Text: Andreas Ackenheil, Rechtsanwalt        Foto: www.Slawik.com

Der Spezialist für Pferderecht, Rechtsanwalt  Andreas Ackenheil, gibt auch in dieser Ausgabe die besten rechtlichen Tipps rund ums Thema Pferd

Die Ankaufsuntersuchung sollte für jeden Pferdekäufer oder -verkäufer unerlässlich sein. Sowohl Käufer als auch Verkäufer können die Untersuchung veranlassen und einen Tierarzt mit der Durchführung beauftragen. Sinn und Zweck der Ankaufsuntersuchung (AKU) ist es, ein umfassendes Bild über den Gesundheitszustand des Verkaufspferdes zu erlangen und etwaige Zukunftsprognosen stellen zu können sowie zu wissen, ob sich das Pferd tatsächlich für die beabsichtigte Verwendung eignet. So kann, je nach Verwendungszweck des Pferdes, die Untersuchung umfangreicher ausfallen. Der Auftraggeber kann folglich wählen, ob er lediglich eine klinische Untersuchung veranlasst oder umfangreiche Röntgenbilder anfertigen lässt.

Im Rahmen der Untersuchung erhebt der Tierarzt gegebenenfalls Befunde, er trifft jedoch keine genaue Aussage darüber, was dies für die Verwendung oder die Zukunft des Pferdes im Reitsport oder in der Zucht bedeutet. Die Ankaufsuntersuchung stellt folglich eine Momentaufnahme des Pferdes zum Zeitpunkt der Untersuchung dar. Wie die Käufer mit den Befunden umgehen, bleibt ihnen dann jedoch selbst überlassen.

Was hat sich in Bezug auf die Beschaffenheitsvereinbarungen durch die Kaufrechtsreform geändert?

Bei der Ankaufsuntersuchung handelt es sich typischerweise um einen Werkauftrag, und daher ist sie als Werkvertrag einzuordnen. In diesem Vertag verpflichtet sich der Tierarzt nicht nur dazu, die AKU ordnungsgemäß durchzuführen, sondern auch das Ergebnis dem Auftraggeber (Käufer oder Verkäufer) mitzuteilen. Geschuldet wird vom Tierarzt dabei eine fehlerfreie Befunderhebung. Fraglich ist, wie es sich auswirkt, wenn dem Tierarzt Fehler bei der Untersuchung unterlaufen und er fehlerhafte Befunde erhebt. Unter Umständen verlangt der Käufer gerade nur aufgrund der fehlerhaften Befunde Schadensersatz vom Verkäufer oder eine Minderung, oder er möchte sogar vom Vertrag zurücktreten. Insbesondere seit der Kaufrechtsreform 2022 kann diese Frage relevant sein, da nun alle negativen Beschaffenheitsvereinbarungen Vertragsbestandteil werden müssen. 
Zunächst hat sich der Sachmangelbegriff geändert. Früher lag ein Sachmangel immer dann vor, wenn der Kaufgegenstand nicht die vereinbarte Beschaffenheit hatte. War die Beschaffenheit nicht vereinbart, lag ein Sachmangel immer dann vor, wenn sich die Sache nicht für die vertraglich vorausgesetzte oder die gewöhnliche Verwendung eignete, die für Sachen der gleichen Art üblich ist.

Auch die Ergebnisse der Ankaufsuntersuchung können als Beschaffenheitsvereinbarung in den Kaufvertrag aufgenommen werden. Entsprach der tatsächliche Gesundheitszustand des Pferdes im konkreten Fall nicht der vereinbarten Beschaffenheit, so stellte dies stets einen Sachmangel dar. Nach der Kaufrechtsreform liegt ein Sachmangel nun dann vor, wenn die Sache nicht den objektiven oder subjektiven Anforderungen entspricht. Die objektiven Anforderungen sind dabei die gewöhnliche Verwendung, die übliche Beschaffenheit, Proben und Muster, die der Käufer vorab zur Verfügung gestellt hat, oder Zubehör, das bei der Lieferung üblicherweise erwartet werden kann, unter Berücksichtigung der Art der Sache und der öffentlichen Äußerungen, die von dem Verkäufer in der Werbung oder auf dem Etikett abgegeben wurden.
Ein Mangel liegt somit dann vor, wenn die Sache die vereinbarte Beschaffenheit hat, sich aber nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet. Im Pferderecht kann das der Fall sein, wenn das Pferd zwar objektiv über einen gewissen Ausbildungsstand verfügt, sich jedoch nicht auf diesem Niveau reiten lässt, weil es schlecht geritten und trainiert wurde. 
Auch eine Abweichung von den im Vertrag aufgenommen Ergebnissen der AKU stellt eine objektive Abweichung dar, die zu einem Sachmangel führt und die Geltendmachung der Gewährleistungsrechte für den Käufer ermöglicht. Zudem hat der Verkäufer nun die Möglichkeit, beim Verbrauchsgüterkauf nach § 476 I S.2 BGB von den Vorschriften des § 434 ff. BGB abzuweichen, wenn dies ausdrücklich und gesondert vereinbart wurde. Dabei handelt es sich um sogenannte negative Beschaffenheitsvereinbarungen.
So kann im unternehmerischen Verkehr unter Verbrauchern auch nach dem neuen Kaufrecht ohne Einhaltung einer besonderen Form wirksam vereinbart werden, dass die Kaufsache (das Pferd) von schlechterer Qualität ist, als man objektiv erwarten kann. Die Vereinbarung bei Verträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher ist nur dann wirksam, wenn besondere Voraussetzungen beachtet werden. Dadurch trifft den Verkäufer (Unternehmer) eine strengere Offenkundigkeitspflicht als bisher, da er den Verbraucher auf etwaige Abweichungen ausdrücklich hinweisen muss. Folglich müssen sämtliche Befunde des Untersuchungsprotokolls, die von den objektiven Anforderungen abweichen, im Kaufvertrag festgehalten werden. Der Verkäufer muss sich folglich ausdrücklich das Einverständnis des Käufers einholen, das bloße Verweisen auf AGB genügt mithin nicht.

