Text: Irina Bollien über ihren Onkel Andrej     Foto: Andrej Karpuchin

Russland … Es gibt unzählige Möglichkeiten, das Ausmaß und die Weite dieses Landes zu erkunden. Aber vielleicht die aufrichtigste von allen ist, auf einem zuverlässigen Pferd zu reiten, das einen auch in den abwegigsten Situationen nicht im Stich lässt. Anstrengende Etappen, aber atemberaubende Landschaften und ein einzigartiges Gefühl der Einheit von Mensch, Pferd und Natur – willkommen im Altai-Gebirge! Ein paar Worte über die Ureinwohner des Altai. Historisch gesehen sind die Altai ein Nomadenvolk. Das raue kontinentale Klima mit seinen kurzen, aber heißen Sommern und frostigen Wintern zwang die Menschen, mehrmals im Jahr ihr Vieh durch die Landschaft zu treiben, um sich an die sich ändernde Natur anzupassen. Infolgedessen ist das Wort „Altai“ fast gleichbedeutend mit dem Wort „Reiter“. Es wird gemunkelt, dass Kinder im Altai vor dem Gehen das Reiten lernen, und der lokale Dialekt enthält mehrere einzigartige Wörter für Pferde unterschiedlichen Alters. Andrej Karpuchin, Direktor des russischen Reisebüros „Kid and Karlson“, spürte die Unberechenbarkeit und die Originalität des Altai. Andrej absolvierte zu verschiedenen Jahreszeiten zwölf mehrtägige Pferdewanderungen im Altai.

Einen typischen Tag für abenteuerlustige Bergwanderer beschreibt Andrej so: „Nach einer Nacht im Zelt standen wir gegen 8 Uhr auf, frühstückten am Lagerfeuer, um im Anschluss ca. vier bis sechs Stunden bis zum nächsten Routenpunkt zu reiten, je nach Wetter.“ Aber gerade im Hochgebirge gilt: Man weiß nie, was der kommende Tag bringen wird. Bei einer Wanderung im September sank die Temperatur in den Bergen unerwartet stark auf minus 18 Grad. Ein Schneesturm begann, ein scharfer Wind mit Schnee. Andrej und die Gruppe mussten dringend zur letzten festen Basis weiter unten im Tal zurückkehren. In sieben Stunden im Sattel passierten sie drei Pässe und entkamen auf wundersame Weise den Klauen des schlechten Wetters. Die Pferde gingen hüfthoch im Schnee und sanken ein, aber trugen die Reiter zuverlässig. Gegen erfrierende Finger zog Andrej neben Handschuhen auch Wollsocken an, und als seine Beine in den Steigbügeln an Empfindlichkeit verloren, sprang er vom Pferd und rannte durch den Schnee, um sich aufzuwärmen. Dank der Erfahrung des Ausbilders und der Ausdauer der gesamten Gruppe war es möglich, wohlbehalten zur Basis zurückzukehren.

Glücklicherweise sind solche Extremsituationen eher die Ausnahme von der Regel. Die Hauptschwierigkeiten, so Andrej, die jeden Tag überwunden werden müssen, sind eher ein extremer Wechsel von den Vorteilen der Zivilisation zu den Gegebenheiten der Natur. Mangel an Heizung, Strom, Mobilfunk und einer „warmen Toilette“. Aber all diese Entbehrungen werden durch den Blick auf das Sternenzelt bei Nacht, das Knistern von Holzstämmen im Feuer und das Rascheln des Windes in den sibirischen Kiefernspitzen voll bezahlt. Wenn Sie darüber nachdenken, ist der Mangel an Annehmlichkeiten ein so geringer Preis für die Möglichkeit, zum Beispiel kristallklares Wasser aus Gebirgsflüssen zu trinken, indem Sie einfach von Ihrem Pferd springen. „Wenn Sie jeden Tag mehrere Stunden im Sattel verbringen und die unberührte Natur des Altai genießen, werden die Gedanken vom Trubel der Städte befreit und fließen reibungslos entlang des Flusses der Zeit “, fasst es Andrej zusammen. Wahrscheinlich ist dies das wichtigste Geschenk des Altai, das jedem zur Verfügung steht, der keine Angst vor der Härte dieser Region hat.

Unerschrockene Abenteurer können es Andrej gleichtun, es gibt viele, auch deutschsprachige Angebote, die russisch-mongolischen Grenzregionen im Sattel zu erkunden.

Irina Bollien über ihren Onkel Andrej

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