Schale beim Pferd entsteht durch schädliche Reize die zu Fehlern in der Produktion von Knochengewebe führen – die Knochen wuchern. Sind die Zehengelenke betroffen, spricht man von Schale. Erkrankte Pferde gehen meist klamm bis lahm. Text von Karina Müller

Krankheitsbild

Knochenwucherungen am Zehenapparat führen zu Problemen im Bewegungsablauf. Risikopatienten sind häufig alte und stark beanspruchte Pferde. Als Schale bezeichnet man in der Medizin eine Knochenzubildung (Exostose) am Fessel-, Kron- oder Hufbein – den Zehenknochen. Sie wird erstens in hohe (zwischen Fessel- und Kronbein) und tiefe Schale (zwischen Kron- und Hufbein) unterschieden. Zweitens differenziert man zwischen Gelenkschale (artikulär) und gelenknaher Schale (periartikulär). Lösen Überanstrengungen oder mechanische Reize Entzündungen im Gelenk aus, kann Knochen wuchern. Man bezeichnet es als arthrotische Veränderungen.

Das Pferd hat je nach Schweregrad Schmerzen und äußert es in einer Lahmheit. Zumeist sind die Beschwerden bei einer Gelenkschale stärker als bei einer periartikulären Schale. Findet eine permanente Reizung statt, verknöchert das Gelenk im Laufe der Zeit. Dann lassen die Schmerzen und Lahmheiten zwar nach, aber das betroffene Gelenk ist steif und die Bewegung stumpf.

Eine hohe Anzahl Pferde hat Exostosen oder deren Ansätze im Bereich der Zehenknochen. Dabei sind die Vorderbeine häufiger betroffen als die Hinterbeine. Die Erkrankung ist aber an allen Beinen möglich. In vielen Fällen sind alte Pferde oder Jungtiere mit einem gestörten Knochenstoffwechsel erkrankt. Zu den Risikopatienten gehören zudem Westernpferde, Poloponys und Springpferde aufgrund ihrer großen Belastung beim Stoppen und Wenden. Beobachtet wurde auch, dass Arbeits- und Zugpferde häufig zu hoher Schale neigen, währenddessen Vierbeiner mit hohen Trachten oft von einer tiefen Schale betroffen sind.

Ursache

In der Regel führt eine Überbelastung zu einer Gelenkerkrankung. Zu starke Reize können Entzündungen der Knochenhaut hervorrufen.Als Folge davon wird neues Knochengewebe produziert. Dabei kann es zu Knochenwucherungen auf oder in der Nähe der Gelenkfläche kommen. Chronische Entzündungen zerstören den Gelenkknorpel langsam. Die Folge: Das Gelenk verknöchert.Hauptursache für Gelenkerkrankungen, die zu Schale führen können, sind Überbelastungen und Stellungsfehler. Sie lösen Reizungen an den Ansatzstellen der seitlichen Bänder, Streck- und Beugesehnen aus. Außerdem strapaziert frühes Anreiten die unreifen Knochen und Gelenke.

Weitere Ursachen für Schale sind Verstauchungen, Quetschungen, Prellungen und Verdrehungen des Kron- und Hufgelenks. Sie entstehen unter anderem durch starkes Beugen oder Strecken und bei einem zu harten Boden. Im Western-, Polo- und im Springsport werden die Gelenke und Knochen bei Stopps und Wendungen großen Belastungen ausgesetzt. Manchmal lösen traumatische Einwirkungen eine Entzündung im Gelenk aus. Dazu zählen Verletzungen (etwa ein Gelenkbruch), Tritte anderer Pferde, das Schlagen gegen die Boxenwände, ein Sturz oder Hängenbleiben an einem Hindernis. Auch Stacheldraht und Mistgabeln sind immer wieder eine Gefahr: Sie verursachen häufig tiefe Verletzungen im Fesselbereich. Einige Wunden entstehen auch durch Kronen- und Ballentritte, die sich das Pferd selbst zufügt.

Schale beim Pferd
Geht ein Pferd klamm, wenden Tierärzte häufig die Beugeprobe an

Schale beim Pferd Symptome

Die Erkrankung äußert sich meist in einer Lahmheit. Auch eine Entlastung der Vorderbeine oder Schwellungen sind möglich. Huf- und Krongelenkerkrankungen manifestieren sich in den meisten Fällen in Lahmheiten, die jedoch unterschiedlich ausgeprägt sind. Denn während manche Pferde schon im Anfangsstadium der Schale lahm laufen, leiden andere erst im fortgeschrittenen Stadium an Schmerzen. Häufig aber sind die Beschwerden bei der artikulären Schale größer. Einige Pferde gehen zu Beginn der Arbeit unklar, doch nach einer gewissen Zeit haben sie sich eingelaufen. Auch das Gegenteil kann der Fall sein. Das heißt, mancher Vierbeiner fängt erst nach einer großen Belastung an zu lahmen.Weitere Anzeichen einer Schale sind die Trachtenfußung und die Entlastung der Vorderbeine (sägebockartiges Stehen) wie bei einer Hufrehe. Der Raumgriff lässt nach, und die Bewegungen werden stumpf oder klamm. Eine Beugung des betroffenen Gelenks ist eingeschränkt. Im Anfangsstadium oder bei Belastungen kann es zu Schwellungen im Bereich der Zehengelenke kommen. Die Beulen sind warm und druckempfindlich. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Schwellungen am Kronsaum deutlich sichtbar, knochenhart und bleibend.

