Text: Aline Müller      Foto: www.Slawik.com

Eine korrekte und logisch aufgebaute Ausbildung ist die Voraussetzung dafür, dass ein Pferd in Selbsthaltung gehen kann. Dabei spielen auch der Sitz des Reiters sowie die Versammlung eine Rolle. So erreichen Sie mehr Leichtigkeit und Harmonie

„Eine gewisse Selbsthaltung finde ich bereits bei jungen Pferden, wenn ich davon absehe, die Kopf-Hals-Position des Pferdes durch die Reiterhand zu manipulieren“, sagt Mirja Mäkinen. „Zwar muss ein junges Pferd noch lernen, sich auszubalancieren, aber wenn der Reiter es nicht stört und es einfach nur durch einen Kontakt am Zügel begleitet, kann es auch in einer gewissen Selbsthaltung in der Remontenhaltung gehen.“ Natürlich unterscheidet sich diese zu einem Pferd, das bereits geradegerichtet und versammelt ist. Es verfügt über eine ganz andere Balance, Kraft und Ausdauer. Im Laufe der Ausbildung geht es also darum, das Pferd zu stärken und sowohl Schub- als auch Tragkraft zu entwickeln. Die Selbsthaltung wird je nach Ausbildungsstand aufrechter und freier. Wenn Sie auf das Brustbein und den Widerristbereich des Pferdes achten, wächst dieser regelrecht nach vorwärts-aufwärts. Selbsthaltung darf je-doch nicht mit durchhängenden Zügeln oder einer losen Anlehnung verwechselt werden. Ebenso wenig darf der Rücken durchhängen oder sich das Pferd im Hals aufrollen beziehungsweise hinter dem Zügel verkriechen und so der Anlehnung entfliehen. Vielmehr ist eine positive Körperspannung des Pferdes wichtig – also ein Spannungsbogen der Oberlinie bei herangeschlossener Hinterhand. Wenn ein Pferd in der Lage ist, sich selbst zu tragen, fällt es nicht einfach auseinander. Es behält den Rahmen bei. Dieser kann zudem jederzeit verändert werden. Sie müssen also in der Lage sein, die Tritte zu verlängern oder zu verkürzen sowie das Tempo und die Kopf-Hals-Position zu verändern. Ihr Pferd muss sich genauso jederzeit in die Dehnungshaltung schicken lassen und sich wieder aufrichten, wobei es immer willig an den Zügel herantritt.

 Falsche Leichtigkeit erkennen

Spüren Sie ganz genau nach, ob Ihr Pferd sich wirklich selber trägt oder ob es sich nicht traut, an das Gebiss heranzutreten und sich daher „leicht“ anfühlt. Meist liegt es daran, dass solche Pferde mit Kraft aufgerollt wurden. Sie sind dann aber in der Regel nicht mehr vor den treibenden Hilfen und lassen sich nicht leicht vorschicken oder haben es gelernt, nur durch Zügeleinwirkung „gebremst“ zu werden.

Die Bewegungen werden dann schnell spannig oder verkrampft, und die Pferde kommen aus dem Takt. Zur Selbsthaltung gehört auch, dass das Genick des Pferdes der höchste Punkt ist. Das lässt sich nicht durch Handeinwirkung erzwingen, sondern eine ehrliche Selbsthaltung wird erarbeitet. Reiten Sie Ihr Pferd in Arbeitshaltung: Hinterbein und Rücken arbeiten gut mit, und die Stirn-Nasen-Linie befindet sich an oder leicht vor der Senkrechten. Sie haben damit die Basis geschaffen, um die ersten Schritte in Richtung Versammlung zu schaffen. Dazu darf sich das Pferd nicht auf den Zügel legen. Ziel ist es, dass sich das Pferd immer mehr auf die Hinterhand setzt und sich dadurch besser selbst tragen kann. Arbeiten Sie zudem daran, Ihre Hilfen immer feiner abzustimmen.

Selbsthaltung des Reiters

Genauso wie jedes Pferd ein Individuum ist, so ist auch jeder Reiter anders. Häufig ist zu sehen, dass sich die Haltung des Reiters auch auf die des Pferdes auswirkt. Schaut der Reiter beispielsweise ständig mit gesenktem Kopf nach unten und fällt er dabei nach vorne und verliert die Körperspannung, dann wird auch das Pferd unter ihm tendenziell eher auf die Vorhand fallen, als sich aufzurichten. Sonst müsste es ja gegen den Reiter arbeiten. Beim Thema Selbsthaltung müssen wir uns also auch an die eigene Nase fassen und hinterfragen, wie wir auf unsere Vierbeiner einwirken.

„Manche Reiter müssen erst lernen, eine positive Spannung im Körper aufzubauen und diese selber zu halten, andere müssen erst (Ver-) Spannungen abbauen, um den eigenen Körper in Einklang mit allen Hilfen zu bekommen“, betont Mirja Mäkinen. Dies sei und bleibe ein tägliches Brot, bedürfe immer wieder Verbesserung, guter Schule und eben auch Selbstschulung, die ergänzend außerhalb des Reitens stattfinden kann. Lesen Sie sich zum Beispiel in die Themen Selbsthaltung, Versammlung, Aufrichtung und Geraderichtung ein. „Es mag lang und auch hart sein, aber die Ergebnisse später sind alle Mühen wert, denn nur so können Pferd und Reiter zur ehrlichen Selbsthaltung finden“, hebt unsere Expertin hervor.

Mehr Tipps der Expertin finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.