Text: Nora Dickmann      Foto: Adobe Stock/ Alexia Khruscheva

„Mein Pferd hat Hufrolle“ – für diese Aussage erntet man häufig viel Mitleid und viele Therapieempfehlungen. Aber eigentlich besitzt jedes Pferd eine Hufrolle. Sie ist nämlich der Sammelbegriff für verschiedene anatomische Strukturen im Huf und besteht aus drei Komponenten. Eine Erkrankung dieser Strukturen nennt man eine Hufrollenentzündung

Woraus besteht die gesunde Hufrolle, und welche Aufgabe hat sie?

Die Hufrolle besteht aus drei Komponenten: Dem Strahlbein, dem da­rüber gleitenden Anteil der tiefen Beugesehne, die um das Strahlbein herum an das Hufbein zieht, und einem Schleimbeutel. Die Hufrolle und ihre Funktion sind damit ein wichtiger Bestandteil der Gelenk­mechanik des Hufes. Eine akute Hufrollenentzündung entsteht durch

eine das Horn durchbohrende Verletzung, beispielsweise durch einen Nageltritt. Die degenerative Erkrankung der Hufrolle kann durch ver­schiedene Ursachen ausgelöst werden, wie Überlastung der Vorhand, fehlerhafte Hufkorrekturen, ungepflegte oder kranke Hufe sowie zu kurze Eisen. Außerdem kann eine unzureichende oder falsche Versor­gung von Mineralstoffen und Vitaminen sowie Stellungsfehler oder Aufzuchtfehler Auslöser für Podotrochlose sein.

Wodurch entsteht eine Hufrollenentzündung, und wie äußert sich diese?Man unterschiedet zwischen einer Hufrollenentzündung (Podo­trochlitis), die meist infektiös ist, und der Podotrochlose, einer degenerativen, ohne Erreger ablaufenden Hufrollenerkrankung. Diese zählt zu den häufigeren Lahmheitsursachen, aber vor al­lem ist sie die häufigste Ursache für eine immer wieder auftre­tende Stützbeinlahmheit. Von dieser Krankheit können Pferde, egal welchen Alters, betroffen sein. Meist sind es jedoch ältere Reitpferde oder Sportpferde, vor allem aber Springpferde, da diese nach jedem Sprung mit ihren Vorderbeinen das gesamte Gewicht auffangen müssen.

Bei einer Podotrochlose ist der Beginn meist schleichend. Meist ist bei Ausbruch noch keine Lahmheit zu erkennen, eine Leis­tungsminderung ist allerdings erkennbar. Da häufig beide Vorder­beine gleichzeitig erkranken, ist meist keine eigentliche Lahmheit erkennbar, sondern eher eine Bewegungsstörung. Das Pferd läuft flach und klamm und zeigt deutliche Wendeschmerzen. In Ruhephasen stellt das Tier die Vorderbeine abwechselnd nach vorne und entlastet sie so. Einige Pferde neigen zum Stolpern. Bei einer chronischen Strahlbeinlahmheit entwickeln sich teilweise von au­ßen sichtbare Veränderungen des Hufes. Durch das Auffußen im Zehenbereich entstehen zudem stumpfe Hufformen.

Wie sieht die Behandlung aus, und welche Komplikationen können auftreten?

Kann der Schleimbeutel in der Hufrolle seine Funktion nicht mehr oder nur noch eingeschränkt erfüllen, so gleitet die Seh­ne nicht mehr ohne Reibung über das Strahlbein. Diese entzün­det sich dann ebenfalls. Diese Rauigkeit reizt die Beugesehne. Die Folgen sind Defekte im Knorpel­ und Sehnengewebe. Diese ent­stehenden Schmerzen versucht das Pferd mit Trachtenschonung zu umgehen. Im fortschreitenden Verlauf der Podotrochlose entstehen Verwachsungen zwischen Sehne und Strahlbein. Die Huf­ rolle kann ihre Funktion nicht mehr erfüllen. Das Knochengewe­be wird langsam zerstört und kann sich sogar auflösen.

Die Diagnose einer Hufrollenerkrankung wird durch eine Lahmheitsuntersuchung gestellt: Dabei geben neben dem Gang­bild sogenannte Provokationsproben in Form von Wendungen und Beugeproben sowie eine Leitungsanästhesie Aufschluss über die Erkrankung. Über weiterführende Diagnoseverfahren wie Röntgen und gegebenenfalls Ultraschall, CT und MRT kann die Diagnose im Anschluss gesichert werden.

Je nach Vorbericht, Lahmheitsgrad und Ergebnis gibt es verschiedene therapeutische Möglichkeiten. Eine Änderung der Hufbearbeitung und/oder des Beschlags, die Gabe von durch­ blutungsfördernden, entzündungshemmenden, sehnenheilen­ den oder knochenaufbauenden Medikamenten, Stoßwellenthe­rapie oder chirurgische Maßnahmen können eingeleitet werden. Die Prognose bei der Hufrollenerkrankung ist von vielen Fakto­ren abhängig. In der Regel ist allerdings die Wahrscheinlichkeit eines Rückfalls oder des Fortschreitens der Erkrankung hoch. Durch eine passende Therapie und ein gutes Haltungs-­ und Trainingsmanagement kann oftmals die Funktion der Hufrolle wieder hergestellt werden und einem Fortschreiten der Erkran­kung entgegengewirkt werden.

Kann man einer solchen Erkrankung vorbeugen?

Jeder Arbeitsphase sollte eine ausreichende Ruhephase voran­ gehen, um das Tier nicht zu überlasten. Scharfe Wendungen auf der Vorhand und zu hohe Sprünge sollten vermieden werden. Ist das Pferd an Podotrochlose erkrankt, sollten harte Böden und starke Belastungen der Vorhand zusätzlich vermieden wer­ den. Eine Gymnastizierung der Hinterhand ist wichtig, damit die Vorhand entlastet werden kann. Die Leistung sollte stets dem Pferd angepasst werden.

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