Text: Mark Rashid    Foto: www.Slawik.com

Mark Rashid ist Pferdemensch durch und durch. Der amerikanische Pferdetrainer liebt und lebt für die Tiere. Er erzählt, wie er den Weg zu ihnen gefunden hat, wie andere Reiter und Trainer ihn geprägt habe und welchen Einfluss die Tiere auf sein Leben als ehemaligen Ranchmitarbeiter genommen haben

In einem Kurs in Tennessee kam ein Typ mit einem fuchsfarbenen Quarter Horse herein, das zwar alles tat, was sein Besitzer verlangte, aber immer ein wenig nervös wirkte. Es war klar, dass der Sattel, den er benutzte, nicht besonders gut auf das Pferd passte, und ich schlug vor, unseren Ersatzsattel auszuprobieren, um zu sehen, ob er eine Verbesserung bewirkte.

Nachdem der Reiter abgestiegen war, überprüfte ich noch einmal den Sitz seines Sattels, der sehr eng am Widerrist und am Schulterblatt des Pferdes sowie am unteren Rücken saß. Dieser bildete außerdem eine Brücke, wodurch zwischen den Auflageflächen und der Oberseite des Pferderückens, etwa dort, wo der Reiter saß, ein Spalt von etwa anderthalb Zoll entstand. Es war einer der am schlechtesten sitzenden Sättel, die ich bisher gesehen hatte, sodass ich mir sicher war, dass der andere, obwohl er wahrscheinlich nicht perfekt passte, zweifellos viel besser sitzen würde als dieser.

Wir tauschten die Sättel aus, und wie erwartet passte der neue Sattel viel besser. Wir konnten die Passform sogar noch etwas verbessern, indem wir ein paar kleine Polster direkt hinter dem Schulterblatt des Pferdes verwendeten. Nachdem wir das geschafft hatten, war viel Platz über dem Widerrist und dem Schulterblatt, viel Entlastung über dem unteren Rücken und keinerlei Anzeichen einer Brückenlage.

Zufrieden mit der Passform des Sattels, saß der Reiter auf, und beinahe sofort begann der Wallach zu buckeln. Der Reiter blieb im Sattel und konnte ihn stoppen, aber das Pferd war nicht glücklich. Er drängte es sanft vorwärts, und beim ersten Schritt begann es erneut mit Bocksprüngen.

„Ich glaub, er mag diesen Sattel nicht“, sagte der Reiter, nachdem er den Wallach zum zweiten Mal angehalten hatte. „Das glaube ich auch“, stimmte ich zu. Wir wechselten wieder zu dem schlecht sitzenden Sattel, und der Wallach kam sofort zur Ruhe und lief sogar etwas besser als vor dem Sattelwechsel.

Prägende Erinnerungen

Ich denke, trotz unserer unendlichen Weisheit über alles, was mit Pferden zu tun hat, und selbst wenn wir es richtig machen, zeigt sich einfach, dass das Pferd vielleicht immer noch etwas dazu sagen möchte. Von den paar Hundert Pferden, bei denen wir im Laufe der Jahre die Passform des Sattels anpassten, war dieser Wallach der einzige, der die schlechte Passform einer besseren vorzog. Es ist lustig, aber selbst jetzt, über zwanzig Jahre spä-

ter, fällt mir immer dieser Wallach ein, wenn ich mit jemandem über die Sattelpassform spreche. Er erinnert mich daran, dass Hilfe nur Hilfe ist, wenn der Empfänger es auch so sieht. Ein bisschen wie der Junge, der der alten Dame über die Straße hilft, nur um dann festzustellen, dass sie gar nicht hinübergehen wollte.

Raus aus der Komfortzone

Als ich anfing, Kurse zu geben, ritt ich die Pferde der Teilnehmer, vor allem, wenn eines Probleme mit dem Reiter hatte. Ich saß auf, brachte das Pferd an einen guten Punkt und gab es dann dem Besitzer zurück. Mit der Zeit bemerkte ich, dass das gleiche Problem fast jedes Mal wieder auftrat, wenn der Reiter sein Pferd wieder eine Zeitlang selbst ritt.

Schließlich wurde mir klar, was los war: Dadurch, dass ich ihre Pferde für sie ritt, entwickelten die Besitzer nicht die nötigen Fähigkeiten, um die Probleme selbst zu lösen. Fast ausnahmslos brachten sie das Pferd nach Hause, ein, zwei oder drei Monate lang lief alles gut, dann schlichen sich langsam, aber sicher wieder alte Gewohnheiten und Verhaltensweisen ein, bis zu dem Punkt, an dem sie fast wieder dort landeten, wo sie begonnen hatten.

Drei oder vielleicht vier Jahre nach Beginn meiner Lehrtätigkeit beschloss ich, die Pferde der Kursteilnehmer nicht mehr zu reiten. Für mich war es aus mehreren Gründen ein schwieriger Übergang. Erstens fiel es mir schwer, Reitern und Pferden dabei zuzusehen, wie sie sich abmühten, während sie lernten, miteinander auszukommen (weshalb ich überhaupt begonnen hatte, ihre Pferde zu reiten). Der zweite Grund war, dass die Schüler, die selbst ritten, mich dazu zwangen, ein besserer Lehrer zu werden. Ich musste lernen, Dinge zu beschreiben, die ich bis dahin nur gefühlt hatte – auch das Gefühl, das über die Zügel übertragen wurde.

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