Welche Auswirkungen hat eine fehlerhafte AKU auf die Gewährleistungsrechte des Käufers?

Hat der Tierarzt eine fehlerhafte Ankaufsuntersuchung durchgeführt oder einen falschen Befund erhoben, so haftet der Tierarzt seinem Auftraggeber gemäß § 634 Nr.4 § 280 I BGB für den Ersatz des Schadens, der dadurch entstanden ist, dass der Käufer das Pferd aufgrund des fehlerhaften Befundes erworben hat. Grundsätzlich haftet der Tierarzt somit für jegliche Schlechtdurchführung des Vertrages, die einen Sachmangel begründet. Fraglich ist dabei, ob jegliche fehlerhafte Befunderhebung zu einem vertretbaren Sachmangel führt. Ein Sachmangel liegt zweifelsfrei vor, wenn der Tierarzt einen falschen Befund erhebt. Dem Auftraggeber der AKU muss auch adäquat kausal ein Schaden aus der fehlerhaften AKU entstanden sein. Hat der Käufer beispielsweise ein Sportpferd gekauft, welches nun an gravierenden Gesundheitsproblemen leidet, und kann der Käufer das Pferd sportlich nicht einsetzen, so ist ihm adäquat kausal ein Schaden entstanden. Hat der Tierarzt möglicherweise eine absolut unbedenkliche Verknöcherung verkannt und ändert dies nichts an der sportlichen Tauglichkeit des Pferdes, so ist in der Regel kein Sachmangel anzunehmen und dem Käufer stehen keine Gewährleistungsrechte zu. Folglich muss zunächst festgestellt werden, inwieweit der fehlerhafte Befund einen Sachmangel darstellt oder die negative Beschaffenheitsvereinbarung nicht ausdrücklich kommuniziert und nach neuem Kaufrecht ausdrücklich festgehalten wurde.

Der Tierarzt muss gemäß § 280 I 2 BGB den Mangel auch zu vertreten haben, was jedoch vermutet wird. Bei der Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche bleibt es dem Käufer selbst überlassen, wen er in Anspruch nimmt, sofern der Käufer die AKU beauftragt hat. Hat der Verkäufer die AKU veranlasst, kann der Käufer gegenüber dem Verkäufer den Rücktritt erklären oder Minderung verlangen sowie Schadensersatzansprüche geltend machen. Es sind auch Konstellationen denkbar, in denen der Pferdeverkäufer und der Tierarzt gesamtschuldnerisch haften.

Pferderecht-Experte Anwalt Ackenheil: Seit Anfang 2022 gelten auch im Pferdekaufrecht weitreichende Neuregelungen. So hat die erfolgte Kaufrechtsreform auch Auswirkungen auf den Pferdekauf und dem Pferdeverkauf. Für den Pferdekaufvertrag und die Rechte und Pflichten, die sich für Pferdekäufer und Pferdeverkäufer ergeben, sind der Sachmangelbegriff gemäß § 434 BGB neu geregelt worden. Zudem wurde u.a. die stärke Offenkundigkeitspflicht gegenüber dem Pferdekäufer eingeführt, und Veränderungen bezüglich der Frist wurden vorgenommen. Folglich betreffen diese Neuregelungen auch die Ankaufsuntersuchungen und somit auch neue Rücktrittsgründe, die einen Pferdekäufer berechtigen, vom Pferdekaufvertrag zurückzutreten.

Gemäß der neuen Kaufrechtsreform, die auch für den Pferdeverkauf weitreichende Veränderung mit sich bringt, kann nur dringend angeraten werden, Pferdekaufverträge neu erstellen zu lassen und ein größeres Augenmerk auf die durchgeführte AKU zu werfen. Bei Rechtsstreitigkeiten rund um einen Pferdekauf sollten Sie prüfen lassen, ob die Regelungen aus dem Kaufvertrag nach der aktuellen Rechtslage rechtswirksam sind, welche Fristen veraltet sind und ob der Verkäufer seiner Pflicht über alle negativen Eigenschaften (Krankheiten, Transportunsicherheit, negative charakterliche Besonderheiten usw.) wirksam nachgekommen ist.

Unser Experte

Andreas Ackenheil veröffentlicht als Spezialist für Pferderecht regelmäßig in zahlreichen Fachzeitschriften und Online-Portalen juristische Fachbeiträge sowie Kommentare zu neuen Rechtsentscheidungen und hält Vorträge und Seminare. Zudem veröffentlichte der Rechtsanwalt einen großen Ratgeber für Tierrecht mit einem umfangreichen Kapitel über Pferderecht.

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