Diagnose

Eine sichere Diagnose kann nur mithilfe von Röntgenbildern gestellt werden.Sie zeigen das genaue Ausmaß und die Lage der Knochenwucherung. Mit der Zeit schreiten die Knochenwucherungen jedoch so weit fort, dass eine Unterscheidung zwischen artikulärer und periartikulärer Schale schwierig wird. Ob ein Gelenk wirklich die Ursache der Lahmheit ist, lässt sich mit einer Anästhesie (Betäubung) des Gelenks feststellen. Gelenkflächen und Knorpel lassen sich im Hinblick auf das Ausmaß der Erkrankung nur im MRT (Magnetresonanztomograph) sicher untersuchen.Eine Beuge- bzw. Rotationsprobe klärt, ob die Beugung nur eingeschränkt möglich ist. Bei einer Untersuchung der Zehengelenke durch Betasten kann der Veterinär eine auffällige Wärme oder eine Erweiterung des Gelenkumfangs feststellen. Häufig nimmt der Pferdebesitzer die Schale im frühen Stadium noch nicht wahr, da der Vierbeiner zunächst weder lahmt noch andere deutliche Symptome zeigt. Generell gilt: Je früher der Tierarzt die Diagnose einer Huf- und Krongelenkerkrankung stellt, desto mehr Behandlungsmöglichkeiten gibt es.

Behandlung

Therapiemöglichkeiten sind neben einer schmerzlindernden Medikamentengabe orthopädische Hufbeschläge, eine Orthokin- Behandlung oder eine Operation. Wurde die Diagnose Huf- oder Krongelenkerkrankung gestellt, sollte der Auslöser gefunden und – falls es keine einmalige traumatische Einwirkung war – eliminiert werden. Erst dann kann eine Behandlung Erfolg haben. In vielen Fällen werden dem Patienten – begleitend zu einer Therapie oder aus- schließlich – schmerzlindernde Entzündungshemmer und Hyaluronsäure verabreicht. In den meisten Fällen ist eine Ruhigstellung von mindestens vier Wochen erforderlich. Die Behandlungsdauer variiert aber von Fall zu Fall und je nach Therapieansatz. Auch eine Methode kann nicht pauschal festgelegt werden. Zu den Möglichkeiten zählen auch orthopädische Hufbeschläge. Sie sollen die Beweglichkeit begrenzen, das betroffene Gelenk dämpfen, die Belastung gleichmäßig verteilen und die Zugwirkung der Sehnen und Bänder mindern bzw. verhindern.

Welche Art von Beschlag die richtige ist, wird mittels der Röntgenbilder festgestellt. Zur Auswahl stehen zum Beispiel Hufeisen mit Polster oder Ledereinlagen,Hufeisen mit erhöhtem Innenrand an der Bodenfläche oder ein gepolsterter Hufschuh. Zu den Behandlungsmöglichkeiten zählt auch die Orthokin-Therapie, bei der dem Pferd ein körpereigenes Serum – aus dem Blut mittels eines speziellen Verfahrens gewonnen – injiziert wird. Das konditionierte körpereigene Serum (ACS) besteht aus Proteinen, die der Regeneration oder einer Verlangsamung des Gewebeabbauprozesses dienen. Die Wirkung ist schmerzstillend, entzündungshemmend und abschwellend.

Weitere Heilverfahren bestehen in einer Stoßwellentherapie. Stoßwellen sind kurze, energiereiche mechanisch-akustische Wellen, die sich erst entladen, sobald sie auf feste Gewebebestand- teile wie Knochen stoßen. Sie sollen den Knochen und auch das Gewebe regenerieren. Begleitend helfen in manchen Fällen Einreibungen, die die Durchblutung anregen, und Kühlungen, die den Schmerz mindern und die Entzündung abklingen lassen. Der Linderung der Schmerzen dient auch die beschleunigte Versteifung (Arthrodese) des Krongelenks mittels einer Operation. Aufgrund der Risiken wird dieser Eingriff aber nur selten durchgeführt.

