Text: Aline Müller            Foto: www.Slawik.com

Motor des Reiters, Bewegungsumwandler 
und Verbindungsstelle zwischen Reiter und Pferd – dem Becken kommt eine große Bedeutung zu. Mögliche Ursachen für Unbeweglichkeit in diesem Bereich sind häufig bereits im Alltag zu finden. Wer daran arbeitet, kann zu einem völlig neuen Sitz- und Reitgefühl finden

Unterschiede in den Gangarten



Die Bewegungsanforderungen, die an das Becken des Reiters gestellt werden, variieren je nach Gangart des Pferdes. Die deutlichste Dreidimensionalität der Rückenbewegung des Pferdes und somit auch der Beckenbewegung des Reiters weist der Schritt auf. Es handelt sich um eine Bewegung im Viertakt bei der sich beim Vorfußen des jeweiligen Hinterbeins der Rücken einseitig senkt, bevor er sich beim Abfußen dieses Hinterbeins wieder hebt. Genau in diesem Viertakt wird das Becken des Reiters wechselseitig einseitig gesenkt und gleichzeitig auf der anderen Seite angehoben. Hinzu kommt die deutliche schlangenförmige Bewegung der Pferdewirbelsäule im Schritt. Dadurch muss das Becken zudem eine gute Rechts-links-Beweglichkeit aufweisen. Bei der Gangart Trab handelt es sich um einen Zweitakt. Der Pferderücken hebt und senkt sich, bedingt durch die diagonale Fußfolge, links- und rechtsseitig im schnellen Wechsel. Dabei wird auch das Becken des Reiters wechselseitig links und rechts angehoben beziehungsweise abgesenkt. Im Dreitakt-Galopp wird das Reiterbecken immer auf der Körperseite vermehrt in die Bewegung mitgenommen, auf der sowohl das Vor- als auch das Hinterbein weiter vorschwingen.

Effektiv und gefühlvoll treiben


Schenkelhilfen werden nicht selten regelrecht mechanisch eingesetzt. Wenn das Bein des Reiters gegen die Bewegung des Pferdes arbeitet, ist eine feine Kommunikation nicht mehr gegeben. Becken, Beine und Füße bilden eine wichtige Funktionseinheit. Ist der Reiter in der Lage, mit dem Becken den Pferdebewegungen entsprechend zu folgen, so setzt er bereits gefühlvolle vorwärtstreibende Impulse. Das natürliche Mitschwingen von Becken, Hüfte und Lendenwirbelsäule darf nicht mit einem Anspannen des Kreuzes verwechselt werden. Eine losgelassene Beckenbewegung führt außerdem dazu, dass das Reiterbein nach unten federn kann und sich die obere Wadenmuskulatur impulsartig anspannt. In leichtem Kontakt mit der seitlichen Rumpfbewegung des Pferdes entsteht so eine treibende Wirkung. Durch dieses gefühlvolle Treiben im Bewegungsrhythmus bleiben Reiter und Pferd in Balance. Was sich einfach anhört, sollte entsprechend langsam aufgebaut und geübt werden. Trainingseinheiten und Sitzübungen an der Longe können auch fortgeschrittenen Reitern helfen, die Einwirkung zu verbessern. Auch bei neu auftretenden Blockaden im Becken kann es sinnvoll sein, das Ganze bei einer Sitzschulung genauer zu analysieren, mögliche falsche Bewegungsmuster zu erkennen und durch neue zu ersetzen.

Motor und Dialog



Das Becken ist nicht nur das Bewegungszentrum, sondern wird auch als Motor des menschlichen Körpers gesehen, mit dem der Reiter einen Dialog mit dem Pferderücken führen kann. Ist das Becken nicht in der Lage, dreidimensionale Bewegungen auszuführen, entstehen beim Reiter schnell Rückenprobleme, und gleichzeitig wird das Pferd im Rücken gestört. Doch das Becken ist in gewisser Weise auch Hüter von Emotionen und wird im Alltag eher in der Bewegung eingeschränkt statt gefördert. Viele Menschen sitzen stundenlang im Büro, sind dauerhaft im Stress und bewegen sich zu wenig oder zu einseitig. Das Becken zu bewegen und den Bewegungsspielraum auszutesten ist nicht selten mit einem Gefühl von Scham besetzt. Das alles sind zwar Hindernisse, jedoch können sie mit der Zeit überwunden werden. Der erste Schritt ist, ein neues Bewusstsein zu entwickeln und das Ganze als Prozess zu sehen. Bewegung braucht Übung – das gilt sowohl für den Reiter als auch für das Pferd.

Mehr Informationen zum Becken finden Sie in der neuen Mein Pferd-Ausgabe.

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