Magengeschwüre beim Pferd sind weit verbreitet, aber oft unerkannt. Betroffen sind rund 90 Prozent der Vollblüter, zudem zahlreiche Freizeitpferde. Verantwortlich ist ein erhöhter Säureangriff, der im Extremfall zum Magendurchbruch führen kann.

Krankheitsbild

Ein erhöhter Säureangriff greift die Magenschleimhaut an. Daraus können Geschwüre entstehen. Was kaum einer weiß: Ein Drittel der Freizeitpferde sind Risikopatienten Der Magen des Pferdes ist ein sensibles Organ. Wird dessen Säurehaushalt durcheinandergebracht, kann die Magenschleimhaut gereizt werden. Daraus können Magengeschwüre bzw. Magenulzera entstehen. Das sind mehr oder weniger tiefe, teils auch blutende Verletzungen der Magenschleimhaut, hervorgerufen durch einen erhöhten Säureangriff.

Im Gegensatz zu einem Geschwulst – einer Zellwucherung – handelt es sich bei einem Geschwür um eine Zellzerstörung. Daher spricht man auch häufig von Magenschleimhautläsionen (von lat. laesio: Verletzung). Wie eine Kraterlandschaft sieht die Magenschleimhaut dann aus. Und was man gar nicht vermutet: Die Verbreitung von Magengeschwüren bei Pferden ist groß. Mehr als 90 % der Galopper und 60 % der Sportpferde haben Magenläsionen. Aber auch Freizeitpferde gehören mit 30 % zu den Risikopatienten. Als besonders gefährdet gelten Fohlen. Ihre Magenschleimhaut ist noch nicht so stabil und dadurch schnell reizbar.

Symptome

Leider sind sie unspezifisch und auch nicht bei jedem Pferd zu beobachten. Typische Anzeichen bei Pferden sind Appetitlosigkeit, chronischer Durchfall oder ein schlechter Allgemeinzustand wie stumpfes Fell, apathisches Verhalten und Abmagerung. Zudem leiden die Pferde häufig an leichten, wiederkehrenden Koliken, deren Ursache nicht gefunden wird.

Auch ein Abfall der Leistungsbereitschaft kann auf Magenulzera hinweisen. Einige Patienten kauen außerdem leer, flehmen oder gähnen oft, knirschen mit den Zähnen und stoßen auf. Für Fohlen ist ein erhöhter, meist schaumiger Speichelfluss typisch. Weiterhin kann auch Koppen ein Hinweis auf ein Magengeschwür sein. Diese Symptome müssen jedoch nicht gleichzeitig auftreten. Zudem sind sie unspezifisch, das heißt, sie weisen nicht eindeutig auf ein Vorhandensein der Krankheit hin. Bevor es zu einer Behandlung kommt, sollten deshalb andere Ursachen ausgeschlossen werden. Außerdem muss auch nicht jedes Pferd, das an einem Magengeschwür leidet, die Symptome anzeigen. Aus diesem Grund bleiben viele Fälle von Magenschleimhautläsionen unerkannt.

Magengeschwüre beim Pferd
Ein Arzt untersucht die Symptome

Ursache

Besonders Fütterungsfehler und Stress führen zu Magengeschwüren. Ausgelöst werden Magengeschwüre ähnlich wie beim Menschen vor allem durch falsche Ernährung und Stress. Typische Fütterungsfehler sind die Gabe von zu viel Kraftfutter und zu wenig Raufutter, das Füttern des Kraftfutters vor dem Raufutter sowie zu große Pausen zwischen den Futtergaben.

In der freien Natur fressen Pferde ungefähr 16 Stunden am Tag. Darauf ist auch der kleine Pferdemagen – er fasst etwa 18 Liter – aus- gerichtet und produziert deshalb im Gegensatz zum Menschen ständig Magensaft. Bleibt der Magen zu lange leer, etwa vier Stunden, kann der aggressive Magensaft, bestehend aus Salzsäure und dem eiweißverdauenden Enzym Pepsin, die ungeschützte Magenschleimhaut angreifen. Normalerweise schützt Speichel die Schleimhaut. Er fließt aber nur, wenn das Pferd kaut. Zudem dauert die Kauarbeit bei Kraftfutter nur ein Drittel bis halb so lange wie bei Raufutter. Die Produktion des teilweise neutralisierenden Speichels ist demzufolge geringer. Wird die Magenschleimhaut nun kontinuierlich gereizt, kommt es dort zu Entzündungen (Gastritis). Chronische Entzündungen fressen sich immer tiefer in die Magenwand, und Geschwüre entstehen. Besonders anfällig sind gestresste Pferde. Egal ob Turnier, Stallwechsel, Rangkämpfe oder das Absetzen des Fohlens. Oft ist es nicht sichtbar, was dem Pferd Stress bereitet. Weitere Faktoren, die Magenläsionen begünstigen, sind zudem Langzeitgaben von Schmerzmitteln und Entzündungshemmern sowie ein Magendasselbefall.

