Text: Aline Müller      Foto: www.Slawik.com

Wir geben unserem Pferd Informationen in Form von Signalen. Diese sollen ihm helfen, uns besser zu verstehen, und es durch seine Ausbildung zum Reitpferd und Freizeitpartner führen. Sarah Obieray erklärt, warum es dabei so wichtig ist, dass das Pferd das Genick öffnet und nicht hinter die Senkrechte kommt

Wenn Pferde ständig hinter der Senkrechten gehen, schadet das dem gesamten Organismus. Hier einige mögliche Folgen:

Negative Folgen für den Körper:

  • Eine Kopf-Hals-Position, in der die Stirn-Nasenlinie hinter der Senkrechten gehalten wird, egal ob in der Tiefe oder in der Höhe, hat immer negative Auswirkungen auf die anatomischen Strukturen.
  • Auf Dauer schadet das dem gesamten Körper.
  • Wenn das Pferd eingerollt geht, wird das Nackenband vermehrt gedehnt, und es kann zu Schädigungen wie Faserrissen oder Entzündungen kommen.
  • Die Ohrspeicheldrüse wird gequetscht, und auch hierdurch können teils irreversible Schäden entstehen.
  • Ohren und Augen befinden sich in einer unnatürlichen Haltung, und dadurch wird nicht nur das Sichtfeld eingeschränkt, sondern auch der Gleichgewichtssinn, welcher im Innenohr sitzt, gestört.
  • Die Kopfgelenke können sich nur mit geöffnetem Genick frei bewegen.
  • Auch ein Mobilisieren des Unterkiefers ist in eingerolltem Zustand nicht möglich.
  • Muskulär führt ein Einrollen zu einer Verkürzung und damit einer Verspannung der unteren Halsmuskulatur.

Negative Folgen für die Psyche:

  • Durch eine zu enge Einstellung des Pferdehalses ist das Gesichtsfeld des Pferdes massiv eingeschränkt, was sich auch negativ auf die Psyche auswirkt. Pferde sehen die Welt anders als wir Menschen. Sie haben nach vorne nur einen sehr kleinen Winkel, den sie mit beiden Augen sehen können (binokulares Sehfeld). Zu den Seiten sehen sie nur jeweils mit einem Auge (monokulares Sehfeld), und für Rundumsicht haben sie den langen Hals. Durch eine enge Halseinstellung nimmt man dem Fluchttier Pferd nun die Sicht nach vorne, und es muss quasi blind durch die Gegend laufen.
  • Das eingeschränkte Sichtfeld und die fehlende Balance können das Pferd verunsichern oder sogar Panik auslösen.
  • Hat das Pferd Schmerzen, wird auch die Psyche leiden. Manche Pferde ergeben sich regelrecht ihrem Schicksal (erlernte Hilflosigkeit), andere Tiere zeigen stattdessen ein Abwehrverhalten.

So können Sie selbst merken, dass Ihr Pferd zu eng geht, und es gleich anders machen:

  • Ein guter Anhaltspunkt ist der Genickriemen. Wenn der nach vorne/unten verschwindet, ist das Pferd zu eng und oder zu tief. Sarah Obieray stellt sich dazu eine Tasse mit Untertasse im Genick vor: Kippt sie nach vorne um, muss ich korrigieren. Zu Anfang lieber beim geringsten Zweifel freundlich das Genick öffnen.
  • Geht der Zug nach vorne verloren, könnte es sein, dass das Pferd hinter das Gebiss geht und das Genick schließt.
  • Je tiefer das Genick kommt, desto weiter muss die Nase nach vorne, also der Zügel deutlich länger werden.
  • Viele Reiter haben das Glück, dass sie Spiegel in der Reithalle haben. „Pivo“ ist erschwinglich geworden, und es ist ein Trend bei vielen, sich in jeder Lebens- oder Reiterlage filmen zu lassen.
  • Machen Sie die Augen auf, begeben Sie sich optisch auf Fehlersuche, schulen Sie Ihre Augen und seien Sie dabei ehrlich und selbstreflektierend. Suchen Sie sich gute Reitlehrer, die bekannt dafür sind, auf solche Probleme hinzuweisen und aktiv daran zu arbeiten.
  • Wichtig ist auch, sich immer wieder die Silhouette korrekt laufender Pferde anzuschauen und sie mit dem eigenen Bild abzugleichen.

Mehr Informationen finden Sie in der Mein Pferd September-Ausgabe.