Das Wort „Kolik“ ruft bei vielen Pferdebesitzern zunächst eine kleine Panikattacke hervor. Leider leiden fast alle Pferde mindestens einmal in ihrem Leben an einer Kolik. Deshalb ist es für Besitzer wichtig zu wissen, woran eine solche erkannt werden kann und was im Zweifelsfall zu tun ist. Wie wichtig dabei eine tierärztliche Betreuung ist, erklärt uns Dr. med. vet. Matthias Krebs von der Tierklinik Leichlingen
Interview: Jessica Classen; Foto: Christiane Slawik

Was ist eine Kolik?
Das Wort Kolik leitet sich von dem lateinischen Wort colicus ab, was wörtlich übersetzt „den Grimmdarm betreffend“ bedeutet. Beim Pferd steht Kolik für keine eigenständige Krankheit, sondern beschreibt ganz allgemein das Symptom von Bauchschmerzen. Welches Organ in der Bauchhöhle diese Schmerzen auslöst, beantwortet der Begriff Kolik nicht.

Woran erkenne ich beim Pferd eine Kolik?
Die Anzeichen einer Kolik können vielfältig sein. Äußere Anzeichen sind v.a. Unruhe, Schwitzen, mit dem Vorderfuß kratzen, häufiges Umdrehen des Kopfes nach dem Bauch und Hinlegen. In schlimmeren Fällen können die Pferde anfangen zu toben und sich regelrecht hinschmeißen. Probleme des Magens können sich auch durch Futterverweigerung zeigen.

Welche Arten einer Kolik gibt es und woran erkenne ich die Unterschiede?
Fast jedes Organ der Bauchhöhle kann im Rahmen einer jeweiligen Erkrankung eine Kolik auslösen, d.h. es gibt mehrere Ursachen und damit verschiedene Arten einer Kolik. Die Organe der Bauchhöhle setzen sich zusammen aus dem Darm, den sogenannten Darmanhangsdrüsen (Leber, Bauchspeicheldrüse) und den Harn- und Geschlechtsorganen (Niere, Blase, Gebärmutter, etc.) und dem Bauchfell (Auskleidung der Bauchhöhle). Die Unterschiede, welches Organ erkrankt ist, sind ohne gründliche Untersuchung auch oft von einem Tierarzt nur schwer bis gar nicht zu erkennen.

Gibt es eine leichte oder schwere Form der Kolik? Wie sehen diese jeweils aus?
Je nach betroffenem Organ gibt es tatsächlich Formen leichter und schwerer Koliken. Geringgradige Verstopfungen des Darms sind für das Pferd zunächst sicherlich nicht so schlimm wie Verdrehungen und Verschlingungen, welche den Darm irreparabel schädigen können. Das Problem bei Koliken ist jedoch, dass aus anfangs vermeintlich leichten Formen sich schwere entwickeln können. Aus diesem Grund sollte jedes Anzeichen ernst genommen werden.

Welche Ursachen kann eine Kolik haben?
Wie bereits oben beschrieben gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten und Ursachen die bei dem Patienten „Pferd“ Bauchschmerzen auslösen können.
Am übersichtlichsten ist es, die einzelnen Organe aufzureihen und mögliche Erkrankungen zu nennen.
Magen: Der Magen eines Pferdes ist ein zweigeteilter Magen mit einer Drüsenzone und einer Drüsenlose Zone. Durch diese Aufteilung sind die Pferde für Magengeschwüre besonders empfindlich was z.T. Koliken auslösen kann. Des Weiteren sind chronische Vergrößerungen des Magens sowie Magenentleerungsstörungen bekannt.
Dünndarm: Durch seine Länge (beim Großpferd bis zu 28 Meter!) und seine lose Aufhängung ist der Dünndarm des Pferdes ein häufiger Grund für heftige Koliken. Durch Verdrehungen um die eigene Achse, das Verfangen in verschiedenen Bereichen im Bauch oder die Einschnürung durch Tumore beim älteren Pferd kann die Blutversorgung abgeschnürt werden und der Darm absterben. Koliken im Zusammenhang mit Dünndarm sind oft geprägt durch heftige Schmerzen und können schnell lebensgefährlich werden.
Dickdarm: Der Dickdarm der Pferde ist aufgrund seiner anatomischen Form anfällig für Verstopfungen und Aufgasungen. Drehungen des als doppelten U angelegten Dickdarms können ebenfalls schnell zum Absterben von Darmteilen führen.
Die hinteren Anteile des Darms sind u.a. für Verstopfungen mit Futter anfällig.

Was kann ich tun, wenn ich die Befürchtung habe, mein Pferd hat eine Kolik?
Das Wichtigste bei der Befürchtung ein kolikendes Pferd zu haben, ist Ruhe zu bewahren und das Pferd gut zu überwachen. Koliken sind dynamische Prozesse, sodass die Tiere gut beobachtet werden müssen, um bei Verschlechterung sofort einen Tierarzt zu rufen. Dieser kann dem Pferd oft durch Spritzen helfen oder eine Überweisung in eine Pferdeklinik einleiten.