 

Diagnose

Während verschiedene Symptome auf ein Magengeschwür hinweisen, kann eine genaue Diagnose nur durch eine Gastroskopie (umgangssprachlich: Magenspiegelung) gestellt werden. Dabei werden Speiseröhre und Magen mit Hilfe eines etwa drei Meter langen, flexiblen Endoskops – dem Gastroskop – auf entzündliche, degenerative und organische Veränderungen untersucht. Die Bilder dazu erscheinen am Monitor. Damit kein Nahrungsbrei die Sicht verhindert, sollte der Patient etwa 14 Stunden gehungert haben. Der Eingriff findet dann am stehenden, sedierten Pferd statt. Im Gegensatz zum Menschen wird das Endoskop über den Nasenraum in den Magen geführt. Durch Einblasen von Luft lassen sich die Magenschleimhaut falten daraufhin besser darstellen.

Magengeschwüre beim Pferd
Neben der Geruchsaufnahme flehmen Pferde auch bei Schmerzen. Diese Gebärde kann auf den Magengeschwüre hinweisen.

Behandlung

Nur ein zugelassenes Medikament hilft derzeit in Deutschland gegen Magengeschwüre bei Pferden. Entscheidend ist außerdem eine artgerechte Fütterung

Derzeit existiert in Deutschland nur ein einziges zugelassenes Arzneimittel, das zur Behandlung von und zur Vorbeugung gegen Magenläsionen bei Pferden verwendet werden darf. Dabei handelt es sich um die Pferdepaste „Gastogard“ mit dem Wirkstoff Omeprazol. Dieses Medikament reduziert die Ausschüttung von Magensäure in den Magen und wirkt damit der Ursache selbst entgegen. Ein Mal am Tag wird es angewendet. Weil das Medikament als Paste verabreicht wird, kann der Besitzer die Behandlung selbst fortsetzen. Zudem können die Pferde während der Therapie weiter gearbeitet werden.

Prophylaktische Gaben des Medikaments, zum Beispiel bei einem Stallwechsel oder längeren Transporten, sind auch möglich. Diverse getestete Medikamente aus der Humanmedizin konnten bei Pferden mit Magenulzera zwar keinen solchen Erfolg wie der Wirkstoff Omeprazol erzielen. Möglich sind aber Gaben schleimhautschützender Mittel, zum Beispiel Sulcrafat, denn sie bilden einen Schutzfilm auf der Magenschleimhaut. Zudem werden bei Pferden auch diverse diätetisch wirksame Ergänzungsfuttermittel eingesetzt. Magendasseln, die sich in der Magenschleimhaut der Pferde festsaugen und dort für Löcher sorgen, lassen sich mit Wurmkuren bekämpfen.

Bei Magengeschwüren handelt es sich jedoch um einen Ursachenkomplex und das muss im Sinne einer Therapie unbedingt beachtet werden. Das heißt, neben einer medikamentellen Behandlung sollten vor allem die Haltung, die Fütterung und das Training auf das Lebewesen Pferd optimal abgestimmt werden. Ansonsten kommt es immer wieder zu Reizungen der Magenschleimhaut.

Prognose

Je eher ein Geschwür festgestellt wird, desto besser sind die Heilungschancen

Magengeschwüre zu erkennen ist für den Besitzer häufig nicht leicht. Denn nicht jedes Pferd zeigt Symptome. Zudem weisen die Symptome auch nicht eindeutig auf ein Magengeschwür hin. Daher wird eine Diagnose mittels Magenspiegelung häufig zu spät veranlasst. Dabei heilen leichte Fälle von Magenschleimhautentzündungen ganz von allein ohne medikamentelle Behandlung innerhalb von drei bis sechs Monaten wieder, wenn man die Auslöser wie Stress oder falsche Fütterung abstellt.

Bei einer Therapie mit dem Wirkstoff Omeprazol geht es den erkrankten Pferden häufig nach nur wenigen Tagen wieder besser. Dennoch muss die Behandlung über einen längeren Zeitraum von etwa ein bis drei Wochen fortgesetzt werden. Werden Blutungen und Wunden im Magen nicht rechtzeitig erkannt, können Magengeschwüre im schlimmsten Fall auch durch die Magenwand brechen. Dann droht eine tödliche Bauchhöhleninfektion.

