Text: Anna Castronovo      Foto: www.Slawik.com

Über Künstliche Intelligenz (KI) wird überall viel diskutiert. Nun hält sie auch in der Pferdemedizin Einzug. Es gibt mittlerweile einige Tools für Tierärzte und auch Besitzer auf dem Markt, die Krankheiten erkennen können. Wird bald der Tierarzt durch eine App ersetzt?

Ein Team um Professorin Anna May von der Pferdeklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München stellte Ende April ein neues Deep Learning Tool vor. Die Wissenschaftler haben es entwickelt und trainiert, damit es die Equine Rezidivierende Uveitis (ERU), auch als Mondblindheit bekannt, zuverlässig erkennt und Tierärzte bei der Diagnose unterstützen kann. Dass dies funktioniert, zeigt eine aktuelle Studie der LMU („Comparison of veterinarians and a deep learning tool in the diagnosis of equine ophthalmic diseases“, Equine veterinary Journal 2024).

Die LMU-Forschergruppe hat ERU für ihre Entwicklung ausgewählt, da diese Erkrankung seit über 2000 Jahren beschrieben wird. Es handelt sich um eine entzündliche Augenerkrankung, die zur Erblindung oder dem Verlust des Auges führen kann. Sie ist eine der häufigsten Augenerkrankungen beim Pferd, und eine korrekte und schnelle Diagnose ist sehr wichtig, um bleibende Schäden zu minimieren. „Von daher ist die Erkennung der Erkrankung sehr wichtig“, so Professorin Anna May. „Durch die langjährige Erfahrung und die umfangreichen Aufzeichnungen von Dr. Stefan Gesell-May hatten wir eine gute Grundlage. Darüber hinaus sind einige der Symptome einer ERU mit bloßem Auge sichtbar und ermöglichen daher je nach Ausprägung eine Erkennung auf Bildern ohne spezielles Werkzeug. Diese Kombination aus großem Nutzen und der technischen Umsetzbarkeit waren für uns der entscheidende Faktor, die ERU als Einstieg in die Verwendung von KI in der Augenheilkunde für Pferde zu nutzen und in Zukunft auf diesen Ergebnissen aufzubauen.“

KI gab zu 93 Prozent die richtige Antwort

Im Rahmen einer Online-Umfrage waren rund 150 Tierärzte gebeten worden, 40 Fotos zu bewerten. Die Bilder zeigten sowohl gesunde als auch an ERU erkrankte Augen sowie Augen mit einer anderen Erkrankung. Auch das Deep Learning Tool arbeitet auf der Basis von Bildanalysen und beurteilte dieselben Fotos. Anschließend verglich das Forscherteam die Ergebnisse der Tierärzte mit denen der KI. Dabei zeigte sich, dass auf Pferde spezialisierte Tierärzte die Bilder zu 76 Prozent richtig interpretierten. Die übrigen Tierärzte aus Kleintier- oder gemischten Praxen erzielten zu 67 Prozent richtige Ergebnisse. „Bei dem Deep Learning Tool lag die Wahrscheinlichkeit für eine korrekte Antwort sogar bei 93 Prozent“, berichtet May. „Die Unterschiede waren zwar statistisch nicht signifikant, aber sie zeigen dennoch, dass die Künstliche Intelligenz eine ERU verlässlich erkennt und großes Potenzial hat, Tierärzte zu unterstützen.“

Das Tool ist Web-App-basiert und leicht zu bedienen. Die einzige Voraussetzung ist ein Smartphone. „Es kann eine gute Hilfe zur Diagnosefindung darstellen, besonders für weniger erfahrene Kollegen oder auch für die Besitzer in Regionen mit geringer Tierarztdichte“, betont die Professorin. „Dank der frühzeitige Erkennung von ERU können betroffene Pferde schneller eine angemessene Behandlung erhalten, was entscheidend sein kann, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die betroffenen Augen zu retten.“

Den kompletten Text finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.