Text: Inga Dora Schwarzer     Foto: www.Slawik.com

Mit einem Pferd geht der Mensch eine Langzeitbeziehung ein. Deshalb sollten Sie bei der „Partnersuche“ einige Dinge beachten. Linda Naeve-Haht zeigt, wie Sie Ihr Traumpferd finden und worauf es beim Probereiten wirklich ankommt

Was sagt das Bauchgefühl?

Anschließend können Sie sich das Pferd vorreiten lassen, um sich ein Bild von unten zu machen und sein Potenzial einzuschätzen. „Das eigene Probereiten ist aber wichtiger als das Vorreiten. Dies ist der beste Weg, ein Gefühl füreinander zu erhalten. Wir begrüßen es, wenn der eigene Coach zumindest einmal mitgebracht wird, um auf Pferd und Reiter zu achten und das Reiten zu kommentieren“, so die Ausbilderin. Falls keine weitere Person mit vor Ort sein kann, ist es hilfreich, den Ritt filmen zu lassen. „Weitere Meinungen machen unter Umständen Sinn. Man sollte aber stets kritisch betrachten, welche Interessen oder Desinteressen Dritte am Kauf oder an der Absage eines Pferdes tatsächlich haben. In einigen Fällen spielen eigene Verkäufe, im niedersten Fall Neid eine Rolle“, gibt sie zu bedenken. Wie im täglichen Leben auch sollte man sich lieber mehr auf den ersten Eindruck und auf sein Bauchgefühl verlassen.

Jetzt geht es auf den Reitplatz oder in die Reithalle. Beim ersten Proberitt können Sie das noch fremde Pferd näher kennenlernen. Wie fühlen sich seine Grundgangarten an? Geht es im Takt? Zeigt es Spannungen? Kann es die Anforderungen des angegebenen Ausbildungsstandes erfüllen oder nicht? Und wie fühlen Sie sich im Sattel? „Die Chemie muss stimmen. Das ist die Grundvoraussetzung für eine treue Partnerschaft. Wenn die Ausbildung von Pferd und Reiter harmoniert, führt dies zum Erfolg. Reagiert das Pferd auf die Hilfengebung, so versteht das Pferd den Reiter. Anders herum muss der Reiter auch das Pferd verstehen und auf dessen Bedürfnisse sowie mögliche Ausbildungslücken reagieren und seine Hilfengebung darauf einstellen. Pferd und Reiter sollten – wie bei uns Menschen – auf einer Wellenlänge sein“, meint Naeve-Haht. Ebenso müssten die Empfindsamkeiten miteinander korrespondieren. „Wir klären die Typfrage bei uns auf dem Hof immer sehr bald. Über das harmonische Miteinander zwischen beiden sollten sich viel mehr Coaches, Züchter und Ausbilder Gedanken machen“, wünscht sich die Expertin.
Finden Pferd und Reiter in der gegenseitigen Ansprache nicht zueinander, passen sie vielleicht einfach nicht zusammen. Passiert dies bei mehreren Pferden, sollte der Reiter das Probereiten an einem anderen Tag erneut versuchen, weil die Ursache in seiner Tagesverfassung liegen könnte, ergänzt sie.

Zweites Probereiten

Bei einem guten Gefühl empfiehlt es sich, das Pferd ein zweites Mal Probe zu reiten. Gleiches gilt, wenn der Reiter beispielsweise Probleme im Sitz oder in der Hilfengebung habe und das eigene Ausprobieren deshalb nur eingeschränkt möglich sei. „Jedes Probereiten in einer angeschlossenen, qualifizierten Reitschule bringt neue Erkenntnisse. Es kann nicht zu viel Probe geritten werden, nur zu lange. Deshalb sollte man sich an einem Tag auf ein oder zwei Reiteinheiten bis jeweils höchstens 45 Minuten pro Pferd beschränken“, so die Ausbilderin. Potenzielle Käufer sollten darüber hinaus ein Gefühl für möglichst viele verschiedene Situationen bekommen, selbst wenn die Ankunft im neuen Stall mit dem dazugehörenden Verhalten des Pferdes schwer nachzustellen sei. Dazu gehört für sie neben dem Proberitt auf dem Reitplatz mit Begleitung eines professionellen Coaches ein Ritt ins Gelände oder durchs Wasser.

Ein unendliches Ausprobieren sollte hingegen vermieden werden, sagt Naeve-Haht, denn für viele Angebote würden Fristen gelten. „Ausgebildete und gesunde Pferde sind momentan ein knappes Gut. Wenn man sich also erst nach Wochen für ein weiteres Probereiten eines bestimmten Pferdes entscheidet, welches einem ohnehin schon gefallen hatte, muss man sich darauf einstellen, dass es bereits verkauft worden ist. Daher heißt es dranzubleiben und zuschlagen, wenn das Gefühl gut ist“, lautet ihr Rat. Aber: Lassen Sie sich nicht drängen, ein Pferd zu kaufen. „Kunden sollten wachsam sein, wenn der Verkäufer Druck aufbaut und behauptet, dass z.B. andere Interessenten Schlange stünden und das Pferd kaufen wollten. Dies darf niemals zu einer unüberlegten Entscheidung führen. In inflationären, knappen Angebotsphasen wie den jetzigen kann es tatsächlich sein, dass mehrere Interessenten um ein Pferd bieten. Es gibt aber ebenfalls Verkäufer, die dies nur vorspiegeln, um den Abschluss zu beschleunigen und eventuelle Mängel zu verdecken“, warnt die Ausbilderin.
Ein seriöser Vermittler hat außerdem ein Interesse daran, dass es dem Pferd nach dem Verkauf gutgeht. „Uns ist es wichtig, dass der Mensch seinen richtigen Partner während einer harmonischen Reiterreise findet und sich mit ihm persönlich und sportlich weiterentwickeln kann. Sehr wichtig ist, dass das Pferd ein optimales neues Zuhause bekommt, in dem es positive Aufmerksamkeit, artgerechte Haltung und ein Training erhält, welches ihm gerecht wird und es glücklich erhält“, so die Expertin. Dazu zählen für sie u.a. eine angepasste Höchstgewichtsgrenze des Reiters oder Reiterin, eine feine Reitweise sowie eine regelmäßige Gesundheitsvorsorge. Das Heinshof-Team zieht auch schon mal ein Angebot zurück, wenn es der Meinung ist, dass Kunde und Pferd nicht zusammenpassen oder nicht die finanzielle Möglichkeit gegeben ist, es nach ihren Vorstellungen zu halten und zu trainieren. Ferner werden keine Pferde verkauft, die für den Embryotransfer, das Klonen oder den Export in Länder mit geringem Tierwohl vorgesehen sind. Gleichermaßen werden pferdeunfreundliche Reitweisen (z.B. das Reiten mit harter Hand) abgelehnt.

Den kompletten Artikel finden Sie in der aktuellen Mein Pferd- Ausgabe.