Kann ich meinem Pferd helfen, bevor der Tierarzt kommt?
Über die Frage wie man mit dem kranken Pferd umgeht gibt es verschiedene Ansichten. Das Pferd kann am Halfter oder an der Longe bewegt werden, bringt man sich oder das Pferd jedoch dadurch in Gefahr, da die Schmerzen die Tiere zum Hinschmeißen veranlassen, sollte man sich und alle Beteiligten in Sicherheit bringen und das Pferd in Vorrichtungen verbringen, wo es sich selbst wenig verletzen kann ( z.B. weicher Hallenboden). Futter sollte den Pferden entzogen werden, wobei diese bei wirklichen Koliken meistens das Futter von alleine verweigern. Wasser kann immer angeboten werden. Es ist sicherlich ratsam bei Verdacht auf eine Kolik den Tierarzt lieber einmal zu viel wie einmal zu wenig zu rufen.

Was wird ein Tierarzt unternehmen, wenn er eine Kolik bei meinem Pferd diagnostiziert?
Der Tierarzt wird im Stall das Pferd allgemein untersuchen und den Magen- Darmtrakt abhören. Durch eine rektale Untersuchung wird er die Bauchhöhle abtasten, um mögliche Ursachen zu ermitteln. Der Inhalt und die Füllung des Magens kann mit einer Nasenschlundsonde untersucht werden. Je nach klinischen Anzeichen und den Ergebnissen dieser Untersuchung kann das Pferd mit verschiedenen Medikamenten behandelt werden. Hat der Tierarzt den Verdacht auf eine schwere Kolik oder schlagen die Medikamente nicht an, so wird er das Pferd in eine Klinik überweisen. In der Pferdeklinik stehen dann weitere Möglichkeiten wie Ultraschall und Untersuchungen des Blutes zur Verfügung.

Wann ist es notwendig, dass es zu einer Kolik-OP kommt?
Bei verschiedenen Arten der Kolik ist eine Operation unumgänglich, um ein Pferd zu retten. Verdrehungen des Darms, die sich von alleine nicht zurückdrehen oder massive Verstopfungen mit Aufgasungen, sind nur einige Beispiele, die ohne eine Operation kein Erfolg haben.

Ist es ab diesem Punkt immer notwendig oder kann man auch mit anderen Methoden helfen, sodass man eine OP umgeht?
Es gibt Koliken, bei denen eine Operation immer notwendig ist.

Kann ich vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um eine Kolik zu verhindern?
Es gibt vorbeugende Maßnahmen, die das Risiko bestimmter Koliken minimieren können. Regelmäßige Termine beim Pferdezahnarzt, richtiges Entwurmen sowie gute Futterqualität und optimales Fütterungsmanagement gehören genauso dazu, wie ausreichend Bewegung. Plötzlicher Futterwechsel sollte vermieden werden und es ist immer darauf zu achten, dass genügend Wasser zur Verfügung steht.

Was muss ich beim Anweiden beachten, damit mein Pferd keine Kolik bekommt?
Die Flora des Magen- Darmtrakts muss sich nach mehrmonatigem Aufenthalt im Stall mit rohfaserreichem und nährstoffarmen Futtermitteln, langsam an das nähstoff- und kohlenhydrathaltige Gras gewöhnen. Anfangs sollte das Pferd über einige Tage 10 – 15 Minuten an der Hand angeweidet werden. Innerhalb der ersten 3 bis 4 Wochen kann der Aufenthalt auf dem Grün um 5 bis 10 Minuten gesteigert werden. Wenn es möglich ist sollte das Pferd anfangs nachmittags auf nährstoffarmen Böden angeweidet werden. Hier ist der Zuckergehalt im Gras am geringsten. Neben der Gefahr einer Kolik wegen Aufgasung können auf diese Weise auch andere Krankheiten wie Hufrehe vorgebeugt werden.

Ist es wichtig, auf das Graswachstum zu achten (auf die verschiedenen Schnitte)?
Besonders bei Pferden, die für Hufrehe gefährdet sind, sollte darauf geachtet werden, welches Gras auf der Weide steht. Hohes Gras wird von vielen Pferdebesitzern als gefährlicher eingeschätzt als abgemähtes, kurzes Gras. Das muss jedoch nicht zwangsläufig so sein. Da in den Grashalmen Fruktan in wesentlich höheren Konzentrationen gespeichert wird als in den Blättern, nehmen Pferde, die auf eine frisch abgemähte Weide kommen, unter Umständen wesentlich mehr Fruktane auf, als auf einer Weide mit höherem Gras und damit mehr Blütenanteil.

Wenn im Laufe des Jahres die Wiese gewechselt wird, da die alte abgegrast ist – was muss ich da beachten?
Zu diesem Zeitpunkt sind die Pferde ja bereits voll angeweidet und der Magen- Darmtrakt an das Gras gewöhnt. Des Weiteren sind die neuen Weiden zu späterer Jahreszeit mehrmals abgeerntet, sodass ein Wechsel in der Regel ohne Probleme vorgenommen werden kann.