Text: Inga Dora Schwarzer    Foto: www.Slawik.com

Reiter wünscht sich ein eifrig mitarbeitendes Pferd im Training. Entsteht daraus aber Übereifer, kann das Reiten zu einer Herausforderung werden. Jetzt sind Geduld, Feingefühl und Cleverness gefragt, um die überschüssige Energie in kontrollierte Bahnen zu lenken

Pferde, die vor Übereifer nur so strotzen, sind wie Dampfkessel auf vier Beinen. Dampfkessel, das sind geschlossene, mit Wasser befüllte Behälter, die mit einer Feuerungsanlage verbunden sind, um Wärme zu erzeugen. Die Energie geht auf das Wasser über und erhitzt es, bis die Flüssigkeit siedet und einen dampfförmigen Zustand erreicht. Der Dampf strömt aus dem Kessel heraus und lässt sich für verschiedene Prozesse nutzen. Unter bestimmten Umständen kann es aber passieren, dass der Druck im Dampfkessel zu stark ansteigt. Dann kommt das Sicherheitsventil ins Spiel. Es sitzt oben auf dem Behältnis und öffnet sich, wenn der Druck einen bestimmten Wert übersteigt.

Starker Bewegungsdrang

Haben Sie ein solches Dampfkessel-Prachtexemplar unter dem Sattel? Und sind Sie manchmal in Sorge, dass Ihnen der Deckel um die Ohren fliegt? Dann übernehmen Sie die Funktion des Sicherheitsventils, kanalisieren Sie den Druck, lassen Sie ihn kontrolliert sinken und nutzen Sie dann die Energie positiv für das Reittraining. Besser noch: Lassen Sie den Druck im Kessel gar nicht erst ansteigen.

Das gelingt zunächst mit einer artgerechten Haltung. „Haben Pferde nicht die Möglichkeit zu ausreichend freiem Auslauf und unkontrollierter Bewegung auf dem Paddock oder der Weide, kommen sie aus der Box heraus und wollen sich in der kurzen Spanne des Reitens einfach bewegen. Solcher Stallmut sollte gar nicht erst aufkommen. Es ist deshalb extrem wichtig, dass man das Pferd nicht nur reitet und ihm dabei vorschreibt, wie es seine Beine zu setzen hat“, meint Ausbilderin Imke Kretzmann aus Hamburg.

Vor allem junge Pferde zeigen viel jugendliche Energie, insbesondere an kalten Tagen. „Sie reagieren noch unmittelbar nach ihrem eigenen Befinden und sind schnell unkonzentriert – richtige Teenager eben. Hier muss der Reiter eine wohlwollende, feinfühlige Kontrolle behalten. Sie dürfen und sollen sich bewegen, aber nicht losstürmen“, so die Reitlehrerin. Weiter ausgebildete Pferde hingegen sollten nicht mehr außer Kontrolle geraten, weil sie gelernt hätten, gut auf die Reiterhilfen zu reagieren. Möchten Sie dem Bewegungsdrang des Pferdes nachgeben, rät die Expertin dazu, ihm diesen Gefallen zu tun und zu Beginn des Trainings ein paar lockere Runden im Galopp zu absolvieren.

„Übereifrige Pferde zeigen oft einen Mangel an Losgelassenheit und dafür ein hohes Maß an Anspannung. Sie eilen unter dem Reiter davon und warten nicht auf seine Hilfen. Sie sind meist schenkelflüchtig, nehmen also den vorwärts treibenden Schenkel nicht an. Wird eine Bewegung durch die Eile nicht jeweils bis zu Ende ausgeführt, bevor die neue beginnt, kann es zu Unregelmäßigkeiten im Ablauf kommen, wie z.B. das Anzackeln im Schritt, Taktfehler im Trab oder kurze Galoppsprünge mit hoher Kruppe. Dem Reiter fehlt die Kontrolle über die Bewegungsabläufe. Ein Dialog mit dem Pferd findet nicht statt. Durch den entstehenden Stress kann es zudem zu Kopf- und Schweifschlagen kommen“, erläutert die Expertin.

Nach Ursachen forschen

Solche Verhaltensweisen liegen meist nicht nur in einem erhöhten Bewegungsdrang begründet. Verspannungen, Blockaden, Schmerzen, Stress, Angst oder schlichtweg Balanceverlust können weitere Auslöser sein. Ursachenforschung ist angesagt, wenn der Übereifer zu einem echten Problem wird. In diesem Fall sollte auch das reiterliche Verhalten auf dem Prüfstand stehen. Haben Sie eine klare Hilfe gegeben und führt das Pferd sie nicht aus? Dann finden Sie heraus, welcher Grund dahintersteckt. „Waren die Voraussetzungen falsch? Haben Sie ungünstig auf Ihr Pferd eingewirkt? Haben Sie zu schnelle, zu starke oder falsche Hilfen gegeben?

Antworten auf diese Fragen finden Sie in der Mein Pferd Dezember-Ausgabe.

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