Text: Nora Dickmann        Foto: Archiv Deckstation Paul Schockemöhle

Erst selbst ein Talent im Dressurviereck, dann einer der bedeutendsten Stempelhengste der deutschen Dressurpferdezucht ist tot: Sandro Hit

Sandro Hit wurde von Reinhold Harder gezogen und kam 1993 zur Welt. Der Sandro-Song-Sohn geht mütterlicherseits auf Loretta von Ramino-Welt As zurück. Sie ist auch Mutter von Diamond Hit und Royal Hit. Der Vater Sandro Song war 1990 Körsieger und 1992 Hauptprämiensieger. Noch im Fohlenalter wurde der schwarze Hengst bereits von Paul Schockemöhle ersteigert, bei dem er sein ganzes Leben verbrachte.

Seine sportliche Karriere ist sehr überschaubar: 1999 wurde der Stempelhengst unter Dr. Ulf Möller Weltmeister der sechsjährigen Dressurpferde im niederländischen Arnheim und im selben Jahr zum Bundeschampion. Fortan wurde er allerdings vorrangig in der Zucht eingesetzt. Vor allem Typ, Ausstrahlung, Rittigkeit und Bewegungspotenzial konnte der Vererber an seine Nachkommen weitergeben. Es gibt mittlerweile kaum ein Zuchtgebiet im In- und Ausland, das sich nicht seiner Genetik bedient.

Seit 2012 gehört Sandro Hit zu den besten zehn des World Breeding Federation for Sport Horses (WBFSH) Sire Rankings. Bei diesem Ranking werden alle Dressurpferdevererber der Welt erfasst. 2017 und 2018 war er Zweiter, seit 2019 ist er nun Dritter. Die Bewertung in diesem Jahr dürfte allerdings noch mal spannend werden, denn allein bei den Olympischen Spielen stellte Sandro Hit drei direkte Nachkommen – mehr als jeder andere Hengst. Unter Dorothee Schneider holte sein Sohn Showtime im Mannschaftswettbewerb der Dressur Gold, sein Sohn Salvino konnte sich unter Adrienne Lyle für die USA eben- falls eine Medaille sichern.

Mit über 200 gekörten Söhnen, darunter zahlreiche Körsieger, Prämienhengste und Hengstmarktspitzen, kann Sandro Hit überzeugen. Zwei von ihnen sind in Mühlen, seinem eigenen Heimatstall, stationiert: Sir Donnerhall I und San Amour. Auch diese beiden Hengste genießen längst selbst den Ruf von Stempelhengsten. Sir Donnerhall I wurde zum vielleicht größten Konkurrenten seines Vaters. Vor allem in der Zucht lässt sich Sandro Hits Sprössling nicht lumpen: 214 S-erfolgreiche Dressurpferde waren im vergangenen Jahr in deutschen Vierecken unterwegs, deren Vater Sir Donnerhall war. Aber auch San Amour ist Hauptbeschäler im Stall Schockemöhle und hat 73 Nachkommen, die 2020 in S-Dressuren erfolgreich liefen.

Paul Schockemöhle ist begeistert: „Ich bin sehr froh, qualitätsvolle Söhne von Sandro Hit auf Station zu haben, die seine wunderbaren Gene sichern.“ Aber nicht nur die Hengste, auch Sandro Hits Töchter können sich sehen lassen. Eine der Erfolgreichsten ist Poetin. Sie wurde für die Rekordsumme von 2,5 Millionen Euro über die P.S.I. Auktion versteigert. Ebenfalls Doppel-Gold bei den Bundeschampionaten sowie Bronze bei der Dressurpferde-WM gewann die Oldenburger Siegerstute Silberaster OLD. Isabell Werths Super-Stute Weihegold ODL stammt auch aus einer Tochter des Sandro Hit. Im Sport haben Sandro Hits Kinder fast 1,6 Millionen Euro verdient. Derzeit sind 214 S-erfolgreiche Dressurpferde erfasst, aber auch fünf S-Spring-, ein S-Vielseitigkeits- und sieben S-Fahrpferde.

Im August 2021 dann die Schocknachricht, die die ganze Reitsportwelt und weit darüber hinaus bewegte: Sandro Hit musste nach einem kurzen Infekt eingeschläfert werden, da die Ärzte keinen Weg der Besserung sahen. „Sandro Hit lag mir besonders am Herzen. Er war etwas ganz Besonderes und der eigentliche Begründer meiner inzwischen so großen Hengststation. Sein Verlust trifft uns sehr“, erklärte Paul Schockemöhle in Mühlen, wo der Hengst sein ganzes Leben verbrachte. Die ganze Reiterwelt wird Sandro Hit vermissen und ihn in Erinnerung behalten.