Text: Aline Müller            Foto: www.Slawik.com

Wir geben unserem Pferd Informationen in Form von Signalen. Diese sollen ihm helfen, uns besser zu verstehen, und es durch seine Ausbildung zum Reitpferd und Freizeitpartner führen. Sarah Obieray erklärt, warum es dabei so wichtig ist, dass das Pferd das Genick öffnet und nicht hinter die Senkrechte kommt

Meine Reitponystute ist ein kluges Köpfchen, sie lernt schnell und gerne – allerdings bedeutet das für die Ausbildung auch, dass ich immer aufmerksam sein muss, welche Signale ich ihr vermittle. Zu leicht etablieren sich auch unerwünschte Reaktionen. Was ich am einen Tag geübt habe, schenkt sie mir am nächsten Tag, so gut sie kann. Und damit meine ich nicht Lektionen, sondern vermeintlich einfache Dinge wie ein Dehnen des Halses mit offenem Genick. Lotti steckt mit ihren vier Jahren noch in der Grundschule auf dem Weg zum Pferdegymnasium. Durch ihren eher kurzen, aber recht stattlichen Hals in Kombination mit ihrer natürlichen Lauffreude neigt sie dazu, einen Gang zuzulegen, wenn sie aus der Balance kommt. Dann liegen einige Ponykilos auf der Vorhand. Ein zu starkes Einwirken mit der Hand würde nur dazu führen, dass sie den Druck am Zügel mit Gegenwehr erwidert, noch schneller wird oder hinter die Senkrechte kommt und sich einrollt. Einrollen, aber auch stützen oder über den Zügel gehen sind mögliche Lösungen, die ein Pferd auf den eventuell zu starken oder für es unklaren Zügelkontakt sucht. Was Lotti braucht, sind Zeit und Geduld und natürlich Informationen, damit sie in Ruhe lernt, sich auch mit Reitergewicht und auf Kreislinien auszubalancieren und sich vertrauensvoll an die Hand heranzudehnen. Ein Pferd kann noch so „fertig“ aussehen, es sollte immer individuell betrachtet werden.

Neue Erfahrungen sammeln

Doch genau das ist der Knackpunkt: Häufig fehlt es an Zeit und Geduld, den Weg mit einem Pferd zu gehen und ihm die Möglichkeit zu geben, sich unter dem Reiter zu entwickeln. Dem steht der Leistungsdruck entgegen. Drei- und vierjährige Pferde müssen am besten schon Schleifensammler auf Turnieren sein und den Kopf von Anfang an in einer vorgegebenen Position halten. Beim Warmreiten werden sie bereits mit der Hand regelrecht bearbeitet, und so manchem Reiter ist es unangenehm, ein Pferd mit der Stirn-Nasen-Linie vor der Sekrechten zu reiten. „Das würde ja wirken, als könne man nicht reiten“, heißt es dann oft. Auch Sarah Obieray, lizenzierte Reitlehrerin der École de Légèreté, sieht es so, dass sowohl bei Pferden als auch bei vielen Reitern nicht mehr auf eine fundierte Ausbildung beziehungsweise Schulung geachtet wird. „Vielen Reitern wird nicht mehr gelehrt, zügelunabhängig zu reiten und ihr Pferd zu fühlen. Alles muss schnell zum Erfolg führen. Das zieht sich durch alle Sparten der Gesellschaft – auch durch die Reiterei“, sagt die selbstständige Trainerin. Auf die Frage, warum es so weit verbreitet ist, dass der Kopf des Pferdes einfach in eine Haltung gezogen wird, antwortet sie: „Braucht etwas zu lange, fällt es aus der Norm. In diesen Fällen ersetzt dann oft ein Mehr an Ausrüstung die Ausbildung.“ In der École de Légèreté gebe es keine „Zeitverkürzer“, wie etwa Hilfszügel oder dergleichen. Die Sprache der Hilfen baue eine logische Kommunikation mit dem Pferd auf, und es werde großen Wert auf eine sinnvolle Schulung des Pferdes auf die Reiterhilfen (Sitz, Bein, Hand) gelegt. „Das geschieht erst am Boden und später aus dem Sattel heraus. Auch Reitschüler werden mit großem Respekt vor der Natur des Pferdes geschult“, erklärt unsere Expertin.

Auch mal ein Nein akzeptieren

Pferde sind wundervolle Lebewesen mit ihrer Stärke und ihrer Eleganz auf der einen und ihrer Sanftmut auf der anderen Seite. Doch wie oft denken wir im Umgang mit dem Pferd wirklich daran, was die Natur dieser Tiere ausmacht, und wie oft sind wir dankbar und demütig? Gutes Reiten basiert auf guter Kommunikation. Diese muss für beide Seiten verständlich und logisch aufgebaut werden. Das heißt, erst einmal Vokabeln pauken, bevor Satzbau und Grammatik drankommen. Sprich, sich auf eine Sprache einigen, bevor es an die Gymnastizierung geht.

Den kompletten Artikel finden Sie in der neuen Mein Pferd- Ausgabe.