Text: Aline Müller      Foto: www.Slawik.com

Wenn Pferde eine Stimme hätten, was würden sie uns sagen? Die Verhaltensbiologin Marlitt Wendt setzt sich für das Pferdewohl und ethische Grundsätze ein. Für sie ist klar: Nur gemeinsam können wir etwas verändern

Seit vielen Jahren häufen sich die Skandale in der Reiterei, und das Pferdewohl wird zu Recht immer wieder hinterfragt. Wenn Pferde regelrecht zu Sportgeräten werden und nur der sportliche Erfolg beziehungsweise der Profit gesehen werden, leiden sie nicht nur körperlich, sondern auch mental. Ein besonders berühmtes und trauriges Schicksal: Totilas. Einst als Ausnahmepferd gefeiert, endete sein Leben alles andere als glamourös. Auf der anderen Seite stehen auch Freizeitreiter immer wieder in der Kritik. Sie würden ihre Pferde aus Unwissenheit regelrecht kaputtfüttern und pflegen und ihnen durch Reiten am langen Zügel im Gelände auch nichts Gutes tun. Das ist überspitzt dargestellt, denn natürlich ist nicht jeder Sportreiter nur auf Erfolg oder Profit aus, und nicht jedes Freizeitpferd ist zu dick und läuft mit weggedrücktem Rücken durch die Gegend.

Dennoch gibt es auch Tierschutzorganisationen, welche die gesamte Reiterei und sogar die Haltung von Pferden infrage stellen und Verbote fordern. „Das Dilemma dabei ist, dass jede Fraktion in irgendeinem Punkt gute Gründe für diese Meinung und jene Ansicht hat“, betont die Verhaltensbiologin und Pferdefachbuchautorin Marlitt Wendt. Oft würden diese allerdings als unumstößliche Tatsache vorgetragen, ohne konstruktiv aufeinander zuzugehen, die einzelnen Themenfelder und Aspekte sachlich zu analysieren oder Verbesserungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Einen ehrlichen Dialog führen

„Veränderungen entstehen nicht durch Schuldzuweisungen oder dadurch, dass sich unüberwindbare Fronten bilden“, gibt unsere Expertin zu bedenken. Viel wichtiger sei der ehrliche Dialog. Genau hier möchte die Autorin mit ihrem neuen Buch „Die Rechte der Pferde – ein Plädoyer für Tierwohl und Ethik“ ansetzen. Für sie kann ein Dialog nur gelingen, wenn als Basis auch Fakten von Wünschen und Idealen getrennt werden. Als Verhaltensbiologin sieht Marlitt Wendt ihre Arbeit als eine Botschaft zwischen Forschung und Praxis, zwischen wissenschaftlichen Daten und der möglichen Interpretation. Ohne menschliche Vermittler haben Pferde keine Stimme. Sie ertragen, leiden stumm oder wehren sich und werden dafür häufig wiederum in irgendeiner Form bestraft. Ohne uns Menschen, die sich mit dem Thema Ethik auseinandersetzen, sich Gedanken machen, den Austausch suchen und kritisch hinterfragen, aber nicht zu voreilig oder generalisiert urteilen, würde die ganze Maschinerie rund um den Reitsport so weiterlaufen. Bereits vor der Geburt des Fohlens steuern wir das Pferdeleben. Wir wählen die Tiere zur Zucht aus, wählen die Haltungsform, die Fütterung, entscheiden über die Anzahl und Art der sozialen Kontakte, über die Reize, denen die Vierbeiner ausgesetzt sind.

Wenden wir nun den Blick jetzt noch einmal auf das große Ganze: Nicht selten lebt die Pferdebranche von Entscheidungen Einzelner. „Wenn bestimmte Veranstaltungen nicht mehr besucht werden, überholtes Equipment nicht mehr nachgefragt wird und das Wohlbefinden des Pferdes im Vordergrund steht, dann wird sich nach und nach auch im Großen etwas verändern. Wir haben es alle in der Hand, etwas zu bewegen“, sagt Marlitt Wendt.

Den Deckmantel wegnehmen

Aktuell existieren viele Missstände. Das ist nicht von der Hand zu weisen. Darauf muss aufmerksam gemacht werden, und zugleich ist es wichtig, weiteren Missbrauch am Pferd zu verhindern. „Wir alle müssen dazu beitragen, dass es keinen Platz für Tierquälerei unter dem Deckmantel des Pferdesports gibt“, hebt unsere Expertin hervor. Dazu gehöre es, alle möglichen Personen zu involvieren – nicht nur Pferdebesitzer, sondern auch Kinder, die Reiten lernen, oder eben auch Berufsreiter und Ausbilder.

Den kompletten Text finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.