Magengeschwüre beim Pferd
Positiv sind artgerechte Haltung und wenig Stress

Vorbeugung

Mit artgerechter Fütterung, wenig Stress und regelmäßigen Wurmkuren lässt sich eine Erkrankung vermeiden.

Normalerweise würde ein Pferd in der freien Wildbahn nicht an Magenläsionen leiden. Denn häufig verschuldet der Mensch mit schlechter Fütterung, falschen Haltungsbedingungen und unnötigen Stressfaktoren, dass Pferde an Magengeschwüren erkranken. Generell lässt sich deshalb sagen, dass man mit artgerechter Haltung und Fütterung sowie einem sensiblen Umgang mit Pferden bestimmte Krankheiten vermeiden kann. Das gilt auch für Magenschleimhautentzündungen und -geschwüre.

Eine individuelle Fütterung ist eine der wichtigsten Maßnahmen, die der Mensch ergreifen kann. Ideal für den kleinen Pferdemagen sind mehrmals über den Tag verteilte, kleine Futtergaben, um lange Nüchterungszeiten, aber auch eine Magenüberladung zu verhindern. Nur zwei Mal am Tag Heu zu füttern ist daher häufig zu wenig. Rohfaserreiches Heu und Gras sind generell die beste und natürlichste Kost für den Pferdemagen. Die optimale Heumenge beträgt bei Pferden am Tag ungefähr 1 bis 1,5 Kilogramm je 100 Kilogramm Körpermasse. Die Kraftfuttermenge einer Mahlzeit sollte 0,5 Kilogramm je 100 Kilogramm Körpermasse nicht übersteigen.

Wichtig für die Optimierung der Speichelproduktion ist die Regel: Raufutter vor Kraftfutter, außerdem regelmäßige Zahnkontrollen und eventuelle Behandlungen. Vermeiden und heilen lassen sich Magenulzera auch, indem die Stressfaktoren abgeschaltet werden. Diese Faktoren

sind jedoch individuell sehr verschieden. So kann zum Beispiel bereits ein unliebsamer Boxennachbar bei einem Pferd zu Stress führen. Ein anderes Pferd lässt sich durch Transporte stressen.

Fohlen leiden oft an Geburtsstress, Unruhe nach der Geburt oder unter hektischem menschlichem Verhalten. Deshalb sollte die Hektik der heutigen Zeit, die auch dem Menschen Magengeschwüre bereitet, niemals auf das Pferd übermittelt werden. Mit Vorsicht zu genießen ist zudem eine Langzeitbehandlung mit Schmerzmitteln. Einem starken Magendasselbefall wirken Sie mit Wurmkuren entgegen.

Magengeschwüre beim Pferd
Wichtig für Pferde ist die Gabe von Raufutter

Unsere Tipps

  • Für die Gastroskopie muss das Pferd eine komplette Nacht (ca. 12–16 Stunden) nüchtern bleiben. Diese Nacht kann es in der Heimatbox oder in der Klinik verbringen. Hält man das Pferd zu Hause, sollte man es mit einem Maulkorb versehen. Oder in einer völlig leeren Box unterbringen. Ungeeignet ist eine Spänebox, da Pferde häufig dazu neigen, die Späne aus Verzweiflung zu fressen. Auf dem Weg in die Klinik dürfen dann natürlich auch weder Heu noch Leckerli oder Ähnliches gefüttert werden.
  • Die Gastroskopie erlaubt eine genaue Beurteilung vorhandener Geschwüre hinsichtlich Aussehen,Anzahl, Schweregrad und Lokalisation. Anhand dieser Befunde werden Magengeschwüre dann in vier Schweregrade unterteilt. Danach richtet sich die Prognose sowie die Therapie. Zudem kann der Zustand der Magenschleimhaut bestimmt werden. Ist diese verdickt, ist das ein eventueller Hinweis auf einen angestiegenen Säurespiegel im Magen. Das ist zum Beispiel im Zusammenhang mit einer Magenentleerungsstörung der Fall.
  • Je nach Ursache und Schweregrad der Magenschleimhautläsionen stehen mehrere Therapieoptionen – wie Futtermanagement und Verabreichung von Zusatzfuttermitteln mit Wirkstoffkombinationen – zur Verfügung. Zum Ziel haben alle, die Säureeinwirkung auf die Magenschleimhaut zu reduzieren.