Reiten mit Köpfchen

Urlaub fürs Pferd?

Der Wecker klingelt – jetzt aber schnell raus aus dem Bett und ab unter die Dusche, bevor ein schneller Biss ins Brot genügen muss, damit ich nicht zu spät ins Büro komme. Mit dem Thermobecher mit Kaffee in der Hand springe ich ins Auto und fahre los. So star­teten die meisten meiner Tage, bevor auf der Arbeit Konzentration und Resistenz von mir verlangt wurde. Nach meinem Arbeitstag fuhr ich dann zum Pferd und versuchte, ein bisschen zu entspannen, bevor mich der alltägliche Wahnsinn am nächsten Morgen zurück hatte. Meine Pferde kannten mich nicht anders, und so mein­te ich, dass sie schon damit klarkämen. Wie sehr Pferde die eigene Stimmung wahr­ nehmen, wurde mir dann klar, wenn ich selbst Urlaub hatte. Die Tage begannen mit einem langen, entspannten Hundespaziergang und wur­den von mir nur grob gep­lant. So konnte es sein, dass es mich morgens schon zum Stall zog oder auch erst abends um 21 Uhr. Bei meiner Ankunft grummelte mir mein Wallach aus seiner Außenbox entgegen, und ich begrüßte ihn. Ein paar Sekunden länger als sonst streichelte ich dabei seinen Hals und den Rücken, bevor ich ihn rausholte. Auch das Putzen gestaltet sich entspann­ter, jeder Schritt wurde mit weniger Eile und mehr Sorgfalt gemacht. Während des Fertigmachens quatschte ich mit anderen Einstallern, die sich im Stall aufhielten: über das letzte Wochenende, über Dates und Neuigkeiten am Stall. Und ganz nebenbei machte ich das Pferd lachend fertig, bevor ich ganz locker loslegte. Der Oldenburger schien in dieser Zeit viel ausgeglichener und zufriedener zu sein, so wie ich auch.

Wie krass Pferde auf menschliche Emotionen reagieren, fanden französische Wissenschaftler heraus. Pferde erkennen unsere Launen sowohl an unseren Gesichtsausdrücken als auch an der Art, wie wir sprechen. Dieses Erkennen hat eine direkte Auswirkung auf ihr Wohlbefinden und darauf, ob sie ge­stresst sind oder nicht. Wie unfair also von uns, dass wir unsere Vierbeiner ständig mit unserer miesen Laune anstecken, dachte ich mir, und während ich darüber nachdachte, fielen mir auch schon einige Leute ein, die diese, viel krasser als ich, jeden Tag am Stall auslebten. Vielleicht sollten wir unser Leben überdenken, sodass wir nicht ständig schlechte Laune oder Stress bei unseren Tieren verbrei­ten (von den Mitmenschen mal ganz abgesehen). Leich­ter gesagt als getan, aber viel­ leicht sind Sie ja, genau wie ich es war, auch reif für ein bisschen mehr Me­Time und Entspannung in Ihrem Alltag?

Ich wünsche Ihnen viel Power dabei, sich diese zurückzuerobern, damit Ihre Urlaube nicht auch immer Urlaube für das Pferd sind.

Viel Spaß mit Ihrem Pferd und beim Lesen der neuen Ausgabe!

Lara Wassermann

Leitende Redakteurin Mein Pferd

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