Text: Anna Castronovo      Foto: www.Slawik.com

Die Ursache für die White Line Disease ist ein Befall mit Pilzen und Bakterien, denen Pferde überall im Stall ausgesetzt sind. Deshalb können auch Tiere erkranken, die in optimalen Haltungsbedingungen leben. Das Wichtigste: Möglichst schnell behandeln!

Mit der White Line Disease ist nicht zu spaßen. Bei dieser Erkrankung werden die innere Hufwand und die Lamellenschicht mit Pilzen und in Folge meist auch Bakterien infiziert. Wird das Problem nicht rechtzeitig behandelt, zersetzt sich die weiße Linie, und es kommt zur Abspaltung der Hornwand von der Sohle – dadurch kann die Hufwand wegbrechen. In manchen Fällen muss sie auch vom Schmied entfernt werden, um den Pilzen und Bakterien im Inneren des Hufs den Garaus zu machen. Um so eine Wandresektion zu vermeiden, ist es das Wichtigste, die White Line Disease schnell zu erkennen – aber das ist manchmal gar nicht so einfach.

Wie kommt es zu dieser Erkrankung? „Normalerweise schützt die äußere Hufwand den Huf vor Infektionen. Doch Verletzungen, zum Beispiel durch mechanische Überlastung, Abszesse, Risse, Hornspalten, Hornsäulen oder Hornklüfte bieten Keimen die Möglichkeit einzudringen“, erklärt Hufbeschlagschmied Linus Müller. „Die innere Hufwand hat eine geringere Dichte und ist sauerstoffarm, deshalb gedeihen hufschädigende Organismen dort besser. Die Pilze und Bakterien konsumieren Keratin und schwächen das Hufhorn in seiner Struktur – die innere Hufwand wird zu einer mehlartigen, bröckeligen Substanz zersetzt.“

Durch die Zersetzung wird die Tasche tiefer – Schmutz und Steine dringen ein, und ein Teufelskreis beginnt: Die White Line Disease verursacht tiefe Spalten und schwächt die mechanische Funktionalität der Hufwand zunehmend – es kommt zu einer lokalen Trennung an der weißen Linie. „Die Bakterien und Pilze wandern die Hufwand hinauf und schädigen somit den Huf von innen heraus“, erklärt der Hufbeschlagschmied. „In der Folge können ganze Hufwände wegbrechen.“ Manchmal trifft es nur einen Huf, manchmal aber auch mehrere Hufe. An den Vordergliedmaßen tritt die White Linie Disease öfters auf. „Brüchige Hufwände und Zusammenhangstrennungen stellen ein großes Problem dar“, so Müller. „So wird es etwa bei beschlagenen Pferden schwierig, dass die Nägel richtig halten, ohne dass die Wand bricht.“

Imbalancen der Hufkapsel?

Die auslösenden Mikroorganismen befinden sich in jedem Stall. Deshalb können auch Pferde, die unter optimalen Bedingungen gehalten werden, befallen werden, ohne dass eine klare Ursache erkennbar ist. „Neben Verletzungen der Hufwand kommen manchmal auch äußere Bedingungen als Auslöser in Betracht – oft mehrere davon gleichzeitig“, sagt Müller. „Eine feuchte Umgebung begünstigt zum Beispiel ein Aufweichen der Hornsubstanz und macht es damit Bakterien und Pilzen leichter, in den Huf einzudringen. Weitere Ursachen können ein vorheriger Abszess oder eine Hufrehe sein, die Risse und Spalten im Huf hinterlassen haben. Ein Schlagtrauma, das auf die Hufkapsel eingewirkt hat, kann zu Schrammen und Blutergüssen führen – und die verletzten Blutgefäße bieten dann eine gute Nahrungsgrundlage für die Mikroben.“

Auch mangelhaft oder falsch bearbeitete Hufe können die Erkrankung begünstigen. „Es wird angenommen, dass die White Line Disease oft eine Begleiterscheinung von Imbalancen der Hufkapsel ist“, sagt Müller. „Das können zum Beispiel vernachlässigte, zu lang gewachsene Hufe, lange Wandüberstände, lange Zehen, eine Steilstellung des Hufes oder chronische Rehehufe sein.“ Solche Imbalancen führen zu mechanischen Hebelwirkungen, die wiederum zu einer Schwächung des Hufbeinträgers und in Folge zu einer Schwächung der weißen Linie führen. Das Problem: „Das degenerierte Horn ist anfälliger für Bakterien- und Pilzbefall. Kommt es in Kontakt mit den entsprechenden Krankheitserregern, wird es angegriffen“, so der Experte. „Eine der wichtigsten Maßnahmen als Vorbeugung gegen die White Line Disease ist es deshalb, eine balancierte und tragfähige Hufkapsel herzustellen und zu erhalten.“

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