Text: Aline Müller         Foto: www.Slawik.com

Betroffene Pferde haben unter Umständen auch eine schlechter funktionierende Muskelbildung und benötigen längere Regenerationszeiten, genau wie die Haflingerstute Hara.

Auch die typischen Symptome wie ein schwaches Immunsystem, eine Neigung zu Allergien oder Magen-Darm-Problemen treffen zu. Auf der psychischen Ebene sind Pferde mit HPU schneller gestresst und tendenziell eher ängstlich. Das könnte auch erklären, warum sich Hara mehr und mehr aus der Herde zurückgezogen hat. Annika entschließt sich dazu, ihre Stute testen zu lassen. Und tatsächlich: Hara hat HPU! „Für mich war das einerseits eine Erleichterung, andererseits war ich aber auch besorgt und traurig, da HPU ja nicht heilbar ist und alle möglichen Folgen haben kann“, berichtet Annika. Sie spricht mit der Stallbesitzerin, und Hara kommt in eine kleinere Herde mit älteren Stuten. Dort sind alle Selbstversorger, das heißt, Annika kümmert sich ab jetzt selbst um die gesamte Fütterung.

Generell sollte bei Pferden mit HPU Stress vermieden werden. In welcher Haltungsform sich ein Pferd wohlfühlt, kann individuell ganz verschieden sein. Manchmal ist eine Paddockboxenhaltung in ruhiger Atmosphäre mit stundenweisem Weidegang besser sein als eine 24-Stunden-Offenstallhaltung. In der neuen Offenstallgruppe wird die Liegefläche nur noch mit Holzspänen eingestreut. Da zwei ältere Stuten Atemwegsprobleme haben, achten alle auf gutes Raufutter und eine möglichst staubfreie Atmosphäre. Hara erhält nun eine HPU-Therapie, und langsam geht es ihr insgesamt besser. Annika hat das Turnierreiten jedoch erst mal ganz vom Plan gestrichen und will ihrer Stute ein bestmögliches Zuhause mit einem individuell angepassten Training bieten.

Welche Rolle spielt die genetische Veranlagung bei der Entstehung von Stoffwechsel- beziehungsweise Zivilisationskrankheiten des Pferdes?

Das eine Pferd hält auch ohne tägliches Sportprogramm und trotz großer Futtermengen seine schlanke Linie. Andere Vierbeiner scheinen schon vom Angucken einer vollen Heuraufe zuzunehmen. Genauso wie wir Menschen erblicken auch Pferde mit einem bestimmten genetischen Erbe das Licht der Welt. Hinzu kommen die epigenetischen Faktoren, die entscheiden, welches Gen abgelesen wird und welches nicht. Das bedeutet: „Auch wenn unser genetisches Erbe quasi wie in Stein gemeißelt erscheint, so haben wir doch Einflussmöglichkeiten darauf. Und das sind doch gute Nachrichten“, sagt Dr. Tina Maria Ritter. Das Thema Genetik ist komplex und nicht in wenigen Sätzen zu erklären. Aber bestimmte Vorgänge können einfach erklärt werden. Warum wird also ein Pferd im Stall krank und viele andere nicht? Genau wie bei Menschen gibt es auch bei Pferden bestimmte Parameter im Stoffwechsel, die grundsätzlich darüber entscheiden, ob das Pferd ein guter oder ein schlechter Entgifter ist.

HPU­- Therapie

Für eine HPU-Therapie sollten Sie mindestens vier bis sechs Monate einplanen.In diesem Zeitraum können über Jahre eingelagerte HPL-Komplexe zur Ausscheidung gebracht werden, beziehungsweise es erfolgt sozusagen eine Art Blutwäsche. Mindestens 120 Tage – das ist die Lebenszeit von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) – dauert eine HPU-Therapie. Doch nicht alle Blutzellen im Körper sind gleich alt. Mithilfe der B-Vitamine (Vitamin B6, B12 und Folsäure) wird immer nur ein Teil der roten Blutkörperchen erneuert. „Deswegen die vier bis sechs Monate HPU-Therapie“, erklärt Dr. Tina Maria Ritter. „Ist die Stoffwechselstörung HPU mit verantwortlich für eine bestimmte Krankheit oder bestimmte Symptome, so beobachten Sie in diesem Zeitraum eine Besserung bei Ihrem Pferd. Eben weil Sie ursächlich arbeiten“, sagt die Biologin. In der Regel profitieren die betroffenen Pferde von einer dauerhaften Supplementation der Nähr- und Vitalstoffe. Es kommt immer auch auf die bisherige Geschichte des Pferdes an: Wir krank war es vor der Therapie? Wie alt ist es? Wie viel Stress hat es erlebt? „Außer der zeitlichen Dauer ist auch die richtige Dosierung entscheidend für den Therapieerfolg sowie das Pausieren von kupferhaltigen Futtermitteln“, so unsere Expertin.

Wo kann ich mein Pferd auf HPU testen lassen?

„In Deutschland wird für Pferde bislang ausschließlich der KPU-Test angeboten“, erklärt Dr. Tina Maria Ritter. „Für Menschen gibt es mittlerweile auch ein oder zwei deutsche Labore, die einen HPU-Test anbieten, der aber nicht wirklich einer ist.“ Dies liege an der Aufreinigung der Urinprobe. „Der Grund ist recht simpel: Bislang hat nur das Labor KEAC in Holland (www.keac.nl, Anm. d. Red.) nicht die Kosten gescheut, die Ursubstanz in so einer Menge aufzureinigen, dass HPL auch tatsächlich aus einer Urinprobe gefischt werden kann“, berichtet Dr. Tina Maria Ritter. Der Test ist sehr spezifisch und aufwendig. Im Humanbereich arbeiten und forschen aber auch deutsche Labore weiter daran. Im Pferdebereich ist das hingegen alles noch Neuland.

Mehr Informationen finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.