Text: Nicole Buchwald     Foto: Daniel Elke

Wer ohne Zaumzeug und somit ohne Zügelhilfen reitet, muss sich vollständig auf die Gewichts- und Schenkelhilfen verlassen. Ein Halsring kann unterstützend wirken, damit die Kommunikation zwischen Pferd und Reiter funktioniert. Probieren Sie es aus – es ist ein unglaubliches Gefühl der Freiheit

Spätestens seit dem Erscheinen des ersten „Ostwind“-Films im Jahr 2013 ist das Reiten ohne Zaumzeug und nur mit Halsring in aller Munde. Manche empfinden das Reiten mit dem Halsring als die einzig richtige Variante, da dem Pferd dabei ein großes Maß an Freiheit geboten wird und es zu nichts gezwungen werden kann. Andere sehen verschiedene Sicherheitsrisiken, sowohl für den Reiter aufgrund mangelnder Kontrolle als auch für das Pferd durch fehlende Gymnastizierung. Wie so oft ist ein Mittelweg der richtige: Das Halsringreiten kann als Abwechslung für Pferd und Mensch im Training eingesetzt werden und bereitet dabei viel Freude. Allerdings sollte es nicht als generelle Reitform angewendet werden. Außerdem ist die richtige Durchführung entscheidend: Nur weil das Zaumzeug – und gegebenenfalls auch der Sattel – fehlen, bedeutet dies nicht, dass das Pferd mit weggedrücktem Rücken, herausgehobenem Kopf und auf der Vorhand laufen sollte. In dieser Form würde das Halsringreiten langfristig mehr Schaden als Nutzen mit sich bringen. Die französische Dressurreiterin Alizée Froment beweist allerdings, welch großartige Leistungen mit lediglich einem Halsring als Zäumung möglich sind: Sie reitet anspruchsvolle Grand-Prix-Küren mit aufwendigen Lektionen wie Einergaloppwechsel oder Piaffen mit nahezu unsichtbaren Hilfen. Es scheint, als würde sie ihr Pferd nur mit Gedankenkraft dazu bringen, schwere Lektionen auszuführen. Eine Grand-Prix-Kür von Alizée Froment mit ihrem Hengst Sultan erscheint Zuschauern wie ein vertrauensvoller Tanz.

Balance wird vorausgesetzt

Beim Reiten mit Halsring wird auf jede Form der Zäumung verzichtet, sowohl auf die klassische Trense mit Gebiss als auch auf verschiedene gebisslose Varianten wie das Hackamore, das Sidepull oder den LG-Zaum. Ohne einen Zaum fallen allerdings die Zügelhilfen weg, die auch nicht durch den Halsring ersetzt werden können. Dessen Einwirkungsmöglichkeiten sind stark begrenzt, daher ist er vielmehr als Hilfsmittel und Unterstützung der Gewichts- und Schenkelhilfen zu betrachten.

Generell können Reiter aller Sparten ihr Pferd auch am Halsring reiten: Es kommt nicht so sehr auf die Art der Ausbildung an – ob Englisch oder Western –, sondern vielmehr auf das Können von Zwei- und Vierbeiner. „Ein ausbalancierter Sitz des Reiters sowie das sichere Beherrschen aller drei Gangarten sind die Voraussetzungen, um sich an das Abenteuer Halsringreiten zu geben“, so Nathalie Penquitt, Tierärztin und Ausbilderin. „Das Pferd sollte ebenfalls eine gewisse Grundausbildung mitbringen und im Schritt, Trab und Galopp sicher an den Hilfen stehen.“ Sind diese Grundvoraussetzungen nicht gegeben, kann das Reiten mit Halsring mitunter gefährlich, zumindest jedoch frustrierend enden. „Um beim Reiten am Halsring klare und präzise Hilfen geben zu können, muss der Reiter neben einem unabhängigen Sitz auch ein hohes Maß an Körperkontrolle mitbringen“, erklärt Alizée Froment.

Auch wenn Pferd und Reiter über einen großen Erfahrungsschatz verfügen, ist das Halsringreiten nicht für jedes Paar das Richtige. Neigt ein Pferd zum Durchgehen oder einer anderen Unart, sollte aufgrund eingeschränkter Einwirkungsmöglichkeiten zur eigenen Sicherheit auf das Reiten mit Halsring verzichtet und zunächst an den bestehenden Problemen gearbeitet werden. Als Vorbereitung eignet sich generell das Reiten am langen Zügel und mit minimalen Zügelhilfen. Wichtig ist hierbei, dass das Pferd nicht davoneilt und sich durch Gewichtshilfen und Stimmkommandos in den verschiedenen Gangarten kontrollieren lässt.

Den kompletten Text finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.