Text: Inga Dora Schwarzer           Foto: www.Slawik.com

Sagt Ihr Pferd oft Nein? Reagiert es nicht wie gewünscht auf Ihre Fragen? Dann respektieren Sie seine Antwort – es wird einen Grund dafür haben. Besser noch: Lassen Sie es gar nicht so weit kommen, sondern machen Sie sich die Umkehrpsychologie zunutze. In jedem Nein steckt nämlich auch ein Ja. Sie müssen es nur finden

Ein Ja fühlt sich völlig anders im Körper an als ein Nein. Ein Ja ist nicht nur ein Wort. Es ist eine kraftvolle Entscheidung, die so viel mehr bewirken kann als ein Nein. Pferde drücken ihr Ja aus, indem sie höflich miteinander umgehen – und zwar so, wie wir es uns Menschen im Zusammensein mit den Tieren wünschen. „Harmonie in der Herde zeigt sich vor allem über den Rhythmus der Bewegungen sowie in Tageszeit und Wetterbedingungen angemessenen Fokusänderungen. Die Pferde wechseln nicht nur rein körperlich den Raum, sondern auch gedanklich von einem Themenbereich zum anderen. Das geschieht regelmäßig und überlegt“, erklärt Ursula Schuster, lizenzierte 3-Sterne-Parelli-Instruktorin aus dem baden-württembergischen Wolfegg.

Harmonie in der Herde

Das Ohrenspiel der Tiere ist rhythmisch oder entspannt, die untere Lippe ist locker oder zumindest nicht kleiner als die Oberlippe, die Augen wirken weich und, je nach Situation, etwas schläfrig oder aufmerksam. Ausgeglichenheit in der Gruppe lässt sich ferner durch die Positionen der Individuen untereinander ablesen. „Wenn Pferde parallel oder gespiegelt zueinanderstehen oder sich bewegen, signalisiert dieses Verhalten Einträchtigkeit. Dabei spielen auch die Distanzen zueinander eine Rolle. Soziale Kompetenz und die damit einhergehende Harmonie bestehen dann, wenn Pferde feine Zeichen respektieren und auf die subtile Mimik eines Artgenossen reagieren. So weichen sie sich beispielsweise aus, ohne dass eines deutlicher in seiner Ausdrucksweise werden muss“, so die Ausbilderin. Jedes Mitglied darf eine individuelle Distanz verlangen, muss sie aber auch gewähren, wenn es dazu von einem anderen aufgefordert wird. So reguliert sich das System der Herde untereinander. „Pferde lieben positive Muster und Gewohnheiten, die durch die erfahreneren Tiere kommuniziert und etabliert werden. Eine kompetente Führung auf Basis von guten Entscheidungen, Vorgaben und Grenzen geben ihnen die notwendige Sicherheit und erleichtern ihnen, sich in ihrer aktuellen Position zurechtzufinden“, weiß die Expertin.

Ein freundlicher Umgang untereinander hängt jedoch maßgeblich von der Herdenkonstellation ab. Eine nach Alter, Geschlecht und Charakter passend zusammengestellte Gruppe habe einen großen Einfluss auf das gesamte soziale Gefüge. Erstrebenswert sei eine gemischte Herde unterschiedlichen Alters, die ausreichend Platz und Futterstellen habe, sagt sie. Herrscht hingegen Platz-, Bewegungs- oder Futtermangel, erhöht sich der allgemeine Stress. Die Folgen? Innerhalb der Herde nimmt das Nein-Sagen zu. Hektik und Unruhe breiten sich aus. „Einzelne Pferde fordern durch Beißen oder Schlagen deutlich mehr Raum ein. Sie wenden eine höhere Phase an, das heißt, sie werden in ihrer Kommunikation gegenüber ihren Artgenossen schärfer. Die soziale Kompetenz sinkt“, verdeutlicht Ursula Schuster. Wenn die Bedürfnisse der Tiere nach Sozialkontakt, Bewegung, Sicherheit und Komfort auf Dauer zu wenig erfüllt sind, können sich solche Verhaltensweisen sogar als negative Muster etablieren. Phasenweise entsteht Anspannung durch bestimmte Bedingungen in der Umgebung (z.B. Bedrohungsszenarien wie Eindringlinge oder unbekannte Objekte, extreme Wetterlagen oder Lärm). „Je dichter Pferde beisammenstehen, desto erkennbarer ist der Stress, der durch Umwelteinflüsse auf sie übertragen wird“, erklärt die Trainerin.

Erlerntes Verhalten

Hat es sich Ihr Pferd zur Gewohnheit gemacht, sich grundsätzlich durch viel Druck einen gewissen Raum und Aufmerksamkeit zu verschaffen? Dann neigt es dazu, genau dieses Verhalten im Zusammensein mit dem Menschen anzuwenden, denn es führt aus seiner Sicht zu mehr Wohlbefinden – oder weniger Stress – und somit zum gewünschten Ziel.

Den kompletten Text finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.