Text: Nora Dickmann       Foto: www.Slawik.com

Es gibt kleine und große, dicke und dünne Menschen – ein paar Rundungen sind kein Grund, aufs Reiten zu verzichten. Allerdings sollte das Pferd passend ausgesucht werden. Nicht alle Vertreter einer Robustpferderasse sind zwangsläufig Gewichtsträger

Oft liest man, das Pferd sei ein Gewichtsträger. Gibt es so etwas überhaupt?

Ein Zuchtziel „Gewichtsträger“ gibt es nicht. Die klassischen Ziele sind Dressur-, Spring-, Vielseitigkeits-, Renn-, Zucht- sowie Zugpferde. Das Einsatzgebiet „Gewicht tragen“ bildet in der gemeinsamen Geschichte von Pferd und Mensch nur eine Nische. So gibt es beispielsweise im Rahmen der deutschen Gebirgstruppe der Bundeswehr das „Einsatz- und Ausbildungszentrum für Tragtierwesen 230“ in Bad Reichenhall, welches der Aus- und Weiterbildung von Tragtieren sowie der Weiterentwicklung des militärischen Tragtierwesens dient. Gezüchtet wird dort aber nicht, es werden vielmehr geeignete Tiere zugekauft. Meist werden Haflinger und Maultiere verwendet, da sie sich dank der mittleren Größe und des kräftigen Körperbaus mit einer gewissen Geschicklichkeit am besten für das Tragen von Gewicht eignen – auch im schwierigen Gelände.

In den Gebirgsregionen des Mittelmeeres hat sich auch der Esel als gebirgsgängiges und kräftiges Tier über viele Jahrhunderte hinweg als Lasttier etabliert. Es gibt also Gewichtsträger, aber es ist kein Zuchtziel. In Verkaufsanzeigen findet man unter dieser Rubrik ein mittelgroßes bis großes, kräftiges, eher im Kaltbluttyp stehendes Pferd.

Getreu dem Motto: Wer selbst groß und gut bemuskelt ist, kann auch viel tragen. Stimmt das?

Isländer und Haflinger werden oft genannt, wenn es darum geht, welche Rassen als Gewichtsträger gelten. Diese haben oft Kaltblutvorfahren. Auch ein kurzer, gut bemuskelter Rücken und dicke Knochen suggerieren eine Eignung als Gewichtsträger. Deswegen bleiben die schmalen, grazilen Pferde mit Araber- und Vollblutanteilen aufgrund ihrer Zuchtgeschichte außen vor. Gewichtsträger gehen vor allem Schritt, auch im Gelände. Trab und Galopp werden eher weniger gefordert.

Gibt es eine Faustformel, wie viel Gewicht ein Pferd tragen kann oder darf?

Es müssen viele Faktoren berücksichtigt werden, es gibt also keine klare Faustformel. Es hängt vom Training des Pferdes ab. Eine langsame Steigerung des Reiter- oder Traggewichtes trainiert die Muskulatur, die Sehnen sowie die Knochen und führt langsam, aber sicher zu größerer Tragkraft. Auch das Eigengewicht und die Größe des Pferdes, seine natürliche Muskelmasse und die (un-)trainierte Bauchmuskulatur sowie die Länge des Rückens spielen eine Rolle. Gleiches gilt für den geschmeidigen Sitz und die Einwirkung des Reiters.

Merkt man, wenn das Pferd gewichtsmäßig überlastet ist? Und wenn ja, woran?

Ist das Tier gewichtsmäßig überlastet, ist es nicht mehr in der Lage, das Reitergewicht mit einem aufgewölbten Rücken zu tragen, und kann deswegen keinen Schwung entwickeln. Auch auffälliges Stolpern oder der Wechsel in eine niedrigere Gangart können Anzeichen einer Überlastung sein. Man sollte bedenken, dass es für diese Hinweise auch andere Ursachen geben kann. Als guter Anhaltspunkt sollte das Pferd grundsätzlich den Reiter „abdecken“, und beide sollten zusammen ein harmonisches Gesamtbild abgeben.

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