, einmal darauf zu achten, wer oder was unsere persönlichen „Zeitdiebe“ sind. Man trifft die Nachbarin beim Aus-dem-Haus-Gehen und unterhält sich eine Weile, schaut sich zwischendurch ein paar Videos bei Youtube an oder liest Nachrichten auf den sozialen Netzwerken – und ohne dass Sie sich dessen bewusst sind, ist eine halbe Stunde oder mehr vergangen. Bei solchen ablenkenden „Zeitdieben“ spielt das Unterbewusstsein eine große Rolle. „Es sucht sich solche Momente zum Ausbrechen und holt sich ein bisschen Zeit für sich selbst. Diese Auszeiten sind eigentlich gut und sinnvoll, man muss sie sich aber bewusst machen und sie gezielt einplanen“, so die Expertin. Unbewusst läuft einem bei diesen kleinen Pausen ansonsten die Zeit davon. Das Problem? Aufgaben werden dann unter Stress oder Druck erledigt. „Es bleibt nicht mehr hängen: ‚Super, da bin ich stolz auf mich. Das habe ich aber gut gemacht‘, sondern: ‚Ich habe nur Stress gehabt‘. Die Dinge werden also nicht mehr zur eigenen Zufriedenheit erledigt, und das ist frustrierend“, erläutert Zach.

Multitasking dauert länger

Wichtig ist auch, Prioritäten im Alltag zu setzen (siehe Kasten Seite 79). Nicht alles, was Sie tun müssen, ist gleich dringend. Bewerten Sie Ihre Aufgaben: Was sollten Sie sofort erledigen? Was können Sie auf später verschieben? Und wie lange dauern die jeweiligen Aufgaben? Denken Sie zudem daran, eine Aufgabe nach der anderen zu erledigen. Multitasking spart nämlich keine Zeit ein. Im Gegenteil: Sie verlieren dadurch welche.

Als Reiter sollten Sie von vorneherein große Zeitfenster für Ihr Hobby einplanen. Möchten Sie zwei- bis dreimal die Woche Reiten gehen, dann tragen Sie das in Ihren Kalender ein. „Ist mir mein Hobby wichtig genug, dann steht es da auch drin“, so die Psychologin. Haben Sie ausreichend Zeit eingeplant, können Sie diese auch jede Minute genießen, ohne ständig auf die Uhr schauen zu müssen.

Pferde haben kein Zeitproblem

„Keine Zeit zu haben oder permanent im Zeitstress zu sein ist übrigens ein rein menschliches Problem. Pferde haben dieses Problem nicht. Sie leben einfach in ihrem natürlichen Rhythmus: Tag und Nacht, Sommer und Winter, Wärme und Kälte und so weiter.“ Wir Menschen entfernen uns dagegen mehr und mehr von unseren ursprünglichen Rhythmen“, sagt die Expertin. Beispiele gefällig? Elektrisches Licht macht es möglich, dass wir bis spät in die Nacht hinein arbeiten können.

Mehr Tipps finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.