Text: Aline Müller         Foto: www.Slawik.com

Wenn Pferde eine Stimme hätten, was würden sie uns sagen? Die Verhaltensbiologin Marlitt Wendt setzt sich für das Pferdewohl und ethische Grundsätze ein. Für sie ist klar: Nur gemeinsam können wir etwas verändern

Ja, der Themenbereich Glück ist nicht nur in der Humanmedizin Gegenstand der Forschung. Auch in Bezug auf Pferde fragen sich Wissenschaftler, was denn Glück wohl ausmacht. Wohlbefinden kann viele Gesichter haben: Kopf an Kopf mit dem besten Kumpel zu grasen oder inmitten der Herde über die Wiese zu streifen. Aber auch ein genüssliches Sandbad ist Wellness für die Vierbeiner. „Einig sind sich die Forscher des neuen Zweiges der wissenschaftlichen Glücksforschung darin, dass Glück ein Gefühl von Zufriedenheit ist und ein Erleben eines gelungenen Moments mit eindeutigen physiologischen Reaktionen korreliert und dies auch bei unseren Pferden zu beobachten ist“, schreibt Marlitt Wendt. Dabei würden Glücksgefühle alle positiven Empfindungen von stillen Momenten der Ruhe bis zu euphorischen Zuständen umfassen. Bei uns Menschen entstünden Glücksgefühle aus der Freude an der eigenen Aktivität, aus dem Wohlbefinden des eigenen Zustands oder aus einer erfüllenden Beziehung heraus. „Analog dazu können wir auch das Glück der Pferde auf vielen unterschiedlichen Ebenen betrachten: Auf der Ebene der Tierart Pferd ist es interessant, sich zu vergegenwärtigen, wie das Pferd in der Natur lebt und wie es dort den Zustand der Zufriedenheit erreicht“, so die Verhaltensbiologin.

Zudem ist da aber auch noch die Ebene des Individuums. Auf dieser ist es unter anderem entscheidend, sich immer wieder zu fragen, welche Bedürfnisbefriedigung für das jeweilige Pferd wichtig ist. Schließlich kommen wir nicht drumherum, ebenso unsere eigene zentrale Rolle und Verantwortung in den Fokus zu rücken und zu betrachten, wie wir selbst das Glück unserer Pferde auf der Beziehungsebene beeinflussen.

Mit offenen Augen hinterfragen

In Beziehungen werden wir automatisch mit gewissen (alten) Ängsten, Hoffnungen oder Mustern, die zum Vorschein kommen, konfrontiert. Das gilt auch für die Pferd-Mensch- Beziehung. Nicht selten projizieren wir unsere Wünsche aber eben auch Ängste und Co. auf unsere Vierbeiner. Wir haben gewisse Erwartungen an uns selbst und an das Pferd. Das kann zu einem enormen Druck und dem Streben nach Perfektion oder zu einer Überfürsorge führen. Letztere sorgt schon bei Kindern für Probleme und tut auch unseren Pferden nicht gut. Wir alle haben gewisse moralische Werte, jedoch fällt es uns oft schon schwer, diese im eigenen Leben zu erfüllen. Denken Sie an folgendes Beispiel: Wie lange sitzen Sie am Tag? Obwohl der Mensch nicht zum Sitzen gemacht ist, ist ein großer Teil der Gesellschaft darauf ausgerichtet, dass wir es trotzdem tun. Vom Arbeiten am PC bis hin zum Sitzen im Zug. Es wurde ein Kompromiss gefunden, um die anstehende Arbeit mehr oder weniger bequem zu erledigen. Es stellt sich allerdings die ethische Frage, ob das in Hinsicht auf die Natur des Menschen wirklich zuträglich ist.

Wenden wir dieses Beispiel nun auf Pferde an. Auch sie sind nicht zum Tragen von Lasten gemacht. „Wenn wir sie dennoch reiten wollen, ist es unsere moralische Verpflichtung zu entscheiden, wie wir die Ausbildung fair gestalten, ihre Muskulatur durch Training kräftigen oder passendes Equipment auswählen“, gibt Marlitt Wendt zu bedenken. Im Gegensatz zu uns Menschen, die eine Stimme haben, können sich Pferde allerdings nicht verbal zu unseren Entscheidungen äußern. Daher sollten wir immer auch bemüht sein, die Sprache der Pferde verstehen zu lernen und eine gute Kommunikationsbasis zu schaffen, die auf Vertrauen, Sicherheit sowie fairen und klaren Regeln gründet.

Den gesamten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.