Text: Anna Castronovo    Fotos: Getty Images/blue jean images RF

Angelegte Ohren, gebleckte Zähne, Tritte gegen die Boxentür – Stress bei der Fütterung bedeutet für Pferde zum einen akute Verletzungsgefahr, zum anderen kann er langfristig auch auf die Gesundheit schlagen.

Futterneid ist ein natürliches Sozialverhalten, denn die Nahrungsaufnahme ist nun mal eines der elementarsten Dinge im Leben. Klar: Es geht darum, das eigene Futter vor Mitstreitern zu verteidigen. Der Kampf um Nahrung dient bei Pferden aber auch dazu, die Rangordnung festzulegen: Wer höher steht, kann sich durchsetzen und darf zuerst oder eben mehr fressen.

In freier Wildbahn ist kein Futterneid zu beobachten. Das liegt zum einen daran, dass jedes Pferd dort rund um die Uhr fressen kann, wann immer es will. Zum anderen haben Pferde draußen genug Platz. Es genügt deshalb meist ein leichtes Drohen, mit dem ranghohe Pferde ihre Stellung in der Herde untermauern und sich die beste Position zum Fressen sichern. Damit ist die Sache auch schon aus der Welt geschafft.

Eine Frage des Abstands

In unserer modernen Pferdehaltung gibt es jedoch oft bestimmte Futterzeiten anstatt Heu ad libitum – also eine deutliche Verknappung des Futterangebots für den Dauerfresser Pferd. Außerdem werden Pferde in der Regel auf engerem Raum gehalten. Und genau das wird zum Problem, denn gerade beim Thema Futter legen Pferde Wert auf einen gewissen Sozialabstand. Extremer Futterneid wird meist durch die Haltung provoziert: In den meisten Fällen liegt massives Drohverhalten an der erzwungen Nähe zum Boxennachbarn. Wird der Sozialabstand unterschritten, kommt es zu Auseinandersetzungen in Form von Drohungen, Beißen, Treten etc.

Dieser Individualabstand ist manchmal etwas kleiner und manchmal etwas größer, beträgt aber in der Regel ein bis zwei Pferdelängen. Um Futterneid zu vermeiden, ist die erste Maßnahme also, Heu- und Futterraufen so umzustellen, dass genügend Platz dazwischen vorhanden ist. Im Stall ist es besser, die Tröge nicht an Boxentrennwänden anzubringen, da dort der Abstand zum Nebenpferd der kleinstmögliche ist, sondern lieber mittig an der Front- oder Rückwand. So können alle Pferde ihren Individualabstand einhalten.

Wenn zwei Pferde sich schlicht nicht mögen, kann auch das Umstellen in eine andere Box eine Verbesserung bringen, möglichst neben ein befreundetes Pferd. Es kann auch helfen, den Sichtkontakt zu verhindern.

Im Offenstall ist es für eine friedliche Futteraufnahme entscheidend, dass die Pferde genug Platz haben. Wird im Auslauf Raufutter gefüttert, bieten sich lange oder runde Raufen an, am besten mit Fressschutzgittern. Grundsätzlich sollte für jedes Pferd in der Gruppe ein Fressplatz zur Verfügung stehen, sodass es auch rangniederen Tieren jederzeit möglich ist, sich mit Raufutter zu versorgen. Runde Raufen haben den Vorteil, dass sich die Hinterteile der Pferde fächerförmig verteilen und damit weiter auseinanderstehen als bei viereckigen Raufen.

Viele verschiedene Heuhaufen auszulegen macht nicht in jeder Herdenkonstellation Sinn. Es kann zwar hilfreich sein, wenn sich Pferde auf die verschiedenen Futterstellen verteilen. Häufig wandern die ranghohen Pferde dann aber rastlos von einer Futterstelle zur anderen, um die rangniederen von dort zu vertreiben.

…den kompletten Artikel finden Sie in der Mein Pferd-Ausgabe 9/2020.