Text: Kerstin Niemann     Foto: Stefan Lafrentz 

„Tausend Mal berührt, tausend Mal ist nichts passiert …“ Das Treiben stellt so manchen Reiter vor ungeahnte Herausforderungen. Finden Sie heraus, warum Treiben mehr als nur „vorwärts“ bedeutet und wie es gelingt, dem Pferd so richtig Beine zu machen

Es klingt so leicht: „Alle Schenkelhilfen wirken grundsätzlich treibend. Sie werden aus einem ruhig anliegenden Schenkel gegeben (…) Ohne dass der Reiter aktiv treibt, holt sich das Pferd bei jedem Schritt, Tritt oder Sprung eine Einwirkung des Schenkels gewissermaßen selbst ab“, heißt es in den Richtlinien für Reiten und Fahren. Fast scheint es, als müsse der Reiter nichts machen, außer ruhig abzuwarten und die Dinge auf sich zukommen zu lassen. Und wenn das nicht reicht, sollte doch ein leichter Schenkeldruck genügen, damit das Pferd versteht, was der Reiter will. Oder etwa nicht?

Was im Pferdekörper abläuft

Um zu verstehen, wie Treiben abläuft, hilft ein Blick auf die Anatomie des Pferdes. Immer wenn sich das Pferd bewegt, geht es nicht nur vorwärts, sondern sein Rumpf schwingt je nach Gangart auch nach rechts und links, und der Rücken hebt und senkt sich auch noch. Das heißt, der Reiter wird dreidimensionalen Kräften ausgesetzt, denen er geschmeidig folgen muss. Das Schwingen des Rumpfes ist dabei ein zentraler Punkt. „Der Rumpf schwingt im Idealfall auf das locker herunterhängende Reiterbein zu. Seitlich am Rumpf des Pferdes liegt der äußere schiefe Bauchmuskel, und den wollen wir als Reiter anregen“, erklärt Pferdewirtschaftsmeisterin und EM-Bewegungstrainerin Helena Volmer.

Die Impulse, die vom treibenden Schenkel ausgehen, lösen eine Kontraktion dieses Muskelstranges aus, und dies überträgt sich vom Rumpf über die Hinterhand und den Rücken bis hin zum Pferdemaul – eine Art Kettenreaktion, die in der Theorie auch als Zahnradmodell beschrieben wird. „In der Reitersprache sagen wir, dass wir eine treibende Hilfe von hinten nach vorn durch den Körper fließen lassen wollen“, ergänzt Pferdewirtschaftsmeisterin und Grand-Prix-Ausbilderin Susanne Miesner.

Zu viel Gas

Damit „alles im Fluss“ ist, muss das Pferd erst einmal lernen, was es mit der treibenden Hilfe auf sich hat. Erst vor Kurzem hat Susanne Miesner ein Buch zur Jungpferdeausbildung veröffentlicht. Darin beschreibt sie, wie aufwändig eine solide Jungpferdeausbildung ablaufen sollte – und an wie vielen Stellen Probleme durch falsche reiterliche Einwirkung entstehen, die häufig nur über mehr oder weniger aufwendige Korrekturarbeit gelöst werden können.

„Zunächst machen wir uns zunutze, dass das Pferd als Fluchttier von Natur aus vorwärts will. Vorwärtsgehen sollte mit Schenkeldruck, vermehrter Kontakt zum Pferdemaul mit Abfangen der Bewegung verknüpft werden. Es ist wichtig, in den ersten Monaten der Ausbildung dem Pferd das Zusammenspiel der treibenden und verhaltenden Hilfen verständlich zu machen.“ Miesner hat oftmals den Eindruck, dass in der Jungpferdeausbildung zu schnell zu viel aufs Gaspedal gedrückt wird und die jungen Pferde ihr Gleichgewicht nicht halten können und unsicher werden. Dadurch verspannen sie sich, und es kann keine Losgelassenheit entstehen – die aber für das Durchlassen der Reiterhilfen nötig ist.

Falsches Verständnis fürs Treiben

Nicht nur die zu schnelle Ausbildung vieler Pferde führt dazu, dass das Treiben im Reiteralltag häufig alles andere als ein „Selbstgänger“ ist – auch in der Ausbildung der Reiter geht nach Meinung von Helena Volmer vieles schief. „Es wird oft übersehen, dass wirkungsvolles Treiben erst möglich ist, wenn der Reiter diverse andere Voraussetzungen erfüllt“, sagt die Bewegungstrainerin.

Den gesamten Text finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.