Schale beim Pferd
Eine Stoßwellentherapie regeneriert die Knochen

Schale beim Pferd Prognose

Ein Rückbau der Wucherungen ist nicht möglich. Schmerzen können aber gelindert werden. Die Erkrankung ist unheilbar, das heißt, die Knochenveränderungen sind nicht mehr zu beseitigen. Je nachdem, wo sich die Entzündung befindet, kann die Erkrankung jedoch gestoppt werden. Wenn das Pferd lahmt, ist Reiten nicht möglich. Das Gelenk braucht Ruhe, damit die Entzündung abklingen kann. Boxenruhe ist nicht vonnöten und eher schädlich. Bewegung wie leichte Spaziergänge tun dem Vierbeiner hingegen gut. Dadurch wird die Durchblutung aufrechterhalten, und der Knorpel wird mit wichtigen Nährstoffen versorgt. Läuft ein Pferd nach einer erfolgreichen Behandlung wieder schmerzfrei, spricht nichts mehr gegen die Arbeit unter dem Reiter. Generell stehen die Chancen im Hinblick auf die spätere Nutzung bei einer gelenknahen Schale besser als bei einer Gelenkschale. Allerdings ist der Nutzwert in den meisten Fällen gemindert.

Schale beim Pferd
Leichte Bewegung wie Spaziergänge tut dem Vierbeiner gut

Vorbeugung

Ein Pferd sollte schon in früher Jugend eine artgerechte Haltung und regelmäßige Hufbearbeitung genießen dürfen. Die Vorbeugung beginnt bereits im Fohlenalter. Denn hier lassen sich eventuelle Stellungsfehler durch eine frühe, sachgemäße und regelmäßige Hufbearbeitung korrigieren. Die Knochen sind noch weich und formbar. Im Alter wird es hingegen schwieriger. Dann helfen manchmal nur noch orthopädische Beschläge.Huf- und Krongelenkerkrankungen lassen sich zudem durch artgerechte Haltung (ausreichend Auslauf und Sozialkontakt) und eine ausgewogene Fütterung (vor allen Dingen mit dem richtigen Mineralstoffverhältnis) vermeiden. Darüber hinaus sollten die Anforderungen in der Ausbildung nur langsam gesteigert werden, damit die Knochen, Sehnen und Bänder ausreichend Zeit haben, sich zu festigen. Eine Belastung an der Leistungsgrenze ist vor allem bei Pferden mit Exterieurmängeln zu vermeiden, da diese für eine Gelenkerkrankung anfällig sind.

Wertvolle Tipps von Tierarzt Dr.Thomas Stöckel

  • Bei einigen Pferden lässt sich eine Tendenz zu einer solchen Erkrankung schon relativ früh erkennen. Daher raten wir Veterinäre immer zu einer Ankaufsuntersuchung. Abtasten und Beugeproben geben Aufschluss über den Gesundheitszustand der Gelenke. Röntgenbilder bieten Sicherheit im Hinblick auf Erkrankungen der Pferdebeine.
  • Ein kurzes Abtasten der Beine beim täglichen Putzen ist eine gute Kontrolle hinsichtlich Gliedmaßenerkrankungen. Insbesondere bei älteren Pferden kann Schale im Rahmen der natürlichen Alterungsprozesse auftreten. Viele Pferde laufen mit diesen Veränderungen über viele Jahre lahmfrei und haben keine Einschränkungen. Ihr Tierarzt hilft Ihnen, Ihr Pferd richtig einzuschätzen und bei Bedarf gegenzusteuern, damit sich nichts in die falsche Richtung entwickelt.
  • Fehlstellungen gelten als häufige Ursache bei Gelenkerkrankungen. Allerdings ist kein Pferd perfekt, und nicht jede kleine Fehlstellung stellt ein Problem dar. In Zusammenarbeit mit Schmied und Tierarzt sollte der optimale Beschlag für das Pferd gefunden werden. Eine deutliche Korrektur von Fehlstellungen ist jedoch nur bei jungen Pferden möglich. Bei älteren Pferden kann sie dagegen negative Auswirkungen haben.
  • Das Festlegen und andere Unfälle in der Box oder auf der Weide sind selten für die Entstehung einer Schale oder anderer Gelenkerkrankungen verantwortlich. Das Pferd in Watte zu packen hat daher wenig Sinn und führt zu unvorsichtigen Bewegungen der Pferde, da leichtes Anschlagen nicht mehr wahrgenommen wird.
  • Bei erkrankten Pferden kann die Fütterung von Präparaten zur Unterstützung des Gelenkstoffwechsels für eine gewisse Zeit sinnvoll sein. Da es mittlerweile sehr viele Hersteller und Produkte auf dem Markt gibt und nicht alle bei jedem Patienten in Frage kommen, fragen Sie bitte Ihren Tierarzt, was für Ihr Pferd geeignet ist.